Weilheim · Lenningen · Umland
Zahlen die Bürger ihr Ärztehaus in Hülben selbst?

Gesundheit Bald beginnen die Arbeiten zur Vorbereitung des Baus des Gesundheitszentrums. Für das Ärztehaus fehlt aktuell noch das Geld, darum wird eine Bürgergenossenschaft gegründet. Von Michael Koch

Wenige Tage ist es erst her, dass in Hülben mit dem neuen Gottlob-Lang-Kindergarten ein Großprojekt eingeweiht und eröffnet wurde, da wartet schon der nächste Meilenstein in der Gemeinde: Wie mehrfach berichtet, soll in der Ortsmitte ein Gesundheits- und Präventionszentrum samt Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) entstehen. Genannt wird das Ensemble aus vier Gebäuden PORT-Gesundheitscampus. Vor lauter Kindergarten war es um den Campus zuletzt etwas ruhiger geworden, obwohl die Fläche schon seit Monaten für den Baubeginn vorbereitet zu sein scheint. Wie ist also der aktuelle Stand?

 

Wir können nicht nur Kinderbetreuung.
Siegmund Ganser
Bürgermeister in Hülben

 

Für das Präventions- und Nachsorgezentrum liegt bereits eine Baugenehmigung vor, die Pläne sind weitestgehend fertig und waren am Dienstagabend in der Gemeinderatssitzung einsehbar. Insgesamt werden 46 Kurzzeitpflege-Appartements, 20 Appartements für pflegende Angehörige, 25 Plätze für die Tagespflege sowie ein Präventions- und Therapiezentrum auf 700 Quadratmetern errichtet. Die kleinen Wohnungen sollen an Privatpersonen verkauft werden, die diese dann wiederum verpachten, sodass die Einrichtung dann auch als Pflegehotel betrieben werden kann.

Zentrum mit Hotel-Charakter

Der Name „Hotel“ impliziert ausdrücklich, dass es sich um keine Dauerpflegeeinrichtung handelt, sondern bei den Patienten der „Wir-können-wieder-nach-Hause-Charakter“ vorherrscht, wie Philip Müller, Geschäftsführer des Unternehmens Sozial Invest Hülben, erläuterte. Tatsächlich vermitteln Visualisierungen der Zimmer den Eindruck eines modernen Hotelzimmers samt eines hochwertigen Pflegehotelbettes. Barrierefreiheit im Gebäude und in den Appartements ist selbstverständlich.

Interessant wird der Komplex auch für Menschen, die die Pflegeleistungen gar nicht in Anspruch nehmen müssen. Mit Salzgrotte, Bewegungsbad, Sole-Sauerstoff-Raum, Lichttherapie oder Geräte­therapie kann jeder Gast etwas Entspannung vom Alltag suchen. Diskutiert wird sogar noch, ob Schule und Kindergarten die Einrichtung ebenfalls nutzen können.

Für Investoren kann die soziale Rendite ein besonderer Anreiz sein. Denn neben der finanziellen Rendite tut man etwas für die Gemeinde und die medizinische Versorgung auf der Alb. „Solche Anlageprodukte werden immer mehr nachgefragt“, weiß Philip Müller aus Erfahrung. In diesem Frühjahr sollen die Arbeiten beginnen, bezugsfertig soll das Pflegehotel zum Jahresende 2024 sein.

Gerne soll dann auch das „Ärztehaus“ schon fertiggestellt sein. Hier hat sich allerdings das Problem aufgetan, dass eine regionale Bank als Investor kurzfristig abgesprungen ist. Rund 3,5 Millionen Euro werden daher jetzt gebraucht.

Drei Möglichkeiten hat Bürgermeister Siegmund Ganser dazu aufgezeigt: Zum einen könnte die Gemeinde das Haus bauen, wovon er angesichts des gerade erst fertiggestellten Kindergartens allerdings abrät. Zweitens könnte man einen externen Investor suchen, mit dem Nachteil, dass dieser dann aber das Sagen hätte, was beispielsweise spätere Mietpreise anbelangt. Und drittens könnte man eine Bürgergenossenschaft gründen, um zu versuchen, das Geld vor Ort einzusammeln. Um dieses Projekt vorzustellen, war extra Burghard Flieger von der Innova eG aus Freiburg nach Hülben gekommen. Er hat nach eigener Aussage wohl die meisten Bürgergenossenschaften in Deutschland auf den Weg gebracht und nimmt sich nun auch des Projekts in Hülben an. Rund ein Drittel der Baukosten müsste die Genossenschaft wohl als Eigenkapital aufbringen, um für die verbleibende Summe einen Kredit zu bekommen. Großer Vorteil: Das Ärztehaus ist bereits komplett vermietet.

Das Erdgeschoss, in das auf 266 Quadratmetern eine Praxis kommt, in der zum Start drei Ärztinnen arbeiten, wird vom MVZ Vordere Alb gemietet. Das erste Obergeschoss übernimmt die Sozial Invest und vermietet es dann an andere Nutzer weiter. Angedacht sind dort Räume für Ergotherapie, Logopädie, Ernährungsberater, ein Büro des Pflegestützpunktes des Landkreises sowie für Gesundheitslotsen, die Patienten bei der Suche nach dem passenden Arzt oder einer Behandlung unterstützen.

„Sie sehen: Wir können nicht nur Kinderbetreuung. Bei uns auf der Vorderen Alb kann man auch in Ruhe alt werden“, resümierte ein zufriedener Siegmund Ganser den Fortschritt der Gesamtplanung.