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Zwischen Pest und Corona

Wildtiere Den Jägern machen zwei Seuchen auf einmal zu schaffen. Während die Pandemie die Jagdbedingungen erschwert, müssen sie sich mit der Afrikanischen Schweinepest auseinandersetzen. Von Katharina Daiss

Über 130 Fälle der Afrikanischen Schweinepest sind deutschlandweit bekannt. Drückjagden sollen helfen, die Wildschweinbestände u
Über 130 Fälle der Afrikanischen Schweinepest sind deutschlandweit bekannt. Foto: Rolfes/DJV
Drückjagden sollen helfen, die Wildschweinbestände und so das Übertragungsrisiko zu reduzieren. Fotos: Kauer/DJV
Drückjagden sollen helfen, die Wildschweinbestände und so das Übertragungsrisiko zu reduzieren. Fotos: Kauer/DJV

Im September wurde die Afrikanische Schweinepest (ASP) zum ersten Mal in Deutschland nachgewiesen. Die Reaktionen auf den Ausbruch bezeugen die große Angst vor der Tierseuche: China stoppte nach dem ersten bekannten Fall den Import von deutschem Schweinefleisch, in Bayern sollen ganze 500 Kilometer Zaun vor der Krankheit schützen. Die Schweinehalter fürchten nicht nur die schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen, sondern vielmehr den Verlust ihres gesamten Bestandes: Erkrankt auch nur ein einziges Hausschwein an der ASP, muss die gesamte Zucht gekeult werden.

Mittlerweile sind in Deutschland über 130 Fälle von infizierten Wildschweinen bekannt. Die für Menschen ungefährliche Krankheit verbreitet sich durch Tröpfcheninfektion und den Kontakt mit infiziertem Blut. Große Distanzen überwindet das Virus in Form von kontaminiertem Fleisch, das unbemerkt transportiert oder achtlos weggeworfen wird. Doch die Krankheit ist für Haus- und Wildschweine nicht nur hochansteckend, sondern auch extrem tödlich: „Die Mortalität liegt bei 90 bis 98 Prozent“, erklärt Alwin Schnabel, der Berufsjäger der Wildforschungsstelle.

Hausschweine vor der Seuche schützen

Um das Ansteckungsrisiko zu verringern und ein Überschwappen der Tierseuche auf die Hausschweine zu verhindern, hilft die Reduzierung der Wildschweinbestände durch Bejagung. Zwei Jagdarten sind dabei besonders effektiv: „Kirrjagden, bei denen das Wild durch Futter Maß oder Duftstoffe angelockt wird, machen jährlich etwa vierzig Prozent der erlegten Wildschweine aus. Gesellschaftsjagden, wie Drückjagden, die durchgeführt werden, indem Treiber und Jagdhunde strategisch platzierten Jägern das Wild zutreiben, tragen etwa ein Drittel der Jahresstrecke bei“, berichtet Alwin Schnabel.

Doch die Jagd an der Kirrung zieht durch die klimatischen Veränderungen nicht mehr. Milde Winter führen dazu, dass es den Schweinen besser denn je geht, und Eichen und Buchen tragen starke Früchte. Somit wird die Drückjagd zur wichtigsten Waffe der Jäger im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest.

Der stellvertretende Kreisjägermeister Thomas Doll kann die Empfehlung nur unterstreichen, revierübergreifende Drückjagden als Maßnahme gegen die ASP auch unter den derzeitigen Corona-Bedingungen durchzuführen. Das trägt nicht nur zur Eindämmung der Tierseuche, sondern auch zur Vermeidung von Schäden in der Landwirtschaft bei.

Die Wirksamkeit der Drückjagden zeigt sich auch daran, dass sie sogar im Rahmen der neuen Corona-Verordnungen mit bis zu 100 Personen unter Auflagen durchgeführt werden dürfen. „Dabei sind der organisatorische Mehraufwand und die Verantwortung der jeweiligen Jagdleiter allerdings beträchtlich“, erklärt Thomas Doll. Geeignete Hygienekonzepte müssen ausgearbeitet und alle Kontakte nachvollzogen werden können. „Zum Schutz aller Teilnehmer setzen wir vorrangig auf die bewährten Alltagsmaßnahmen wie Abstand, Hygiene und Masken“, so Doll. Dass die Jagdveranstaltungen ausschließlich im Freien stattfinden, erleichert es, die Schutzmaßnahmen einzuhalten.

Die Drückjagden werden auf die notwendigen Tätigkeiten beschränkt, die geselligen Teile müssen in diesem Jahr ausgesetzt werden. Thomas Doll glaubt allerdings, dass trotz der geltenden Regeln das jagdliche Brauchtum nicht zu kurz kommen muss. „Eine Handvoll Jagdhornbläser kann durchaus im Freien mit viel Abstand die Jagdstrecke verblasen. Auch die Ehrung der erfolgreichen Schützen kann leicht abgewandelt stattfinden“.

Letztendlich stützt sich das Konzept der Jäger auf eine gute Organisation und auf das Mitmachen aller Teilnehmer. Denn der eigene Schutz darf nicht zu kurz kommen im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest.

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