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Zierliche Frau packt richtig an

Ausbildung Natalie Vogel aus Kirchheim lässt sich in der Göppinger Firma Schiettinger zur Packmitteltechnologin ausbilden. Die 19-Jährige ist gerne kreativ und lebt sich bei der „Bastelarbeit“ aus. Von Heike Siegemund

Natalie Vogel mag die Arbeit an den Maschinen: „Ein Bürojob wäre für mich nie in Frage gekommen“, sagt sie.Fotos: Heike Siegemun
Natalie Vogel mag die Arbeit an den Maschinen: „Ein Bürojob wäre für mich nie in Frage gekommen“, sagt sie.Fotos: Heike Siegemund

Packmitteltechnologe - unter dieser Berufsbezeichnung können sich viele zunächst wenig vorstellen. Genauso erging es Natalie Vogel aus Kirchheim, als sie während ihrer Schulzeit an der Teck-Realschule zum ersten Mal von diesem Ausbildungsberuf hörte. Natalie Vogel und ihre Mitschüler hatten sich einen Beruf aussuchen und diesen in der Klasse vorstellen sollen. Die heute 19-Jährige entschied sich für den Beruf der Floristin, ein Mitschüler für den des Packmitteltechnologen. Dieser hörte sich für sie schnell spannender an als ihr „eigener“. „Ich fand es sofort interessant, was ein Packmitteltechnologe macht, und habe mich deshalb näher darüber informiert“, erzählt die junge Frau.

Ein Packmitteltechnologe gestaltet und fertigt Packmittel, also Verpackungen, die ein Produkt gut schützen und gleichzeitig für die Ware werben sollen. Die Kirchheimerin war Feuer und Flamme für diesen Beruf, vor allem deshalb, weil man dabei kreativ sein und Ideen einbringen kann. Im Internet recherchierte sie und traf auf die Göppinger Firma „Fr. Schiettinger KG“, die Verpackungen in unterschiedlichen Formen und Größen und mit verschiedenen Funktionen herstellt - zum Beispiel Verpackungen von Teebeuteln, Sektflaschen, Schokolade, Körperpflegeprodukten, Batterien, Schrauben.

Der Chef hatte Bedenken

Natalie Vogel bewarb sich, wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und durfte anschließend ein dreitätiges Praktikum absolvieren, bei dem sie Praxisluft schnuppern und herausfinden konnte, ob der Beruf ihren Vorstellungen entspricht - was gleich der Fall war. Und so begann sie im September 2016 mit ihrer Ausbildung - obwohl Betriebsleiter Torsten Wolf, im Hause Schiettinger zuständig für die gewerbliche Ausbildung, zunächst etwas Bedenken hatte, ob Natalie Vogel tatsächlich die Richtige für diesen Beruf ist. Das lag vor allem an ihrer zierlichen Gestalt. Schließlich müsse man bei dieser Tätigkeit auch mal ordentlich anpacken können. Doch heute muss Torsten Wolf schmunzelnd eingestehen: „Ich habe Natalie Vogel falsch eingeschätzt“, denn er ist absolut zufrieden mit der Leistung der Kirchheimerin.

In ihrer dreijährigen Ausbildungszeit durchläuft die 19-Jährige drei Abteilungen: die Konstruktionsabteilung, die Stanzerei und die Kleberei. „Meistens schicken uns die Kunden ein Produkt zu, das sie verpackt haben wollen, und nennen uns ihre Verpackungswünsche“, erzählt sie. Ihr gefällt an dem Beruf, „die Bastelarbeit und dass man selbst vieles ausprobieren kann, dass es immer etwas anderes ist und dass man auch Verantwortung hat“. Faszinierend findet sie zum Beispiel eine Verpackung für Teebeutel, die im Hause Schiettinger produziert wurde: Eine Klappdeckel-Schachtel, die aufwendig und schön gestaltet ist.

Bei jeder neuen Verpackung stehe man vor einer Herausforderung, sagt Torsten Wolf, „denn hier gibt es noch keine Erfahrungswerte“. Welches Format, welche Materialdicke benötigt man? Welche Werkzeuge sind notwendig, welche Stanzformen und -platten? Nicht ganz einfach zu bedienen sei die Klebemaschine, betont er. Diese spucke pro Stunde bis zu 80 000 Verpackungen aus.

Früher war der Beruf des Packmitteltechnologen eher männerdominiert, erinnert sich Torsten Wolf. Doch mittlerweile holen die Frauen auf: Der Berufsschulklasse von Natalie Vogel - diese besucht sie in Bad Cannstatt - gehören zwölf Mädchen und 16 Jungen an. Dass der Beruf auch sehr maschinenlastig ist, stört Natalie Vogel überhaupt nicht - im Gegenteil: „Ein Bürojob wäre für mich nie infrage gekommen“, winkt sie ab. Interessant findet sie auch die Einblicke in eine metallverarbeitende Partnerfirma in Göppingen und in ein Stanzformenbau-Unternehmen in Kirchheim, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung für insgesamt vier Wochen erhält.

Was ihre beruflichen Ziele anbelangt, will Natalie Vogel zunächst ihre Ausbildung abschließen. Dann kann sie sich gut vorstellen, sich weiterzubilden. „Ich könnte zum Beispiel den Meister oder den Techniker machen.“

Dass sie kreativ sein und eigene Ideen einbringen kann, schätzt Natalie Vogel besonders an ihrem Beruf.
Dass sie kreativ sein und eigene Ideen einbringen kann, schätzt Natalie Vogel besonders an ihrem Beruf.

Unbekannt, doch unverzichtbar

In zahlreichen Geschäften findet man die Faltschachteln aus dem Hause des Göppinger Familienunternehmens Schiettinger. Kunden aus ganz Europa sind zum Beispiel die Firmen Nivea, Hipp, Dr. Oetker, Schrauben Würth und Meßmer. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Göppingen, wurde 1885 gegründet und hat zwei weitere Werke.

Wer Packmitteltechnologe werden möchte, sollte einen guten Hauptschulabschluss vorweisen können, sagt Betriebsleiter Torsten Wolf. Zumindest die Schulnoten in den Fächern Mathematik, Physik und Chemie sollten gut sein, ergänzt er. Mitbringen solle man außerdem technisches Verständnis und großes Interesse an der Materie.

Sehr unbekannt ist der Beruf vielen Menschen, sagt Marina Ebner von der Ausbildungsleitung des Unternehmens: „Nur wenige denken daran, dass auch die Verpackungen jemand herstellen muss“. Früher, erinnert sich Torsten Wolf, hatten Packmitteltechnologen im Schwäbischen einen anderen Namen: „Damals hießen sie ,Schächtelesmacher‘.“ hei