Lenninger Tal

Bei Weitem nicht ausgelaugt

Die Lenninger Bäckerin Sandra Salcher belegt den ersten Platz bei Brezelwettbewerb in Südtirol

Des Schwaben liebste Backware dürfte wohl die Brezel sein. Ob zwischendurch oder beim ausgedehnten Wochenendfrühstück genossen, mit Marmelade bestrichen oder herzhaft belegt – das traditionsreiche Laugengebäck gehört zum Südwesten wie Most und Spätzle.

Sandra Salcher belegte beim Brezelwettbewerb in Südtirol den ersten Platz. In ihrer Bäckerei in Lenningen wandern jede Woche run
Sandra Salcher belegte beim Brezelwettbewerb in Südtirol den ersten Platz. In ihrer Bäckerei in Lenningen wandern jede Woche rund 3¿700 Brezeln über die Ladentheke. Foto: Daniela Haußmann

Lenningen. Nicht selten wird an der Qualität der Brezel die Handwerkskunst eines Bäckers bemessen. Dass die Bäckerei Salcher in Lenningen hier gut positioniert ist, stellte Sandra Salcher erst kürzlich bei einem Brezelwettbewerb in Südtirol unter Beweis: Sie belegte den ersten Platz.

Hat wohl Gottlieb Daimler die schwäbische Brezel erfunden? Ganz sicher nicht, auch wenn das Logo des Stuttgarter Automobilherstellers das vermuten lässt. Die ohne Zweifel wohl bekannteste Geschichte, wie die Brezel entstand, ist jene von Hofbäcker Frieder aus Bad Urach. Der soll 1477 laut Sandra Salcher so schlecht gebacken haben, dass er im Kerker landete. Graf Eberhard V. sicherte ihm Begnadigung zu, wenn er ein Brot backe, durch das dreimal die Sonne scheint.

Angesicht seiner prekären Situation machte sich der Bäcker mit viel Kreativität ans Werk und entwickelte das aus einem einzigen Teigstück mit der Hand geschlungene Gebäck. „Der Legende nach sprang seine Katze auf den Ofen und stieß die Brezel in eine Wanne voller Lauge, die zum Würzen von Suppen und Fisch diente.“ Da keine Zeit mehr blieb, backte Frieder das mit Lauge überzogene Teigstück aus. Die Brezel war geboren.

Sandra Salcher hingegen begeisterte in Südtirol die Jury auf Anhieb. In gerade einmal zwei Minuten rollte die 28-jährige Unternehmerin 21 Teiglinge aus, die sie mit virtuosem Schwung um 180 Grad drehte, überkreuzte und so zu einer Brezel formte. Die Lenningerin brillierte mit einer tadellosen Ausführung und belegte den ersten Platz. Salcher sieht den Wettbewerb als persönlichen Gewinn. „Im Austausch mit den Teilnehmern habe ich viel über Traditionsgebäck aus Österreich und Südtirol erfahren“, berichtet sie. „Das liefert Impulse für neue Produkte und zeigt, wo man im Vergleich zu anderen steht.“ Im Gegenzug wurde Sandra Salcher oft nach der perfekten Brezel gefragt. „Dünne Arme mit knusprigen Knötchen, ein dicker Bauch, etwas weich und am besten noch warm – das sind die Kriterien für eine gelungene Brezel“, weiß Sandra Salcher, die in ihrer Bäckerei unter der Woche täglich 600 Exemplare der Backware verkauft und an Wochenenden rund 2 400.

Nach der Portionierung in der Hörnchenwickelmaschine werden die Rohlinge zu etwa 50 Zentimeter langen Strängen ausgerollt. Dann wird der Teig, wie bereits beschrieben, in die typische Brezelform geschlungen. „Bis ein Lehrling das perfekt und mit gutem Tempo beherrscht, vergeht gut ein Jahr“, erzählt Sandra Salcher. „Auch wenn die meisten Arbeitsgänge automatisiert sind, setzen die meisten Bäckereien bei der Brezel nach wie vor auf Handarbeit.“ Deshalb sollte jeder Handgriff sitzen.

Nach dem Schlingen kommt das Gebäck in einen 35 Grad warmen, luftfeuchten Gärschrank, erklärt Salcher. „Etwa 20 Minuten später wandern die Brezeln in einen Kühlraum, in dem sie für 30 Minuten absteifen, also gekühlt werden. So gewinnt der Teig an Stabilität, damit er beim Einlaugen und Einschießen in den Ofen nicht zusammenfällt.“ Im Verlauf der Kühlung bilde sich auf der Teigoberfläche eine dünne Haut, die verhindere, dass die Lauge zu tief in den Teig eindringe. „Das garantiert, dass die Brezel außen braun und innen weiß ist“, so Salcher. „Nach der Kühlung wird Natronlauge aufgetragen, der Bauch eingeschnitten und der Teig mit Salz bestreut.“ Dann wandern die Brezeln bei 240 Grad für 12 bis 15 Minuten in den Ofen.

Da die maximale Konzentration einer Lauge beim Benetzen der Teiglinge maximal vier Prozent betragen darf, muss die 36-prozentige Natronlauge laut Sandra Salcher mit Wasser verdünnt werden. Da kommt beim Laien die Frage auf, was eine chemische Verbindung, die auf der Haut ätzt, auf einem Lebensmittel zu suchen hat. „Beim Backen reagiert die Natronlauge mit dem Kohlendioxid, das aus den Teiglingen entweicht, und wird in Kaliumkarbonat, also harmloses Soda, umgewandelt“, klärt die Brezelexpertin auf. „Laugengebäck ist sehr bekömmlich und hilft sogar gegen Magenverstimmungen, wenn es einen Tag aufbewahrt wird.“