Diskussion um Schulpolitik mit Kirchheimer Landtagskandidaten im Ludwig-Uhland-Gymnasium
„Wir brauchen nicht nur Abiturienten“

Die vier Kirchheimer Kandidaten der im Landtag vertretenen Parteien stellten sich am Montag der Diskussion zur Bildungspolitik. Eingeladen hatte der Gesamtelternbeirat Kirchheim.

Kirchheim. Im Musiksaal des Ludwig-Uhland-Gymnasiums stehen die Töne gewöhnlich im Mittelpunkt des Interesses. Am Montagabend ging es hingegen um Argumente. Andreas Kenner (SPD), Ulrich Kuhn (FDP), Andreas Schwarz (Grüne) und Karl Zimmermann (CDU) diskutierten über den Sinn oder Unsinn der Gemeinschaftsschule, über Ganztagesschulen oder die Frage, ob das G8-Gymnasium die richtige Wahl ist oder nicht doch G9 die bessere Alternative.

Einig waren sich die Kandidaten in der Frage zum G8 beziehungsweise G9: Keiner von ihnen würde das „Rad wieder zurückdrehen“. Für Andreas Schwarz reicht es aus, dass in jedem Landkreis ein allgemeinbildendes Gymnasium einen G9-Zug anbieten darf, Zimmermann outete sich als „G8-Befürworter“, für Kuhn sind die heutigen G9-Züge nur „ein aufgeblasenes G8“ und Kenner will keine permanenten Reformen der Reformen und daher keine weiteren G9-Versuche. „Wer G9 will, kann auf die Realschule gehen und danach über ein Fachgymnasium das Abitur machen“, so der allgemeine Tenor. Einigkeit auch darin, dass der Beruf des Grundschullehrers besser vergütet werden muss, damit mehr Männer diesen Beruf ergreifen. Nur Kuhn wunderte sich über die entsprechende Frage des Ersten Vorsitzenden des Gesamtelternbeirates, Thomas Brinz, ob es nicht Ausdruck eines überkommenen Rollenbildes sei, unbedingt Männer als Grundschullehrer gewinnen zu wollen. „Die Lehrerinnen machen doch einen prima Job, warum müssen wir dafür sorgen, dass hier unbedingt Männer hinkommen?“

Deutliche Unterschiede gab es erwartungsgemäß in der Einschätzung der Gemeinschaftsschule. Während Schwarz und Kenner dieses Modell in den höchsten Tönen lobten und als die zukunftsweisende Schulform neben dem Gymnasium priesen, waren Zimmermann und Kuhn hier wesentlich zurückhaltender. Der CDU-Landtagsabgeordnete mutmaßte, dass die Landesregierung auch die Realschulen infrage stellt und sie zur Gemeinschaftsschule „weiterentwickeln“ will, was Schwarz deutlich verneinte. Kuhn kritisierte, dass viele Gemeinden sich nur deshalb für eine Gemeinschaftsschule entschieden hätten, weil es dafür Geld gebe und nicht, weil sie hinter dem Konzept stünden.

Differenzierte Antworten gaben die Kandidaten auf die Frage, wo aus ihrer Sicht die Grenze für den Erhalt der kleinen Grundschulen in den Teilorten sei? Für alle Kandidaten steht außer Frage, dass diese Schulen erhalten bleiben müssen. Konzepte wie jahrgangsübergreifender Unterricht etwa seien hier eine mögliche Lösung. Kenner verwies auf die großen Bemühungen des Gemeinderats zum Erhalt der kleinen Grundschulen, stellte aber klar, dass er nicht garantieren könne, dass alle aktuellen Kirchheimer Grundschulen auch in zehn Jahren noch existierten. „Es gibt einfach Grenzen, ab denen es schwierig wird, da dann auch pädagogische Konzepte oder etwa eine Ganztagsschule nicht mehr angeboten werden können.“ Für Zimmermann sind dann auch Kooperationen zwischen den Gemeinden gefragt, beispielsweise in Zusammenarbeit mit anderen Schularten. Kuhn brachte in diesem Zusammenhang eine Aufhebung der Schulbezirke ins Spiel. Schwarz forderte, dass die Grundschule insgesamt stärker in den Fokus der Bildungspolitik rücken soll und verwies auf die zusätzlichen Stellen, die die Landesregierung auch für die Grundschulen zur Verfügung stellt.

Alle Kandidaten lobten die Vielfalt und die Durchlässigkeit des Schulsystems sowie die duale Ausbildung, die weltweit als vorbildlich gilt. Neben dem aktuellen Stand der Schulpolitik wurden aber auch die Herausforderungen für das Bildungssystem deutlich. So stellt der starke Zulauf an die Gymnasien die Frage nach der Bedeutung der anderen Schulabschlüsse. „Wir brauchen nicht nur Abiturienten, sondern auch Facharbeiter“, waren sich die vier Politiker einig. Vor allem auch vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen muss diese Frage betrachtet werden. Und natürlich stellen auch die Flüchtlinge das Bildungssystem vor neue Herausforderungen. kas