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Zwei Nürtinger planen Cannabis-Verein

Politik Die Legalisierung des Cannabis-Konsums soll bald in die Tat umgesetzt werden. Dario Stix und Luis Cavazzoli wollen die Hanfpflanze in Nürtingen gemeinschaftlich anbauen dürfen. Von Kai Müller

Für Dario Stix ist Cannabis eine „total spannende Pflanze“. Seit einigen Monaten hat er sich noch intensiver mit der Hanfpflanze auseinandergesetzt. Gemeinsam mit Luis Cavazzoli will der 33-Jährige eine Cannabis-Anbauvereinigung ins Leben rufen. Dabei handelt es sich um einen Verein ohne Gewinnabsicht oder eine Genossenschaft, die Cannabis gemeinschaftlich anbauen und zum Eigenkonsum an die Mitglieder weitergeben will. „Wir sind gerade dabei, einen Verein zu gründen“, erzählt Stix.

Bis zum 15. Februar sollen alle rechtlichen Fragen geklärt sein. Man habe auch einen Anwalt zurate gezogen. Die Ampel-Koalition in Berlin hatte 2021 die Legalisierung von Cannabis im Koalitionsvertrag fixiert. Im April 2023 hatte die Bundesregierung ein Eckpunktepapier vorgelegt, im Oktober war der Gesetzentwurf im Bundestag debattiert worden. Eigentlich sollte bereits zum Jahresbeginn der Weg zum legalen Cannabis-Konsum frei sein. Doch dieser Zeitplan ließ sich nicht halten: Nun ist der 1. April als Startpunkt im Gespräch, von Juli an sollen dann die Anbauvereine ihre Arbeit aufnehmen können.

In anderen Ländern spricht man weniger von Anbauvereinen, sondern von Cannabis Social Clubs. Daran haben sich auch die beiden Nürtinger orientiert. Im Netz (www.csc-nuertingen.com) und auf Flyern ist vom Cannabis Social Club Nürtingen die Rede.

Positives Feedback

Die Entscheidung, Cannabis zu legalisieren, findet Stix „klasse“: „Ich sehe einen positiven Effekt für die Gesellschaft.“ Erfahrungen in den Niederlanden zeigten, dass durch eine Legalisierung der Kontakt der Konsumenten zu härteren Drogen auf ein Minimum gesunken sei. Stix selbst sieht auch einen therapeutischen Nutzen: „Es verstärkt die innere Gefühlswelt.“ Dass man sich dadurch im eigenen Leben weiterentwickeln kann, sieht Stix als den positivsten Aspekt der Pflanze. Die Rückmeldungen auf ihre Idee, in Nürtingen einen Cannabis-Anbauverein zu gründen, seien „durchweg positiv“ gewesen. „Auch meine Eltern und mein Freundeskreis sind da sehr offen“, sagt der 33-Jährige. Auch bei Verteilaktionen in Kirchheim und Wendlingen sei er fast schon verwundert gewesen, wie hoch die Akzeptanz gewesen sei: „Die Leute haben mit offenen Ohren zugehört.“
Doch bevor der erste Joint geraucht wird, sind noch einige Dinge zu klären. Stix, von Haus aus Wirtschaftsingenieur, ist gerade dabei, einen Wirtschaftsplan zu erarbeiten. Er konzentriert sich gerade voll und ganz auf dieses Projekt: „Das ist eine Herausforderung.“ So muss nicht nur ein Gesundheitsschutz- und Jugendschutzkonzept auf den Weg gebracht werden, sondern es muss auch genau dokumentiert werden, wie viel Cannabis produziert und ausgegeben wurde.

Kritik von der Justiz

Im Eckpunktepapier sind noch einige andere Regeln für die Konsumenten festgelegt. So ist beispielsweise die maximale Ausgabemenge auf 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat festgelegt. Auch die Ausgabe der Samen (sieben) und Stecklinge (fünf) für den Eigenanbau ist ebenfalls beschränkt. Der Verein darf nur maximal 500 Mitglieder haben und diese müssen jeweils 18 Jahre alt sein. Sie müssen zudem ihren Wohnsitz oder einen sogenannten Aufenthalt in Deutschland haben.

Die Abgabe an Heranwachsende unter 21 Jahren ist begrenzt auf eine Menge von 30 Gramm pro Monat, zusätzlich mit einer Beschränkung des zulässigen THC-Gehalts. Der Vorstand haftet persönlich, wenn die Auflagen nicht beachtet werden.
Kritik an der Legalisierung hat es unter anderem von der Justiz und der Gewerkschaft der Polizei gegeben. Die Verbände der Kinder- und Jugendmediziner sehen Gesundheitsgefahren für junge Menschen. Der Gesetzentwurf sieht übrigens vor, dass in einem zweiten Schritt kommerzielle Lieferketten in ausgewählten Modellstädten aufgebaut werden. Wo genau das sein wird, steht aber noch nicht fest.

Mehr als 40 Menschen gebe es schon, die sich für eine Mitgliedschaft im noch zu gründenden Cannabis-Verein Nürtingen interessieren, erklärt Stix. Eine mögliche Produktionshalle habe man sich schon angeschaut. Der potenzielle Vereinsgründer würde gern die Pflanzen draußen anbauen. Es brauche aber eine Halle zum Trocknen der Pflanzen. Bevor diese dann für den Eigenkonsum an die Mitglieder weitergegeben werden dürfen, müssen die Inhaltsstoffe in einem Labor erst noch genau analysiert werden. Stix und Cavazzoli haben sich bereits mit anderen Vereinen aus Stuttgart und Pforzheim kurzgeschlossen: „Wir vernetzen uns.“