Lenninger Tal

„Arg viel mehr geht nicht“

Feier 33 Jahre war Gerhard Schneider Bürgermeister in Oberlenningen und Lenningen. Ein Empfang zu seinem 80. Geburtstag bietet Anlass zum Rückblick. Von Peter Dietrich

Großer Andrang herrschte beim Empfang zu Gerhard Schneiders 80stem. Foto: Peter Dietrich
Großer Andrang herrschte beim Empfang zu Gerhard Schneiders 80stem. Foto: Peter Dietrich

Die Einladungsliste war lang und das Unterlenninger Feuerwehrhaus gut gefüllt beim Empfang der Gemeinde Lenningen zum 80. Geburtstag von Gerhard Schneider. 33 Jahre war er Bürgermeister, ab 1966 in Oberlenningen und nach der Gemeindereform ab 1975 in ganz Lenningen. „33 Jahre Amtszeit waren früher gar nicht so außergewöhnlich“, sagte sein Nachfolger Michael Schlecht.

Als Gerhard Schneider 1966 im zweiten Wahlgang mit 60 Prozent der Stimmen gewählt wurde, lag die Wahlbeteiligung bei traumhaften 93,3 Prozent. Bei den Wiederwahlen erreichte er stets Zustimmungswerte von knapp 80 Prozent und mehr. Das galt auch 1991, als der Remstalrebell Helmut Palmer gegen ihn antrat. So hohe Zustimmungswerte bewiesen laut Michael Schlecht, welches Vertrauen Schneider in der Bevölkerung genoss: „Er hat sich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt.“ Er wurde nicht nur Ehrenbürger der Gemeinde, seine Auszeichnungen reichen bis zum Bundesverdienstkreuz. „Arg viel mehr geht nicht mehr“, meinte sein Nachfolger.

Michael Schlecht lobte Gerhard Schneiders Vorsitz im Förderverein für die Ortschronik. Er habe Mitstreiter gefunden, weil er nicht nur andere für die Arbeit gesucht, sondern sich selbst engagiert habe.

Er musste auch den Zusammenschluss der Gemeinden vollziehen: „Wir sind alle gleich, aber manchmal gibt es doch Unterschiede.“ Rechne man alles zusammen, habe Gerhard Schneider in 33 Jahren rund 92 Millionen Euro investiert. Dennoch hinterließ er einen schuldenfreien Kernhaushalt: „Er hat immer sinnvoll investiert, und immer zum Wohl der Bürger“, schlussfolgerte Schlecht. Über die Sanierung des Schlössles wurde viel diskutiert: „Erst als es fertig war, waren alle dafür.“ Natürlich handelt ein Bürgermeister nie alleine: „Ohne gute Mannschaft im Rathaus geht gar nichts. Er war ein fordernder Chef, aber ich glaube, er war ein guter Chef.“

Den Kreistag hat Schneider von 1984 bis 2014 geprägt. Von 1989 bis 2011 war er Sprecher des Verwaltungs- und Finanzausschusses, von 1999 bis 2011 CDU-Fraktionsvorsitzender. Schlecht lobte die „ruhige und besonnene Art und Fachkompetenz“ seines Vorgängers und auch sein Verhalten nach Ende seiner Amtszeit: „Er hat mich unkommentiert schaffen lassen.“ Alle Verdienste seien auch ein Werk der Ehefrau, Michael Schlecht sprach von „Gerhards Werk und Hannelores Beitrag“.

Auch dank der Organisatorin Hannelore Schneider gibt es seit 1989 den Lenninger Seniorengemeinderat. Für diesen sprach Karl Siegel, der 1980 erstmals in den Gemeinderat gewählt und später stellvertretender Bürgermeister wurde. „Wir haben miteinander 20 Jahre verbracht. Es ist mir gelungen, alle Unterschriften der Seniorengemeinderäte auf der Grußkarte zu versammeln.“ Zum Essensgutschein gab es 30 Rosen, eine von jedem Seniorengemeinderat. Für die Bürgermeister der Umgebung würdigte Hermann Bauer, ehemaliger Bürgermeister von Weilheim, Schneider als „verlässlichen, aufrichtigen und geradlinigen Kollegen“.

