Weilheim · Lenningen · Umland

Zehntscheuer bebt unterm „Hämmerle“

Humor Nabern erlebt eine Kabarett-Sternstunde mit dem schwäbischen Komödianten Bernd Kohlhepp.

*
*

Kirchheim. Der knitze Herr Hämmerle in seinem grasgrünen Sakko ist ein Ausnahmekomödiant. Im Sturm erobert er die Herzen des Publikums in der ausverkauften Zehntscheuer und liefert Sternstunden des Kabaretts. Gags und Pointen im Zehn-Sekunden-Takt strapazieren die Lachmuskeln aufs Heftigste. Sein in einer Mischung aus schwäbischem Dialekt und blitzsauberem Hochdeutsch gehaltenes Bühnenprogramm spielt mit den typischen Charaktereigenschaften der Schwaben angesichts der Herausforderungen einer modernen Welt.

Bernd Kohlhepp ist ein begnadeter Schauspieler, Sänger, Mundart-Akrobat und Pantomime. Er beeindruckt durch reflexartige Schlagfertigkeit, urkomische Mimik, treffende Pointendichte und musikalisches Können. In seinem Programm „Hämmerle-Privat“ erleben die Zuschauer hautnah, was es bedeutet, mit Herrn Hämmerle auf Du und Du zu sein. Er wirkt wie ein guter Freund, den man schon lange kennt. Ganz harmlos fragt dieser in der ersten Reihe die Leute ab und holt sich Zutaten für seine Schau. Es gelingt ihm, die Reaktionen der ins Spiel involvierten Zuschauer den ganzen Abend über immer wieder aufzugreifen, das ist große Kunst und sprudelnde Kreativität. Das Spiel für und besonders mit dem Publikum ist spannend und frech, aber nie verletzend.

Die Gesangsvorträge werden zu ganz besonderen Glanzpunkten des Abends. Sprühend vor Energie und „Blues Feeling“ legt er los, der „Teilzeit-Rocker aus Bempflinga“, der „schwäbische Elvis“.

Offenbar haben die gemeinsamen Projekte von Herrn Hämmerle mit der SWR-Big-Band im Fernsehen und bei CD-Produktionen Spuren hinterlassen. Man kennt ihn inzwischen als hochprofessionellen Jazz- und Swing-Interpreten. Der Mann mit dem Hut singt wie ein Getriebener, singt sich beim „Scat-Gesang“ - dem Improvisieren auf Tonsilben - in Ekstase. Neben den jazztypischen schrägen Tönen des „Dirty Singing“ beherrscht er gleichermaßen glasklare Töne in höchster Tonlage. Sensationell, genial.

Zu einem amüsanten Schmankerl gerät die ins Schwäbisch mutierte Swingnummer „Just a Gigolo“ mit dem Titel „Armer Gockeler“. Im Wechselgesang mit dem Solisten schmettern die Zuhörer den Refrain mit und sind nicht mehr zu bremsen.

Im Song „Drecksglomp, Drecksglomp“, einer Adaption des Hits „Sex Bomb, Sex Bomb“ von Tom Jones zieht Hämmerle die Produkte von Billig-Möbel-Herstellern durch den Kakao. Spätestens hier war zu befürchten, dass das Beben in der Zehntscheuer ein Krachen im Gebälk nach sich ziehen könnte.

Bob Marley hätte seinen Joint zur Seite gelegt, denn der Trip von Jamaika nach Nabern hätte sich für ihn gelohnt: In der finalen Reggae-Nummer „Zsamma gat‘s halt doch“ überzeugt Kohlhepp die staunenden Zuhörer, dass „Schwäbisch“ zum einen die Rockmusik revolutionieren kann und zum anderen allen Dialekten der westlichen Hemisphäre überlegen ist.

Köstlich ist in diesem Zusammenhang, wie Hämmerle seinen Bempflinger Dialekt am ganzen Abend immer wieder als Geheimwaffe einsetzt gegenüber dem von ihm zu Beginn erkorenen Rheinländer in der ersten Reihe, „seinem Freund“ Michael aus Düsseldorf, der sich bereitwillig darauf einlässt. Der sympathische Umgang mit seinen Zuhörern ist neben der künstlerischen und musikalischen Leistung Bernd Kohlhepps eine wertvolle „Zugabe“ dieser Kabarett-Sternstunde. Hans-Günther Driess