Lenninger Tal

Das geistliche Wort

Wir befinden uns mitten in der Fastenzeit. So nennen wir die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag. Da hat sich vielleicht so mancher vorgenommen, dieses Jahr richtig zu fasten - und wenn es nur für ein paar Tage oder eine Woche ist. Es gibt ja ganz verschiedene Arten des Fastens: manche nehmen nur Wasser und Kräutertee zu sich, andere genehmigen sich eine dünne Gemüsesuppe, einen Fruchtsaft und vielleicht sogar einen Kaffee. Wieder andere bevorzugen das Heilfasten oder essen nur Weißbrötchen mit Milch. Die meisten fasten, weil sie sich auch etwas Gewichtsverlust versprechen. Andere tun es aus Solidarität mit Menschen, die hungern, und spenden das, was sie fürs Essen gespart haben. Viele möchten fasten, weil sie zeigen wollen, dass sie auf etwas verzichten können. Aber einige fasten auch, um glücklich zu werden. Sie haben gehört oder gelesen, dass am dritten oder vierten Fastentag Glücksgefühle entstehen. Also: Dann faste ich, um glücklich zu sein? Kann denn Fasten wirklich glücklich machen?

Von Jesus wissen wir, dass er einmal 40 Tage lang gefastet hat - und anschließend der Versuchung durch den Teufel nicht erlegen ist. Aber, Jesus hat nicht gesagt, dass seine Jünger oder seine Nachfolger fasten sollen, um glücklich zu sein. Er preist nicht die Fastenden glücklich, also die die aufs Essen verzichten, sondern - und das wissen wir aus der Bergpredigt - er preist Menschen glücklich, die auf ganz andere Dinge verzichten:

Glücklich, die arm sind vor Gott, die auf Ruhm und Ansehen, auf Geld und Wohlstand, auf Titel und Ränge verzichten.

Glücklich die Trauernden, die verzichten auf billigen Trost oder auf „vertröstet“ werden; die verzichten auf das „einfach zur Geschäftsordnung übergehen“, die sich aufwühlen lassen und trauern über eine Welt, die aus dem Lot geraten ist.

Glücklich die Sanftmütigen, die auf Gewalt und Konfrontation verzichten, die nicht mit scharfen Worten verletzen, die sich nicht provozieren lassen.

Glücklich, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit - die verzichten auf ein ruhiges , behagliches Leben und sich einsetzen für andere, denen Unrecht getan wird.

Glücklich die Barmherzigen, die verzichten auf Rache, Genugtuung und Prinzipienreiterei zugunsten von Mitgefühl und Mitleid.

Glücklich, die ein reines Herz haben, die verzichten auf alles, was Herz und Gemüt und Verstand „verschmutzen“ und besudeln könnte, die sich raushalten aus übler Nachrede, Spott und Mobbing und die nicht über andere herziehen und lästern.

Glücklich die Friedensstifter, die verzichten auf Rechthaberei und jegliche Gewaltanwendung, die Streit schlichten und gewaltfrei Konflikte zu lösen versuchen.

Macht Verzicht glücklich? Ich glaube ja! Jesus selbst hat es uns zugesagt. Wir verlieren dadurch zwar keine Pfunde und kommen vielleicht auch nicht in „euphorische Sphären“, aber wir kommen Gott und unseren Mitmenschen näher. Wir erkennen, was wirklich zählt. Fasten in der Fastenzeit muss nicht immer Verzicht auf Essen und Trinken und Süßigkeiten und Alkohol sein, Fasten kann auch Verzichten sein auf etwas, das nicht gut für mich, meine Mitmenschen, meine Umwelt ist. Ich könnte mir eine To-do-Liste des Verzichtens machen: 1001 Dinge.

Und in der Bergpredigt erwartet die Verzichtenden, die von Jesus glücklich Gepriesenen sogar noch ein Geschenk: Ihnen wird das Himmelreich versprochen, Trost und Sättigung, Barmherzigkeit; sie werden Gott schauen und Kinder Gottes genannt werden. „Fasten“ kann glücklich machen: „Verzichten“ von Herzen macht immer glücklich.

Sabina Brandenstein

Pastoralreferentin in Maria Königin