Lenninger Tal

Bestechung oder Lobbyarbeit?

Der Hülbener Ex-Bürgermeister Hans Notter geht vor dem Stuttgarter Landgericht in Berufung

Gestern begann vor dem Landgericht die Berufungsverhandlung gegen Hans Notter. Der Hülbener Ex-Bürgermeister war vom Amtsgericht Nürtingen im Januar 2014 wegen Bestechung zu einer Geldstrafe von 27 000 Euro verurteilt worden. Gegen das Urteil waren sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft in Berufung gegangen.

Kreis Esslingen. Hans Notter bekräftigte, dass er und seine Verteidigerin ­Margrete Haimayer dadurch einen Freispruch erwirken wollen. Nun muss die 36. Kleine Strafkammer des Landgerichts unter dem Vorsitz von Richter Dr. Alexander Stuckert erneut klären, wo Lobbyarbeit aufhört und Korruption beginnt.

Notter war als ehemaliger Vorsitzender des Neckar-Elektrizitätsverbandes (NEV) und Ex-Aufsichtsratsmitglied der Neckarwerke nach seinem Ausscheiden als Bürgermeister von der EnBW als Berater engagiert worden. Mit einer eigenen Beratergesellschaft hat er auf Honorarbasis für den Energiekonzern gearbeitet. Laut Dienstleistungsvertrag habe ihm das Unternehmen dafür 5 000 Euro pro Monat gezahlt, zuzüglich Spesen.

Als es zwischen 2009 und 2012 darum ging, die Stromkonzessionen der Gemeinden in Baden-Württemberg neu zu vergeben, habe Hans Notter mit etlichen Bürgermeistern Kontakt aufgenommen. An die 100 Beratungsgespräche seien es gewesen, sagt der Angeklagte. Darunter auch zwei mit Neckartenzlingens Bürgermeister Herbert Krüger.

Die Kontaktaufnahme haben beide unterschiedlich in Erinnerung: Herbert Krüger sagt, der EnBW-Mann habe ihn angerufen und ihn zum Essen eingeladen. Hans Notter will von Krüger auf das Thema angesprochen worden sein. Zweimal sei man zusammen zum Mittagessen gewesen – außerhalb Neckartenzlingens. Dabei habe man sich über das neue Energiewirtschaftsgesetz und die anstehende Konzessionsvergabe unterhalten.

Herbert Krüger, der den Fall später durch einen Anruf bei der Staatsanwaltschaft ins Rollen brachte, behauptet, Notter habe ihm in Aussicht gestellt, das große EnBW-Sommer-Schirmzelt für Dorffeste oder Ähnliches kostenlos nutzen zu dürfen. Im Gegenzug solle er sich dafür einsetzen, dass der Energiekonzern wieder die Stromkonzession für die Gemeinde Neckartenzlingen erhalte.

Diesen Vorwurf bestritt der Angeklagte auch vor dem Landgericht. Vielmehr sei es der Neckartenzlinger Schultes gewesen, der nach dem Zelt verlangt habe. Doch habe Notter Krüger darauf hingewiesen, dass er gar nicht dazu befugt sei, diese Zusage zu machen. Dafür müsse ein gesonderter Sponsoring-Vertrag mit dem Unternehmen ausgehandelt werden. Während laufender Ausschreibungen sei dies ohnehin nur in Ausnahmefällen möglich.

Das bestätigte auch der damals für die Konzessionierungen der EnBW verantwortliche Geschäftsführer. Allerdings wies er auch darauf hin, dass die Compliance-Richtlinien der EnBW nicht Bestandteil des Beratervertrags mit Notter gewesen seien.

Richter Alexander Stuckert wollte wissen, was für Folgen es gehabt hätte, wenn der Neckartenzlinger Bürgermeister zwei Mal klar eine Zusatzleistung für seinen Einsatz gefordert hätte: „Dann hätte ich Herrn Notter zurückgezogen“, gab er zu Protokoll. Man wäre dann von Unternehmensseite direkt in Kontakt getreten, um den Fall zu klären und hätte im Zweifel die Bewerbung nicht weiterverfolgt. Der Prozess wird am Mittwoch, 26. August, fortgesetzt.