Nach einem „In dir ist Freude“ des Musizierkreises der Musikschule Lenningen revanchierte sich der Jubilar mit Anekdoten.

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Empfang der Gemeinde Lenningen im Feuerwehrhaus Unterlenningen zum 80. Geburtstag von Bürgermeister a.D. Gerhard Schneider - hie
Empfang der Gemeinde Lenningen im Feuerwehrhaus Unterlenningen zum 80. Geburtstag von Bürgermeister a.D. Gerhard Schneider - hier plaudert er ganz ordentlich und sehr unterhaltsam aus dem Nähkästchen

Die Papierfabrik: „Als ich 1966 Bürgermeister wurde, war die Papierfabrik Scheufelen 111 Jahre alt“, sagte Gerhard Schneider. Sie hatte damals über 2 000 Mitarbeiter: „Schichtdienst, das war für die Landwirte gut. Die Mitarbeiter kamen bis aus Grabenstetten und anderen Orten, und zwar zu Fuß.“ Zur 100-Jahr-Feier sei sogar Bundespräsident Theodor Heuss gekommen. „Das ist wohl das einzige Mal, dass ein Bundespräsident in Lenningen war.“ Anfangs hätten mehr als die Hälfte der Gemeinderäte bei der Papierfabrik gearbeitet, diese habe fast überall Grundstücke gehabt. Teils sei der Gemeinderat deshalb wegen Befangenheit nicht beschlussfähig gewesen, der Bürgermeister habe ein Baugebiet alleine beschließen müssen. Als die Fabrik ein neues Kohlekraftwerk bauen wollte, gab es Proteste, im Feuerwehrhaus standen die Kritiker bis ins Treppenhaus. Die Fabrik habe auf Gas umgestellt. „Dass dort die Lichter ausgegangen sind, erfüllt mich mit Wehmut. Aber es ist auch die Chance für eine städtebauliche Neuordnung.“

Die Kandidatur: Klaus Scheufelen saß für die CDU im Kreistag. „Das hat mich davon abgehalten, mich ebenfalls zu bewerben“, sagte Gerhard Schneider. 1984 sei dann Klaus Scheufelen zu ihm gekommen und habe gesagt, er sei nun 71 Jahre alt und werde nicht mehr kandidieren. „Ich könne jetzt, aber das müsse natürlich auf der Liste der CDU sein.“

Die Gemeindereform: Vier Jahre lang war Gerhard Schneider Bürgermeister, als der Anruf von Landrat Ernst Schaude kam: Stimme Schlattstall der Eingemeindung zu, gebe das Land eine Million Mark. In einer Bürgerversammlung gab es eine große Mehrheit für die Eingemeindung, sie kam zum 1. Januar 1971, die Million wurde komplett in die Infrastruktur des neuen Ortsteils investiert. Zum 1. Januar 1975 sollten Gutenberg und Schopfloch freiwillig folgen. Rechnerisch hätten sie im Gemeinderat jeweils 1,5 Sitze erhalten. „Wie soll man das machen, alle fünf Jahre wechseln? Sie haben dann jeweils zwei Sitze bekommen, die anderen standen zurück.“

Der 46. Geburtstag: Seinen 46. Geburtstag hat Gerhard Schneider mit der Feuerwehr gefeiert, denn am 2. Juni 1985 wurde das neue Feuerwehrhaus eingeweiht - in dem nun auch der Empfang zum 80. Geburtstag gefeiert wurde.

In Schopfloch: Mit dem Ortsvorsteher war Gerhard Schneider in Schopfloch unterwegs, wollte die Bewohner besser kennenlernen. „Als ich Grüß Gott gesagt habe, haben die Schopflocher mit „Daag“ geantwortet. Da habe ich mich angepasst und ebenfalls „Daag“ gesagt. Dann kam von den Schopflochern als Antwort ein Grüß Gott.“ Noch etwas habe er dort gelernt: Vor der Flurbereinigung hatte jeder einzelne Landwirt wunderbar fruchtbaren Boden, danach nur noch einen steinigen Acker. pd