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Zu sehr auf Trendberufe fixiert

Arbeitsagentur zieht Bilanz zum Ausbildungsmarkt – Unbesetzte Stellen

Die Agentur für Arbeit Göppingen informierte zum Ende des Berufsberatungsjahres über die aktuellen Zahlen auf dem Ausbildungsmarkt. Ein Trend bleibt dabei gleich: die Top 10 der beliebtesten Ausbildungsberufe. Hier ist bei den Bewerbern mehr Flexibilität gefordert.

Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen, doch überlaufene Trendberufe sorgen für unbesetzte Stellen. Foto: Deniz Calagan
Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen, doch überlaufene Trendberufe sorgen für unbesetzte Stellen. Foto: Deniz Calagan

Göppingen. „Zum Stichtag am 30. September 2015 ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent auf insgesamt 5 254 Stellen leicht gesunken – das bedeutet ein Minus von 21 Stellen“, erklärte Bettina Münz, stellvertretende Leiterin der Agentur für Arbeit Göppingen. 531 Ausbildungsstellen und damit deutliche 33,1 Prozent mehr als im Vorjahr (399 Stellen) blieben bis zum Stichtag unbesetzt. Zu wenige Bewerber gab es bis zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich in den Bereichen Gastronomie, im Verkauf und im Lebensmittelhandwerk – also etwa bei Metzgern und Bäckern – oder in den Bauberufen. „Oft passen die Anforderungen der Betriebe nicht zu den Kompetenzen der Bewerber oder die angebotenen Stellen nicht zu deren Interessen“, so Münz. Beworben haben sich insgesamt 5 038 potenzielle Azubis. „Das waren 42 weniger als im Vorjahr, was einem Minus von 0,8 Prozent entspricht.“ Eine Ausbildung angetreten haben 2 651 Bewerber, 1 008 drücken weiterhin die Schulbank, 181 Jugendliche waren bei ihrer Bewerbung nicht erfolgreich, qualifizieren sich aber bereits weiter, um ihre Chancen bis zum nächsten Ausbildungsstart zu verbessern.

Im Landkreis Esslingen wurden 214 Ausbildungsstellen weniger angeboten als im Vorjahr und das bei einer gleichzeitigen Zunahme an Bewerbern von 110. „Jene Berufe, die nicht stark nachgefragt sind, fahren ihre Stellenangebote ebenso he­runter wie teils die großen Unternehmen“, nennt Münz Gründe. Gebe es aber passende Bewerber, bestehe die Möglichkeit, diese direkt beim Ausbildungsbetrieb vorzustellen, sodass gegebenenfalls doch noch eine Stelle angeboten werde. Was die Kirchheimer Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit angeht, so wurden insgesamt 647 Ausbildungsstellen gemeldet und damit 20 weniger als im Vorjahr, was einem Minus von 3 Prozent entspricht. Bewerber waren es 722, und so 52 weniger.

Im Kreis Göppingen zeigt sich zunehmend, dass sich die Unternehmen in einen Wettstreit um die Azubis begeben müssten. So gibt es im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 196 gemeldete Ausbildungsstellen – bei einem Minus an Bewerbern von 152. Der deutliche Rückgang von 7,4 Prozent sei teils ein „hausgemachtes Problem“, räumte Münz ein: „Wir waren aufgrund zahlreicher personeller Ausfälle nicht so präsent an den Schulen wie normalerweise, eigentlich haben wir hier einen recht hohen Bewerberanteil.“ Im ländlichen Raum sei zudem ein verstärktes Interesse an schulischen Angeboten anstelle eines direkten Ausbildungsbeginns zu verzeichnen.

„Die meisten Berufsanfänger sind mobil und beschränken sich bei ihrer Bewerbung nicht auf den unmittelbaren Radius“, betonte Markus Knorpp, Teamleiter der Berufsberatung für unter 25-Jährige bei der Agentur für Arbeit in Esslingen. Bessere Chancen habe man auch, wenn man sich nicht auf einen Trendberuf konzentriere, den alle anderen auch wollen. Die Top Ten der beliebtesten und daher auch teils überlaufenen Ausbildungsberufe habe sich nicht verändert. Nimmt man die Interessen der männlichen und weiblichen Bewerber zusammen, so stehen auf den ersten drei Plätzen nach wie vor Industriekaufmann, Industriemechaniker und Kaufmann Büromanagement. Es folgen Kaufmann im Einzelhandel, Verkäuferin, Kfz-Mechatroniker, Medizinische Fachangestellte, Mechatroniker, Bankkaufmann und Fachkraft für Logistik.

Theoretisch hätten die potenziellen Azubis die Wahl zwischen 210 Ausbildungsberufen sowie einer zunehmenden Zahl an dualen Studienangeboten. Hier müsse man sich erst einmal einen Überblick verschaffen, was die Entscheidung oft hinauszögere. Überhaupt dehne sich der Bereich „Übergang von der Schule zum Beruf“ immer mehr in Richtung „Übergang zum qualifizierten Abschluss – und das ohne Altersgrenze“ aus. „Die Spätstarter sind ein wichtiges Thema bei uns“, so Knorpp.

Neue Modell für Berufseinsteiger

Ein hoher Stellenwert kommt den unterschiedlichen Modellen der berufsfördernden Maßnahmen zu. Neu sind seit diesem Jahr die Ausbildungsakquisiteure, deren Ziel es ist, die Bewerber gezielt, individuell, engmaschig und kontinuierlich zu beraten und zu unterstützen. 70 Jugendliche konnten seit Frühjahr 2015 so in Ausbildung gebracht werden. Ab März 2016 geht zusätzlich die Assistierte Ausbildung (ASA) an den Start. „Das ist eine Kombination aus einer fachlichen und sozialpädagogischen Begleitung vor und während der gesamten Ausbildungsdauer“, erklärt Markus Knorpp. Die Vorbereitungszeit auf den Ausbildungsstart dauert dabei von 1. März bis 31. August und umfasst eine 39-Stunden-Woche für eine Gruppe von maximal 20 Personen.