Lenninger Tal

Das geistliche Wort

Einmal sagte der inzwischen verstorbene Schauspieler Sir Peter Ustinov, als man ihn auf seine Rolle in seinem Lutherfilm angesprochen hatte: „Endlich fange ich an, etwas zu glauben.“ Eigentlich war Sir Peter Ustinov eher bekannt als ein Mensch, der mit dem Glauben nicht viel anzufangen wusste. Als er aber in dem Lutherfilm die Rolle Friedrichs des Weisen spielen sollte, der Luther in Schutzhaft nahm und auf der Wartburg versteckte, fand er Zugang zum Glauben.

Weil Ustinov als Friedrich der Weise im Film unbedingt mit Luther zusammentreffen wollte - diese Begegnung ist historisch nicht belegt - bestand er darauf, dass das so dargestellt werden sollte. Vielleicht mag in dieser Filmszene etwas Unhistorisches liegen, aber immerhin hatte sie ihn doch verändert. Natürlich kann man es für fragwürdig halten, wenn man die Geschichte so ändert, aber es liegt doch auch eine Portion Trost und Hoffnung darin. Muss die Vergangenheit unbedingt so bleiben wie sie ist, wenn damit niemand verletzt wird?

Ist das auch in meiner Lebensgeschichte möglich, dass die Vergangenheit nicht nur so etwas wie völlig zementiert ist? Kann ich Gewesenes auch anders sehen und deuten oder auch eine andere Rolle einnehmen, sodass die alte Geschichte nicht mehr bestimmend bleibt, sondern Neues sich öffnen kann? Die Passionszeit kann dazu anleiten.

Menschen, die die Leidenszeit Jesu bedenken, begreifen in der Geschichte Jesu das Kreuz nicht als ein Scheitern seiner Geschichte, sondern entdecken darin eine Hoffnung, die über den Tod aufersteht. Dadurch verstehen sie ihr eigenes Leben als ein neues. Das ist der tiefere Sinn dieses Leidens und Sterbens Jesu, dass wir da­raus lernen können, dass das Leben wiederkehrt. Wenn aus der Schicksalshaftigkeit des Kreuzes eine Begegnung mit Gott wird, können wir endlich anfangen, etwas zu glauben. Schlüpfen Sie in der Passionszeit einmal in eine andere „Rolle“ und lassen aus dem Gewesenen eine Begegnung werden, die Sie anfangen lässt, zu glauben!

Arnd Kaiser Pfarrer an der evangelischen Stadtkirchengemeinde in Kirchheim