Weilheim · Lenningen · Umland
Zarte Töne und befreiende Worte beim Sommerkonzert in Notzingen

Veranstaltung Liedermacher Klaus-André Eickhoff ist mit seinem Trio in der Notzinger Jakobuskirche aufgetreten. Es war ein musikalischer Abend, bei dem es um Glaube, Politik und das Leben ging. Von Peter Dietrich

Mit „Alles muss raus“ hatte der Treffpunkt „Kirche und Kultur“ der evangelischen Kirchengemeinde Notzingen den sommerlichen Konzertabend mit Klaus-André Eickhoff überschrieben. „Wir hätten einen anderen Titel wählen sollen“, sagte Pfarrer Luca Bähne, denn angesichts einer Regenwahrscheinlichkeit von 50 Prozent wurde ein „Alles muss rein“ daraus.
Rund 60 Leute hatten sich zum Konzert angemeldet, auf sie warteten in der Jakobuskirche drei erstklassige Musiker. In der Mitte Liedermacher Klaus-André Eickhoff, der nicht nur wunderbar Klavier spielt, sondern auch viele humorvolle und hintergründige Texte zu bieten hatte. Links von ihm der Niederösterreicher Willi Platzer, der wohl zarteste Perkussionist, seit es das Schlagzeug gibt. Rechts von ihm Torsten Harder aus Mecklenburg-Vorpommern, am Cello ebenso zart und einfühlsam. Der Cellist ist ein langjähriger Begleiter von Klaus-André Eickhoff, der Perkussionist war neu dabei, doch die drei harmonierten, als ob sie schon seit Jahren in diesem Trio auftreten würden. Nächste Woche gehen sie ins Studio, um gemeinsam eine CD einzuspielen.
Gleich das erste Lied passte in die aktuelle Situation. Es drehte sich um die Dinge im Leben, die einst selbstverständlich erschienen, es aber seit anderthalb Jahren nicht mehr sind: Einfach mal so brunchen gehen? Oder ins Kino für den neuen Tarantino? Nahtlos schloss sich eine dankbare Ode an die kleinen Freuden des Lebens an, mit einem Augenzwinkern: Wie schön, wenn einem der Bart schneller wächst als der Bauch und wenn man sein Frühstücksei nicht selbst legen muss. Und wenn einem gerade nicht so leicht zumute ist? Der Liedermacher erinnerte daran, dass Gott auch aus Scherben etwas bauen kann. Und wenn einem gerade alles zu viel ist, sei das auch in Ordnung: „Es ist okay, du musst jetzt nicht.“ Immer wieder kam der christliche Glaube des Liedermachers zu Sprache, aber auf sehr zarte und befreiende Weise, ohne jeden Druck.

 

Jetzt weiß ich wieder, was ich
eineinhalb Jahre lang vermisst habe.
Luca Bähne
 


Als guter Beobachter nahm sich Klaus-André Eickhoff auch die himmlischen Wahlversprechen vor: Sind wir im Himmel alle Kommunisten, weil der Kommunismus dort wirklich funktioniert? Sind wir dort alle wirklich sozial und demokratisch? Oder aber christdemokratisch? Oder grün? Weil es hier um durchaus Streitbares ging, fragte der Liedermacher anschließend ins Publikum: „Gibt es dazu Wortmeldungen?“ „Da fehlen noch zwei!“ rief ein Zuhörer, der Liedermacher gab ihm Recht und meinte, zu einer neuen politischen Farbe sei ihm eben absolut kein paradiesischer Zustand eingefallen. Um dann prompt mit einem weiteren überzeugenden Lied gegen ein unangemessenes Verständnis anzusingen, wenn der rechte Mob durch die Straßen zieht.
Willi Platzer verschwand kurz, um seine Kastagnetten zu holen. Hatte Torsten Harder mit dem Cello nur ein einziges „Werkzeug“ dabei, das er virtuos beherrschte, hatte Willi Platzer – im Bild gesprochen – einen halben Baumarkt aufgebaut, war von Becken, kleinen Glocken und vielem mehr umgeben. Er setzte seine vielen Möglichkeiten mit viel Fantasie ein, und das immer sehr dezent. Wer sonst vielleicht kein Schlagzeug mag, sollte einmal ihn hören.
Humorvoll hat der Liedermacher klassische Sätze der deutschen Sprache in ein Lied verpackt, das prompt mit „Diese Angaben sind wie immer ohne Gewähr“ endete. Wieder ernsthaft wurde es bei der Frage, warum es im Frühling plötzlich schneit – ein Bild dafür, wenn einem im Leben die endlich überwunden geglaubte Vergangenheit wieder einholt. Es gab noch viele weitere Fragen: Wie ist es, wenn man Gott als schweigend erlebt? Muss ich wirklich selber denken, auch wenn es anders viel gemütlicher ist? Ist Liebe tatsächlich dann Liebe, wenn sie zur Tat-Sache wird? Zum Schluss noch ein ermutigendes Lied für alle, die sich so sehr anstrengen, und doch nicht mit sich selbst zufrieden sind: „Du bist gut genug, aus Gnade.“
Sehr zufrieden war das Publikum, sehr zufrieden war auch Pfarrer Luca Bähne mit dem ersten Konzert nach sehr langer Pause: „Jetzt weiß ich wieder, was ich eineinhalb Jahre lang vermisst habe.“