Lenninger Tal

Das Lenninger Tal schlägt Krach

Stellungnahmen der Behörden zum Lärmaktionsplan bringen Gemeinderäte auf die Palme

Deftige Worte fanden Owener und Lenninger Gemeinderäte auf die Reaktionen von Regierungspräsidium (RP) und Landratsamt zum gemeinsamen Lärmaktionsplan. Um möglichst schnell eine Sanierung der Ortsdurchfahrten zu bekommen, wird nun Druck gemacht.

Lärmgeplagte Anwohner der B¿465 im Lenninger Tal, wie hier in Brucken, müssen tagtäglich einiges an Krach ertragen. Mit einem Du
Lärmgeplagte Anwohner der B¿465 im Lenninger Tal, wie hier in Brucken, müssen tagtäglich einiges an Krach ertragen. Mit einem Durchfahrtsverbot für Lkw dürfen sie nach den Reaktionen von RP und Esslinger Straßenverkehrsamt nicht mehr rechnen.Foto: Deniz Calagan

Owen/Lenningen. RP und Landratsamt fegen das Gros der Forderungen des von Owen und Lenningen erstellten Lärmaktionsplans vom Tisch. Kernpunkte wie ein Lkw-Durchfahrtsverbot und das Aufbringen eines sogenannten Flüsterasphalts sind damit ad acta gelegt (wir berichteten). Hoffen können die lärmgeplagten Anwohner einzig auf eine Sanierung mit einem Belag, der statt der erwarteten vier wenigstens zwei Dezibel bringt. Die Behörden sehen eine Umsetzung in zwei bis fünf Jahren als notwendig an. Darauf sollen sie nun in Antwortschreiben festgenagelt werden. Mit entsprechenden Vorstößen rannten Owener und Lenninger Verwaltung bei den Gemeinderäten offene Türen ein.

Ernüchtert blickte Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger auf das Gespräch im RP zurück. „Wir hatten ein Höchstmaß an Bürgerbeteiligung und gute Vorschläge. Weil wir nicht Straßenbaulastträger sind, sind wir aber auf den Good Will anderer angewiesen.“ Etwas Positives kann die Rathauschefin der Reaktion der Behörden dennoch abgewinnen: Die Zusage, einen Splittmastixasphalt 0/8 und optimierte Schachtanlagen zu bekommen, werde eine deutliche Verbesserung bringen. Ein Flüsterasphalt sei zudem kein Allheilmittel, da offenporige Beläge sich zusetzten und öfter saniert werden müssten. „Erschreckend“ findet Verena Grötzinger indes, dass Laster Ziele im Umkreis von 75 Kilometern ansteuern können, ohne als Durchgangsverkehr zu gelten. Weil das Lenninger Tal bei Staus auf der Autobahn offizielle Umleitungsstrecke ist, ließen sich auch Lkw, die deshalb durch die Ortschaften fahren, nicht ausbremsen. „Wir müssen zum Wohle der Anwohner das Bestmögliche rausholen.“ Dazu gehört für die Rathauschefin, im Rahmen einer Verkehrsschau beispielsweise das Optimieren von Einfädelbereichen und den Standort von Ortsschildern anzusprechen.

Wie seine Owener Amtskollegin betonte Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht, dass die beiden Kommunen beim Thema Lärmminimierung weiterhin im Gleichschritt unterwegs sind. Er sei „enttäuscht, aber nicht überrascht“. Dennoch habe er sich von RP und Landratsamt mehr Unterstützungswillen erhofft. Zudem vermutet Schlecht, dass es in einzelnen Fragen auch einen Ermessensspielraum gegeben hätte. In Sachen Lkw-Durchgangsverkehr müsse man die Rechtslage zur Kenntnis nehmen. Irritiert war er über die Behauptung des RP, dass es im Lenninger Tal keine Maut-Flüchtlinge geben soll. „Wurde das berechnet oder mit Drohnen festgestellt?“, fragte er mit zynischem Unterton. Da die B 465 eine der großen Strecken ist, die dem Materialtransport für Stuttgart 21 dient, sei eine Lkw-Reduzierung nicht erfolgsversprechend. „Das Thema ist durch“, so Schlecht. Der Bürgermeister setzt nun auf eine schnellstmögliche Belagsanierung.

