Lenninger Tal

Auf Tour für die Eltern

Randnotiz von Anke Kirsammer zum Einkauf in Corona-Zeiten

Symbolbild
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Randnotiz: Zweimal Kukidentreiniger, 125 Gramm Butter, eine Flasche Rotkäppchen klassik - Rotkäppchen? Der Aufschrieb auf der Einkaufsliste macht stutzig: Die beiden wollen Sekt, die Abstinenzler, die höchstens mal bei goldenen Hochzeiten oder runden Geburtstagen an einem Gläschen nippen? Jetzt gehört man zu der Sorte Mensch, die überall ungeniert ins Smartphone plappern.

Das Altglas im Elternhaus bringt es ans Tageslicht: „Rotbäckchen klassik“ - natürlich, die braune Flasche mit dem Kopftuchmädchen, ohne die zu Röhrenbildschirmzeiten ein gesundes Aufwachsen undenkbar war und deren Eisengehalt nun 80-Jährige gegen Corona stählt.

Die Kindertage rücken in Erinnerung: Damals wurde man mit dem Einkaufszettel losgeschickt, drückte sich im Laden herum, bis die Verkäuferin den hilflosen Blick beachtete. Man wusste nicht, was die schwungvolle Hieroglyphe für Pfund sollte, schlimmer - auch die schwäbischen Frauen hinter der Theke zermarterten sich über die Cervelatwurst das Hirn. Das mit der speziellen Salami flutscht heute besser, der Obst- und Gemüsehändler um die Ecke weiß genau, welche Kartoffeln, Äpfel und Karotten er alle paar Tage in den grünen Plastikbottich legt. Trotzdem gerät der Einkauf immer wieder ins Stocken, als wäre man in einem frisch umgeräumten Laden. Auch andere suchen das Kühlregal verzweifelt nach für sie unbekannten Joghurt- und Käsesorten in Kleinstpackungen ab. Die Hefe springt einem selbst nach minutenlangem Abscannen der oberen Reihe nicht ins Auge. Kein Wunder: Die Chefin hütet die grauen Würfel seit Tagen wie kostbare Juwelen in einem geheimen Winkel für Stammkunden. Was, wenn das Müsli vergriffen, der magenschonende Kaffee erst in zwei Tagen wieder geliefert wird? Dann, ja nicht nur dann, geht es erneut auf Tour mit einem Einkaufszettel, der Improvisationstalent fordert - aber das ist in Zeiten von „Rotkäppchen klassik“ und leeren Klopapierregalen ja ohnehin gefragt.