Die Eier für den Apfelkuchen fliegen nach einer Jonglage mit Schale in den Teig. Das fällt „Herrn Komtafsky“ aber erst später auf, mühsam muss er mit ekelverzerrtem Gesicht die Schalen wieder aus der Schüssel fischen. Die Kinder der Klassen mit dem Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung johlen. Dann kommen sie wiederum aus dem Staunen nicht heraus, denn der leicht trottelig wirkende Gegenpart „Herr Potefsky“ entpuppt sich als veritabler Artist, der neben einhändigem Handstand auch den Rückwärtssalto aus dem Stand und die Balance auf Rolle und Brett beherrscht – sogar mit Seilsprung auf dem wackeligen Gebilde. Willkommen im „Furiosen Küchenzirkus“ des Berliner Kindertheaters Coq au Vin.
Für rund 100 Schülerinnen und Schüler, aufgeteilt in zwei Gruppen, elf Kindergartenkinder und das Lehrpersonal der sonderpädagogischen Einrichtung (SBBZ) waren die zwei Aufführungen etwas ganz Besonderes. „Das war die erste Veranstaltung seit Beginn der Corona-Krise“, sagt Schulleiterin Karin Frey. Umso mehr hat sie sich gefreut, dass Kindergartenleiterin Karin Aust das Gastspiel der beiden Theater-Artisten organisiert und der Förderverein die Finanzierung übernommen hat. Auch für die zweite Vorsitzende des Fördervereins, Barbara Keiner-Röder, ist die Aufführung ein besonderer Tag. „Ich war seit zwei Jahren nicht mehr in der Schule“, sagt sie.
Sympathische Chaoten
Manchem Pädagogen mögen sich die Haare sträuben, wenn Herr Komtafsky als „Apfelboter“, dem Apfel schälenden Roboter, die Äpfel zwar gekonnt jongliert, aber statt zu schälen einfach reinbeißt und das Ergebnis aus dem Mund in den Teig fallen lässt. Auch bei einem „Zauberkunststück“, als Wasser aus einer Flasche in ein Glas gelangen soll, bleiben weder Augen noch Boden trocken. Karin Frey ist aber begeistert, mit welcher Treffsicherheit die Zirkuskünstler Beispiele aus dem Schultag gewählt haben. „Der Apfel spielt bei uns eine große Rolle“, sagt sie. Und auch der Wassersketch biete didaktisches Anschauungsmaterial.
Dabei sind die Trefferquoten eher dem Zufall geschuldet, denn das Theater hat in erster Linie keinen pädagogischen Ansatz. Es sind universelle Elemente, die funktionieren: eine Mischung aus Klamauk, Artistik und sympathischem Chaotentum. „Wir wussten nicht, was uns erwartet“, sagt Herr Potefsky. Denn eigentlich kommen Eltern und Kinder zu ihnen ins Berliner Theater. In der Corona-Zeit war das Theater aber geschlossen und Thomas Endel alias Herr Komtafsky hat bundesweit Kontakte geknüpft. Mit dem Ergebnis, dass nun ein Engagement das andere jagt. „In vier Wochen sind wir 6000 Kilometer gefahren“, erzählt Endel. Insgesamt zehn Künstler gehören zum Zirkusteam, das mehrere Stücke im Repertoire hat. „Die Nachfrage ist gerade nach Corona überwältigend groß“, sagt Thomas „Komtafsky“ Endel.
Als Startschuss für weitere Aufführungen will Schulleiterin Karin Frey diesen Tag aber nicht verstanden sehen. Vielmehr war es eine Möglichkeit für die Schülerinnen und Schüler, wieder etwas anderes zu erleben als den Schulalltag. „Bei uns sind ja alle AGs und außerschulischen Aktivitäten ausgefallen“, sagt sie. Das Lernen in Präsenz ist am SBBZ nicht ersetzbar, das habe die Corona-Zeit gezeigt. Als besondere Herausforderungen sieht die Leiterin die hohen und notwendigen Sicherheitsstandards an. „Unsere Kinder sind ja besonders vulnerabel“, sagt sie. Gleichzeitig sollen die Prinzipien der Schule beibehalten werden, die hohen personellen Einsatz erfordern: die Mischung aus sprechenden und nicht sprechenden Kindern sowie mobilen und nicht mobilen Kindern. „Lernpartner sind für jedes Kind wichtig“, sagt sie. Umso mehr freut sie sich, dass die Fördervereine ihrer Schule und der Esslinger Rohräckerschule bei der Weihnachtsaktion des Teckboten berücksichtigt werden.
Dass auch die Lehrer und Lehrerinnen immer mit vollem Einsatz dabei sind, bewies eine Kollegin, die sich spontan von den Künstlern nach vorne holen ließ: Mit einer Möhre im Mund stand sie als „Eselin“ mitten in der Kegeljonglage zwischen Komtafsky und Potefsky, die als Höhepunkt mit einem Kegel die Möhre aus dem Mund schossen.