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Zuerst kam immer die Wirtschaft

Lebensgeschichten Nach 55 Jahren hat die Gastwirtsfamilie Höfer den „Albblick“ endgültig zugesperrt. Das Inventar wird verkauft, und für das Ehepaar beginnt ein neuer Abschnitt in ihrem Leben. Von Volkmar Schreier

Hans Höfer genießt die neu gewonnene Freizeit, seiner Frau Susanne ist es ab und an bereits langweilig.Fotos: Volkmar Schreier
Hans Höfer genießt die neu gewonnene Freizeit, seiner Frau Susanne ist es ab und an bereits langweilig.Fotos: Volkmar Schreier

Der Aushang „Alles muss raus“ im Anschlagskasten des Gasthofs Albblick in der Schlierbacher Auchtertstraße verkündet es unmissverständlich: Wo noch bis zum Jahreswechsel prominent die Speisekarte des beliebten Lokals dem Leser das Wasser im Munde hat zusammenlaufen lassen, annonciert das Gastwirtsehepaar Susanne und Hans Höfer nun den finalen Ausverkauf. Denn seit dem Jahreswechsel ist der Albblick geschlossen.

Großgeräte, Pfannen, Kochtöpfe, Geschirr, Gläser, Besteck, die Tische und Stühle: Der Großteil dessen, was eine Gastwirtschaft benötigt, ist mittlerweile verkauft. Susanne Höfer steht im Gastraum des Albblicks zwischen den letzten Überbleibseln aus 55 Jahren Wirtshausgeschichte. Seit ihrer Kindheit war der Gasthof ihr Lebensmittelpunkt und -inhalt. Ihre Eltern hatten den Gasthof in der Auchtertstraße im Jahr 1964 eröffnet, schon als Kind hat Susanne Höfer im elterlichen Betrieb mitgearbeitet. „Das war mein Leben“, erzählt sie, „es kam immer zuerst die Wirtschaft, dann irgendwann wir.“ Schlimm fand sie das nicht, denn: „Ich hab das ja auch immer gerne gemacht.“

Anders wäre es aber auch gar nicht gegangen, als sie im Jahr 1984 gemeinsam mit ihrem Mann Hans den Gasthof übernommen hat. Modernisiert haben sie damals, um- und angebaut. „Das war eine mordsmäßige Anstrengung“, sagt Hans Höfer im Rückblick. Der 68-Jährige erzählt davon, wie die Baumaßnahmen immer teurer wurden. Gearbeitet haben sie bis zum Umfallen, auf Urlaube verzichtet, um den Kredit abzuzahlen.

Über die Jahre hinweg haben sie sich mit guter Küche und eigenem Stil eine Stammkundschaft erarbeitet. „Bei uns war immer alles frisch, angefangen beim Salat“, berichtet Susanne Höfer. „Das alles hat natürlich zu einer ungeheuren Arbeitsbelas­tung geführt“, ergänzt Hans Höfer. In den Anfangsjahren seien Arbeitstage mit 16, 17, 18 Stunden ganz normal gewesen. Daneben waren die beiden Kinder und irgendwann auch die pflegebedürftige Mutter zu versorgen. Wie sie das alles hinbekommen haben? „Die viele Arbeit war für mich normal, ich bin ja so groß geworden“, meint Susanne Höfer.

Großen Wert legt sie auf die Feststellung, dass der Albblick ohne die treue Mitarbeiterschaft nie funktioniert hätte: „Wir konnten das alles nur leisten, weil wir so tolle Mitarbeiter hatten.“ Teilweise seit 35 Jahren haben die Service- und Küchenkräfte den Höfers die Stange gehalten, „wenn es geklemmt hat, war immer jemand bereit, spontan einzuspringen“, schwärmt Susanne Höfer von ihrem Team. „Auch die Mädle in der Küche waren immer fleißig und immer da, wenn wir sie gebraucht haben.“

Nun also der große Umbruch im Leben der Höfers. Altershalber haben sie mit dem Jahreswechsel endgültig die Tür zum Gastraum abgesperrt. Den Albblick übernehmen wollte keines der Kinder, längst haben die sich ein eigenes Leben außerhalb der Gastronomie aufgebaut. „Eigentlich wollten wir ja den Albblick verkaufen“, erzählt Hans Höfer, auch Interessenten habe es gegeben. Doch es kam ganz anders: „Unsere Tochter will mit ihrer Familie unbedingt in Schlierbach bleiben, sie hat dann aber keinen Bauplatz gefunden. Also haben wir umgeplant.“ Anstelle der Gastwirtschaft soll im Erdgeschoss eine seniorengerechte Wohnung für das Ehepaar Höfer entstehen. Somit kann die Tochter mit Familie in das große Haus mit einziehen.

Was sie mit der vielen Zeit nun anfangen? Hans Höfer freut sich darauf, endlich mehr Zeit für seine Hobbys zu haben. „Mir wird es nicht langweilig“, ist er sich sicher. Für seine Frau Susanne ist es aber aktuell eine große Umstellung: „Ehrlich gesagt ist mir abends grade stinkelangweilig.“

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