Lenninger Tal

3-D-Museum macht die Kelten lebendig

Technik Ende September gibt es einen neuen Keltenpfad und zwar digital. Dieter Hagmann aus Schlattstall rekonstruiert den Alltag von vor 2000 Jahren und bringt ihn dann mit einer App auf den Bildschirm von Handys. Von Gabriele Böhm

Dieter Hagmann entwickelt mit seiner Firma eine Nachbildung der Kelten in 3-D.Foto: Gabriele Böhm
Dieter Hagmann entwickelt mit seiner Firma eine Nachbildung der Kelten in 3-D.Foto: Gabriele Böhm

Sie haben gelebt, geliebt, geheiratet, Kinder großgezogen, den Acker bestellt, Handel getrieben und gerne eingekauft. Und doch ist es über 2000 Jahre her, dass Kelten auf der Alb im Bereich von Grabenstetten, Erkenbrechtsweiler und Hülben von denselben Dingen umgetrieben waren wie die heutigen Menschen. Der neue Keltenpfad soll ab Ende September Besuchern das keltische Leben plastisch vermitteln. Dieter Hagmann, Inhaber der Firma „3dmuseum“ in Schlattstall, lässt die damalige Lebenswelt der mit 17 Quadratkilometern größten keltischen Siedlung in Mittel- europa virtuell wieder auferstehen.

Der Keltenpfad bekommt neun Stationen zu verschiedenen Themen. Zugänglich werden sie über eine App, die man vor Ort testen kann. Sie ermöglicht, auf dem Handy in 360-Grad-Panoramen zu sehen, was sich am eigenen Standort zur Keltenzeit abgespielt hat und wie die Gegend damals aussah.

„Grundlage der Präsentation bildet die heutige Landschaft, deren Relief sich seit damals kaum verändert hat“, erläutert Hagmann, der als Geologe und Paläontologe die nötigen Fachkenntnisse mitbringt. Für die Gestaltung der Landschaft stellte das Landesvermessungsamt die Daten zur Verfügung. „Als nächstes überlegt man, wie die Vegetation zur Keltenzeit ausgesehen hat. Da hier damals rund 10 000 Menschen lebten, sie Häuser und Wälle bauten und auch zum Kochen und Heizen Holz benötigten, gab es vermutlich weit weniger Bäume als heute. Deshalb konnte man von einem Tor zum anderen gut sehen.“

An jeder Station kommen außerdem zwei Rundum-Panoramen der heutigen Landschaft hinzu, um sich auf dem Gelände zu orientieren. Eine Ansicht wurde von einer Drohne in 50 Metern Höhe aufgenommen, die zweite ist die normale Sichthöhe der Besucher. Warum das, wenn man doch einfach die Augen aufmachen kann? Der Experte schmunzelt. „Nur in dieser digitalen Version kann ich Links zu weiteren Informationen unterbringen.“ Außerdem herrsche in den digitalen Panoramen konstant bestes Wetter.

Doch vor allem, so Hagmann, wollten Besucher die Menschen von damals sehen. „Es ist wesentlich eindrücklicher, wenn eine Keltin fasziniert ein Schmuckstück betrachtet, als wenn es in einer Museumsvitrine liegt.“ Deshalb wurden in die Landschaft vor 2000 Jahren Alltagsszenen eingebaut, die durch 3-D fast realistisch wirken.

Wenn immer möglich, lässt Hagmann die Szenen genau dort stattfinden, wo auch entsprechende Funde und Befunde im Gelände gemacht wurden. So zeigt die Station zwei zum Thema „Wasser“ die heute noch vorhandene Hüle mit Sumpfgebiet. Eine Keltin steht an einem Brunnen und schöpft Wasser. Doch wie sahen Kleidung und Brunnen damals aus? Gespräche mit Archäologen, Literaturrecherchen, Grabungsfotos und wissenschaftliche Zeichnungen brachten Klärung. „Die keltische Kleidung kennt man aus antiken Berichten, die Stoffe aus Grabfunden. Brunnen und Eimer kamen bei einer Grabung in Fellbach-Schmiden zutage.“ Ähnlich verlief es bei Station sechs mit einer Marktszene. Waagen und Handmühlen, die ein Händler anbietet, liegen als archäologischer Fund vom Heidengraben vor, sodass man ihr Aussehen im Detail kennt.

Einfach ist die virtuelle Nachbildung nicht. „Es ist ja erst ein Prozent der Gesamtfläche untersucht, vieles muss man so gut wie möglich rekonstruieren.“ Beispielsweise wisse man, wie ein keltisches Haus im Grundriss aussah, doch Größe und Anzahl könnten nur geschätzt werden.

Besonders aufwendig wurde Station fünf gestaltet. Sie widmet sich dem Handel. Virtuelle Szenen, Drohnenaufnahmen, Kartenmaterial und Kommentare erläutern, wie damals Amphoren mit Wein aus dem Mittelmeerraum auf die Alb transportiert wurden. Weitere Themen sind Landwirtschaft, Wehranlagen, Kult und Begräbnisse. Bei diesen wurden auch die vorkeltischen Grabanlagen der Urnenfelderkultur aufgegriffen. Zu jeder Station gehört außerdem ein Dialog, der das Gesehene noch vertieft.