Lenninger Tal

Am Schlössle muss der Lack ab

Arbeiten an Oberlenninger Kleinod ziehen sich in die Länge – Aufwendiges Abtragen alter Farbe

Das Lenninger Schlössle bleibt in Teilen noch ein Jahr eingerüstet. Trotz umfangreicher Sanierung wird der Kostenrahmen kaum überschritten.

Die Schäden am Oberlenninger Schlössle sind weitaus größer als angenommen. Statt auf chemische „Wundermittel“ setzt man nun auf
Die Schäden am Oberlenninger Schlössle sind weitaus größer als angenommen. Statt auf chemische „Wundermittel“ setzt man nun auf altbewährte Materialien und traditionelle Handwerkstechnik.Foto: Jean-Luc Jacques

Lenningen. Vor gut einer Woche trieben die neuen Zahlen zum Oberlenninger Schlössle der Verwaltung noch tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Statt der bereitgestellten 300 000 standen fast 380 000 Euro im Raum. Doch das Denkmalamt unterstützt nun die Schadensbegrenzung finanzieller Art. Aktuell geht man im Rathaus davon aus, dass die Sanierung des schmucken Fachwerkbaus für 311 000 Euro zu machen ist. Knackpunkt ist der Abtrag des Farbanstrichs.

Laboruntersuchungen haben ergeben, dass der Anstrich der Balken teilweise seine Obergrenze erreicht hat. Ist der Farbauftrag zu dick, wird der Anstrich zur Sperre. Feuchtigkeit kann nicht mehr nach außen transportiert werden. Im schlimmsten Fall verfault das Holz. Besonders ärgerlich: Die erst vor drei Jahren aufgebrachte Farbe war zu hart, über dadurch entstehende Risse dringt wiederum Wasser in das Holz ein. Verlangt wurde nun anfangs vom Denkmalamt ein Abtrag der Farbe mithilfe eines Heißluftföhns. „Für einen Laufmeter Holz benötigen die Handwerker anderthalb Stunden“, erklärte Hochbauamtsleiterin Angela Spoljar. Bei insgesamt 1 250 Metern beliefen sich die Kosten beim teuersten Bieter auf 90 000 Euro. Inzwischen liegen alle Angebote auf dem Tisch, das günstigste für 43 000 Euro. Noch mehr Geld sparen lässt sich mit Abbeizen – auch das eine vom Denkmalschutz genehmigte Variante. Ratsmitglied Hanspeter Eistetter, selbst vom Fach, versah beide Methoden allerdings mit großen Fragezeichen. Beim Einsatz des Föhns fürchtete er aufgrund der hohen Temperaturen um das Fachwerk, beim Abbeizen wiederum muss anschließend die Lauge mit viel Wasser aus den Poren herausgespült werden, zurück bleibt klatschnasses Holz. Da es für die Arbeiten nicht zu kühl sein darf, wird sich das Abtragen der Farbe in jedem Fall bis ins nächste Frühjahr ziehen. Die gesamte Sanierung ist voraussichtlich erst nächstes Jahr im September abgeschlossen.

Seit Mai wird am Schlössle bereits geschafft. Dabei stellte sich heraus, dass die Fassade in einem wesentlich schlechteren Zustand ist, als bei der Kartierung im Januar 2015 offenkundig war. Das Fachwerk an der Giebelwand des Nord-West-Anbaus musste komplett erneuert, Decken- und Stichbalken ausgebaut, die Gefache ausgemauert und die Verkleidung neu aufgebracht werden. Zudem waren am gesamten Gebäude weit mehr Pfosten, Riegel und Streben von Pilzen befallen, als angenommen. Das Abnehmen der hervorstehenden Balken zog auch die Putzgefache in Mitleidenschaft, was aufwendigere Gipserarbeiten und einen neuen Anstrich notwendig macht.

Wie Thomas Wagner vom Büro Bankwitz erläuterte, stellen auch zu kurze Fensterbänke ein massives Problem dar. Über ein bis zwei Zentimeter große Lücken zum nächsten Holzpfosten läuft Wasser hinter die Blechkonstruktion. Das bei einer vergangenen Sanierung fälschlicherweise verwendete und inzwischen gerissene Silikon verhindert den Feuchtigkeitseintrag nicht. Längere Fensterbänke sollen nun Abhilfe schaffen.

„Letztes Mal nicht so toll ausgeführt“ wurden laut Wagner auch die sogenannten Begleitstricharbeiten, die parallel zum Fachwerk laufen. Damit beauftragte der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung nun den Restaurator Erwin Raff. Er erledigt die Arbeiten für rund 29 000 Euro.

Ratsmitglied Karl Boßler ärgerte sich darüber, dass Mehrkosten verursachende Dinge wie der dicke Farbauftrag erst während der Sanierung auftauchen und problematisierte die jeweils eingesetzten „Wundermittel“. „Der Denkmalschutz geht davon weg und versucht eher, Materialien einzusetzen, die es früher gab“, rechtfertigte sich Wagner.

Bürgermeister Michael Schlecht kündigte an, es werde geprüft, ob der vorherige Anstrich fahrlässig fachlich falsch ausgeführt wurde. Er hob die Bedeutung des Schlössles hervor und sprach von gut angelegtem Geld. Demgegenüber erinnerte Wolfgang Tröscher an einen seiner Rats-Vorgänger, der das Schlössle als „Millionengrab“ bezeichnet hatte. Georg Zwingmann betonte, das Schlössle bedeute einen Lernprozess für alle. Arbeite man nicht mit einem Fachbüro zusammen, hole das die Gemeinde teuer ein.

Die Sanierungsarbeiten weiter voranzutreiben, stand im Rund außer Frage. Vergeben wurden auch die Arbeiten zum Abtrag der Farbe.