Lenninger Tal
Apfelernte ist in vollem Gange: Die Süße kommt mit der Sonne 

Streuobst Im Lenninger Tal wird auf den Wiesen fleißig gearbeitet. Seit Anfang September heißt es für Familie Bosch an ihren vier Standorten: Annehmen – Kontrollieren – Pressen. Von Thomas Krytzner

Das regnerische Wetter in diesem Vorsommer hat die Obsternte um gut zwei Wochen verzögert. Dadurch konnte das Aufsammeln des Fallobstes auf den vielen Streuobstwiesen im Lenninger Tal erst spät beginnen.

An vier Orten, nämlich in Unterlenningen, Nabern, Hepsisau und Neidlingen, nehmen Gudrun, Thomas, Kira und Hannes Bosch seit dem 4. September Äpfel entgegen. „Zu Beginn der lang ersehnten Ernte bekamen wir recht saure Ware, die wir dann mit süßeren Äpfeln mischen“, erzählt Kira Bosch. Sie ist überzeugt: „Jeder Tag mehr am Baum ist besser für die Äpfel.“

Nicht nur im Weinbau wird der Zuckergehalt mit dem Refraktometer gemessen, sondern auch beim Streuobst. „Damit bestimmen wir den sogenannten Oechsle-Gehalt bei den Äpfeln.“ Die saureren Sorten kommen in den Streuobstsaft, wie Kira Bosch bestätigt. „Es war gut, dass die Blüte nicht so schnell eingesetzt hat, sonst wäre die Ernte deutlich magerer ausgefallen“, betont Fruchtsafttechnologe Hannes Bosch.

Für die Obstannahme ist Familie Bosch bestens gerüstet: „Uns stehen rund 500.000 Liter Tankvolumen für den gepressten Saft zur Verfügung“, erklärt Hannes Bosch. An der Annahmestelle in Unterlenningen gibt es zudem drei Außensilos, die insgesamt 70 Tonnen Streuobst aufnehmen können. Gudrun Bosch, die unter anderem für die Annahme und Buchhaltung zuständig ist, kennt die Mengen: „Momentan bekommen wir im Schnitt 20 Tonnen Äpfel pro Tag. An guten Tagen werden es gut und gerne über 50 Tonnen.“

Die Apfellieferanten kommen hauptsächlich aus dem Lenninger Tal, und mit der Qualität der abgelieferten Ware ist man bisher zufrieden, berichtet Kira Bosch.

 

Momentan bekommen wir
im Schnitt 20 Tonnen Äpfel pro Tag.

 

„Wir schauen uns die Äpfel an, bevor sie auf die Waage gekippt werden, und wenn da zu viel fauliges Obst dabei ist, wird aussortiert.“ Für das angelieferte Streuobst gibt es direkt nach dem Wiegen entweder bares Geld oder eine Gutschrift für Saft. „Der Preis für 100 Kilogramm Äpfel liegt derzeit bei etwa elf Euro, Tendenz steigend“, weiß Gudrun Bosch. Wer sich die Ernte lieber in Naturalien bezahlen lässt, bekommt für 100 Kilo Äpfel 60 Liter Saft. „Zuerst nehmen die Streuobstlieferanten lieber die Saftgutschrift. Sobald der Hausbedarf gedeckt ist, lassen sie sich die Arbeit auf ihren Wiesen gerne auszahlen.“

Der Ablauf von der Annahme bis zum gepressten Saft ist standardisiert. „Nach dem Abwiegen laufen die Äpfel auf einem Förderband ins Silo, von dort werden sie mit Wasser ins Gebäude gespült“, beschreibt Hannes Bosch das Prozedere. Das Schwemmwasser löst den ersten Schmutz, bevor die Äpfel ins Reinigungsbecken kommen. „Damit wir die Qualität der Äpfel hoch halten können, verliest ein Mitarbeiter die Lieferung danach per Hand“, erklärt er. Danach geht’s für die Äpfel ein Stockwerk nach unten in die Hammermühle. „Im sogenannten Mousser werden die Äpfel zerkleinert, damit sie später durch die Bandpresse passen.“ Diese kann bis zu zehn Tonnen Äpfel pro Stunde verarbeiten.

Während der Saft in den Separator fließt, wird der Trester in einem Container gesammelt. „Die Landwirte freuen sich über die Apfelreste. Sie dienen als beliebte Silage in der Landwirtschaft“, betont der Fruchtsafttechnologe. Sobald die Trübstoffe durch die Zentrifugalkraft im Separator vom Saft getrennt sind, erfolgt eine Kurzzeiterhitzung. „Rund 80 Grad Hitze braucht der Saft, damit er haltbar wird.“ Die sterile Lagerung erfolgt in den großen Tanks. „Von dort aus kann der fertige Saft zur Flaschenabfüllung oder in die Tanklastwagen von Großkunden abgefüllt werden“, erklärt Hannes Bosch.

Noch bis Ende November dauert die Annahme. „Wir freuen uns über jeden Apfel, weil der Saft vom Streuobst sehr begehrt ist“, sagt Kira Bosch. Sie arbeitet gerne im Fruchtsaftbetrieb, weil sie eine Faszination für alles hat, was aus dem Boden wächst. „Und von den aufgeklaubten Äpfeln hat man lange was“, fügt sie schmunzelnd an. Die Arbeitsaufteilung im Familienunternehmen ist eingespielt: „Wir Frauen kaufen das Obst ein, und die Männer verarbeiten es.“ Für die Winterzeit hat Gudrun Bosch noch einen Geheimtipp: Glühmost. „Klaren Apfelmost mit Orangen, Zitronen, Nelken, Zimt und Zucker anreichern und erhitzen. Danach ein paar Minuten ziehen lassen und dann genießen.“