Festhalten wollen die beiden Kommunen auch an der Forderung, zwischen den Ortschaften Tempo 50 zu bekommen, um den Verkehr zu verstetigen. Tempo 30 in den Ortsdurchfahrten ist in Lenningen weiterhin tabu. Owen möchte das Thema zu einem späteren Zeitpunkt diskutieren, wenn Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen wurden.

Versprochen hatten sich Owen und Lenningen in ihrem Lärmaktionsplan auch einiges von modernen stationären Blitzanlagen. Von Behördenseite ist jedoch lediglich die Rede von Starenkästen. „Deren abschreckende Wirkung ist längst vorbei“, meinte Schlecht. Resignativ stellte er fest: „Wir wecken in der Bürgerschaft Hoffnung und haben laut RP einen vorbildlichen Lärmaktionsplan. Jetzt haben wir lediglich ein paar Ankündigungen.“

Trotz allem hält Schlecht den Lärmaktionsplan nicht für Kokolores, Auch bei eigenen Maßnahmen müsse man sich an das Papier halten und man habe etwas in der Hand, falls sich die Rechtslage ändert. „Uns geht es darum, für diejenigen, die an der Straße wohnen, so zeitnah wie möglich etwas rauszuholen.“

Jeweils einstimmig votierten die Räte dafür, Schreiben an RP und Landratsamt zu richten, in denen insbesondere eine zeitnahe Sanierung des Belags in den Ortsdurchfahrten gefordert wird.

Unter anderem aufgrund der vielen Fußgängerampeln sieht das Esslinger Straßenbauamt die Realisierbarkeit einer von der Stadt Owen geforderten „grünen Welle“ kritisch. Deshalb beauftragte der Owener Rat die Verwaltung darüber hinaus, zu ermitteln, was es kosten würde zu prüfen, ob eine entsprechende Anpassung der Ampeln doch sinnvoll wäre.

Viel Lärm um nichts?

Das hatten sich die Anwohner der B 465 in Lenningen und Owen anders vorgestellt: Im Oktober vergangenen Jahres wurde ihnen mit dem Lärmaktionsplan in Aussicht gestellt, in nicht allzu ferner Zukunft einen Flüsterasphalt vor die Haustüren zu bekommen. Mithilfe eines Lkw-Durchfahrtsverbots sollten längerfristig ein paar Laster weniger als bisher über die Schachtdeckel donnern. Die Stellungnahmen von RP und Esslinger Straßenverkehrsamt zeigen, dass die beiden Behörden offensichtlich vor den Bitten der Anlieger die Ohren verschließen. Dass nicht sein kann, was nicht sein darf, beweist auch der Hinweis auf einen Bericht der Bundesregierung, wonach im Lenninger Tal nicht von einer zusätzlichen Belastung durch Maut-Flüchtlinge ausgegangen werden könne.

Die Kommunen haben mit dem Aufstellen des Lärmaktionsplans und der aufwendigen Bürgerbeteiligung mehr als ihre Pflicht getan. Für das Lob, das es dafür auch von höherer Stelle gab, kann sich allerdings keiner etwas kaufen. Fragen muss sich der hinzugezogene Fachplaner gefallen lassen, dessen Büro immerhin 14 000 Euro eingesteckt hat. Von ihm hätte man erwarten müssen, dass er um die 75-Kilometer-Regelung für Lkw weiß und er sagen kann, welche Beläge innerorts zulässig sind. Sich damit herauszureden, dass andere Regierungspräsidien anders entscheiden, nützt da herzlich wenig.

Wurde mit dem Lärmaktionsplan letztlich viel Lärm um nichts gemacht? Damit er nicht gänzlich ohne Echo verhallt, müssen Betroffene und die Kommunen sich nun lautstark Gehör verschaffen und sich auf die Aussagen des RP berufen, das eine mittelfristige Sanierung für geboten hält.ANKE KIRSAMMER