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„Zwischen Liebesheirat und Zweckbündnis“

Lindorfer Matthäus- und Ötlinger Johanneskirchengemeinde feiern ihre Fusion mit einem großen gemeinsamen Fest

„Zwischen Liebesheirat und Zweckbündnis“
„Zwischen Liebesheirat und Zweckbündnis“

Lindorf und Ötlingen gehen neue gemeinsame Wege: Die beiden evangelischen Kirchengemeinden haben sich zum 1. Januar zusammengeschlossen. Um das auch öffentlich kundzutun, gibt es am morgigen Samstag ein gemeinsames Fest in der Eduard-Mörike-Halle.

Andreas Volz

Kirchheim. Ein bisschen sperrig ist der Name schon noch: Statt Matthäus- und Johanneskirchengemeinde heißt es jetzt „Evangelische Kirchengemeinde Lindorf und Ötlingen“. Ansonsten aber scheint sich durch die Fusion zunächst nur wenig zu ändern. „Die Idee, dass Kirche vor Ort sein soll – in der Siedlung, im Dorf –, wollen wir nicht abschaffen“, sagt die Lindorfer Pfarrerin Rosemarie Fröhlich-Haug. Die Kirche bleibt also im (Lin)-Dorf. Und in Ötlingen bleibt sie sowieso.

Auch sonst gibt es nicht sofort völlig neuartige Strukturen oder gar ganz neue „Mödele“. Ötlingens Pfarrer Christian Lorösch erwähnt eine Regel, die sich schon seit vielen Jahren so eingespielt hat – die Regel mit den Doppeldiensten: „An den ganz normalen Sonntagen macht einer von uns beiden gleich beide Gottesdienste, ab 9.30 Uhr den in Ötlingen und ab 10.45 Uhr den in Lindorf.“

Auch ein gemeinsames Büro führen beide Kirchengemeinden schon seit längerer Zeit. Es ist im Ötlinger Pfarrhaus in der Lessingstraße 10 untergebracht und dient als Anlaufstelle für alle Gemeindeglieder, seien sie aus Ötlingen oder aus Lindorf. So ähnlich verhält es sich ja auch mit dem zentralen Gemeindebüro in Kirchheims Innenstadt, im Dekanatsgebäude, von dem Werner Dohrn, der neu gewählte Vorsitzende des Lindorf-Ötlinger Kirchengemeinderats, sagt: „Das hat sich von Anfang an bestens bewährt.“

Was die Ötlinger Johanneskirchen- und die Lindorfer Matthäuskirchengemeinde seit drei Jahren ebenfalls gemeinsam betreiben, ist die Konfirmandenarbeit. Längst vorbei sind die Zeiten, als Lindorfer Konfirmanden in Ötlingen noch mit Schneebällen empfangen wurden. Und das liegt nicht nur daran, dass es immer weniger Schnee gibt. Vielmehr berichtet Christian Lorösch von einer Konfirmandenfreizeit, bei der sich alle gemeinsam kennenlernen konnten, ohne dass er selbst hinterher die Jugendlichen nach Ötlingen oder nach Lindorf hätte zuordnen können.

Die Zusammenarbeit ist auch auf der Ebene der Kirchengemeinderäte längst gang und gäbe. Schon seit 2008 gibt es gemeinsame Kirchengemeinderatswochenenden. Das gemeinsame Gemeindefest am Himmelfahrtstag trägt ebenso seit längerer Zeit schon zum Zusammenwachsen bei wie auch die „Zeltkirche“ im Rübholz vor zweieinhalb Jahren.

Was soll nun also die Fusion noch bewirken, wenn beide Kirchengemeinden ohnehin schon fast miteinander verschmolzen sind? Das wird sich erst im Lauf der Zeit herausstellen. Immerhin bringt die Fusion zum Ausdruck, dass es jetzt wirklich gemeinsam weitergehen soll. Nicht von ungefähr vergleicht Christian Lorösch die Fusion der Kirchengemeinden mit einer Eheschließung. In der Anfangsphase geht es darum, sich noch näher und besser kennenzulernen als bisher und den Alltag miteinander teilen zu lernen. Von einem „Wie macht man das bei euch?“ sollte man möglichst rasch zu einem „Wir machen das bei uns jetzt gemeinsam so“ gelangen.

Gerade weil man sich schon länger kennt, meint der Kirchengemeinderatsvorsitzende Werner Dohrn, es handle sich bei der „Ehe“ zwischen der Lindorfer und der Ötlinger Gemeinde um irgendetwas „zwischen Liebesheirat und Zweckbündnis“. Immerhin bringe jeder seine eigene Mitgift mit.

Einen wichtigen Grund und großen Vorteil der aktuellen „Fusionitis“ in Kirchengemeindekreisen sehen auch Rosemarie Fröhlich-Haug und Christian Lorösch: „Wir können viel mehr gemeinsam machen und dabei Ideen aus zwei Köpfen einfließen lassen.“ Und außerdem könne sich jeder auch stärker spezialisieren als bisher. In welcher Hinsicht neue Schwerpunkte gesetzt werden, steht noch nicht fest. Das soll jetzt erst nach und nach erarbeitet werden – gemeinsam natürlich.

Aber gewisse Angebote sollen auch bewusst am bisherigen Standort erhalten bleiben, in Lindorf etwa das „Kochtöpfle“ und der Ostergarten oder in Ötlingen der Adventsmarkt. Es wird dann für Lindorfer wie für Ötlinger künftig „unser Kochtöpfle“, „unser Ostergarten“ und „unser Adventsmarkt“.