Weilheim · Lenningen · Umland

„Zu Hause wird man alt“

Kirche Mit bald 94 Jahren ist Martha Bernecker die älteste Helferin der Vesperkirche in Kirchheim. Neben dem Ehrenamt ist Reisen ihr großes Hobby. Der Zypern-Urlaub für 2020 ist bereits gebucht. Von Thomas Zapp

94-jährige hilft bei Vesperkirche in der ThomaskircheMartha Bernecker
94-jährige hilft bei Vesperkirche in der ThomaskircheMartha Bernecker

Energischen Schrittes kommt Martha Bernecker in das Foyer der Thomaskirche, das an diesem Vormittag wegen der Vesperkirche voller Tische steht. Unter vollen, weißen Haaren und energischen Augenbrauen strahlen lebhafte Augen. „Um 8.30 Uhr habe ich an diesem Morgen aufgeschlossen“, sagt die Frau mit der weißen Schürze. Und am Nachmittag werde sie eine der Letzten sein, die nach Hause gehen.

In der Zeit dazwischen steht Martha Bernecker vor allem in der Spülküche und kümmert sich um den Kaffee. Sie stellt sich auf einen Schemel und sorgt mit einem Schneebesen dafür, dass das Kaffeepulver nicht verklumpt. Unter der beeindruckenden Kaffeemaschine wechselt sie die Thermoskannen aus. 40 Liter Kaffee werden an einem Tag getrunken.

Auch die Spüle und die Spülmaschinen kontrolliert die Seniorin. Bei der Geschirrrückgabe achtet sie darauf, dass dreckiges Besteck und Geschirr geordnet wird und sorgt dafür, dass genügend Männer da sind. „Die brauchen wir für die schweren Sachen“, sagt sie. Zum Beispiel wenn es darum geht, die großen Töpfe zu spülen.

Seit die Vesperkirche vor elf Jahren ins Leben gerufen wurde, hat Martha Bernecker nicht einen Tag gefehlt. Das für sich genommen ist schon bemerkenswert. Hinzu kommt aber noch, dass die Seniorin in kürze 94 Jahre alt wird. Zwischen ihrem gesegneten Alter und ihrem unermüdlichen Engagement scheint es einen Zusammenhang zu geben. „Ich muss mich bewegen“, sagt sie, „zu Hause wird man alt.“ Martha Bernecker ist überzeugt, dass die Arbeit sie ein Leben lang jung gehalten hat. Und das Reisen: Sie war in vielen Ländern am Mittelmeer und zum 90. Geburtstag mit ihren Töchtern am Nordkap - ihrer bislang einzigen Schiffsreise.

Mit 58 hat sie sich ohne Vorkenntnisse an ihre erste Skiabfahrt getraut, „weil eine Freundin auch heruntergekommen ist“. Im zarten Alter von 80 Jahren hat sie sich neue Langlaufskier gekauft und ist darauf noch mehrere Jahre gefahren. „Sie hat mich zum Langlaufen gebracht“, sagt ein Gast der Vesperkirche.

Neben der Bewegung hat Fürsorge Martha Berneckers Leben geprägt. Als sie zehn Jahre alt war, starb der Vater und als fünftes von sieben Geschwistern kümmerte sie sich damals um die zwei Jüngsten. Als einziges der sieben Kinder hat sie studiert und noch kurz vor Kriegsende die Lehrerausbildung abgeschlossen. An der Kirchheimer Rauner-Schule war sie bis 1988 Lehrerin, bis heute trifft sie sich mit den Ehemaligen.

Durch ein Gewusel aus knapp 40 weißen Schürzen bewegt sich die Dame mit der weißen Haarpracht ruhig aber zielstrebig zur Essensausgabe. Vor dem großen Ansturm gibt es noch eine Stärkung für die freiwilligen Helfer. Das Essen hält sie kurz, schnell zieht es sie zurück in die Küche. „Man merkt ihr gar nicht an, dass sie erst vor 14 Tagen gestürzt ist“, sagt einer der Helfer erstaunt. Beim Kirchheimer Dämmerschoppen war es gewesen, als Martha Bernecker hinfiel und sich zwei Sehnen gerissen hatte. „Es hätte schlimmer sein können, zum Beispiel der Oberschenkel gebrochen“, sagt sie. Das ist ihr Lebensmotto: „Ich bin immer positiv eingestellt.“

„Einmalig“, „jedes Jahr zur Stelle“, „sie hat die Spielküche im Griff“ - die anderen Helfer sind voll des Lobes über ihre älteste Mitstreiterin. Die macht ihre Sache am liebsten im Stillen, wie sie selbst sagt. „Die Gesundheit ist ein Geschenk. Dafür bin ich dankbar und setze meine Kraft für andere ein.“ Die Kirchheimer Bürgermedaille oder gar das Bundesverdienstkreuz, das ihr 2013 verliehen wurde, machen sie zwar stolz, sind ihr aber fast unangenehm. Sie steht ungern im Vordergrund. Wichtiger ist Martha Bernecker der Glaube an Gott. „Ich kann alles aus Gottes Hand annehmen, wenn er meint, dass es gut für mich ist.“

Die Vesperkirche ist am 10. Februar vorbei, aber langweilig wird ihr auch danach nicht, denn Martha Bernecker bleibt in Bewegung: Eine Reise nach Fehmarn steht an, und für 2020 ist der nächste Urlaub auf Zypern schon gebucht.

Info: Die Vesperkirche läuft noch bis zum 10. Februar und hat täglich von 11.30 bis 14 Uhr geöffnet. Sie findet in der Thomaskirche in der Aichelberg- straße 585 in Kirchheim statt.

94-jährige hilft bei Vesperkirche in der ThomaskircheMartha Bernecker
94-jährige hilft bei Vesperkirche in der ThomaskircheMartha Bernecker
Vesperkirche in der Thomaskirche
Vesperkirche in der Thomaskirche