Lenninger Tal

„Der Lüxen ist zum Wohl aller“

Wohnungsbau Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht wehrt sich gegen Vorwürfe einer Bürgerinitiative. Die Gemeinde hat im Tal keine eigenen Baugrundstücke mehr zu verkaufen. Von Anke Kirsammer

Auf dem zwei Hektar großen Gebiet am Ortsrand von Brucken sollen bis zu 32 Wohneinheiten entstehen. Das gefällt nicht allen. Arc
Auf dem zwei Hektar großen Gebiet am Ortsrand von Brucken sollen bis zu 32 Wohneinheiten entstehen. Das gefällt nicht allen. Archiv-Foto: Jean-Luc Jacques

Lange bevor im Bruckener Baugebiet Lüxen der erste Bagger anrollt, werden von einer Bürgerinitiative scharfe Geschütze aufgefahren. Weil die Gemeinde, wie andernorts üblich, vor der Umlegung sämtliche Flächen aufkaufen möchte, werfen die Initiatoren ihr vor, mit Grundstücksspekulationen zulasten und auf dem Rücken der Bürger Gewinne zu erzielen. Die Gemeindeverwaltung sei kein Wirtschaftsunternehmen, sondern eine von der Bevölkerung bezahlte Institution, die ausschließlich zum Wohle und Nutzen der Einwohner handeln dürfe (wir berichteten).

„Das ist starker Tobak“, sagt Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht dazu. Wie er betont, teilt der Gemeinderat seinen Ärger über die Vorwürfe. Weise die Kommune keine Baugebiete aus, verknappe das Grundstücke. Genau das aber würde die Preise in die Höhe treiben. Ein neues Wohngebiet sei gerade zum Nutzen der gesamten Bevölkerung. Das hätten ihm zahlreiche Gespräche mit Bürgern gezeigt, die händeringend ein Grundstück suchen. Schlecht weist darauf hin, dass es in Brucken seit der Erschließung des Baugebiets Merzenäcker in den 1980er-Jahren kein Baugebiet mehr gegeben hat. „Eine ganze Generation von Bruckenern konnte nicht im eigenen Ortsteil bauen. Wir möchten, dass Leute, die dort bleiben wollen, auch dort bleiben können.“ Zudem enteigne die Gemeinde niemanden, sondern die Grundstücksbesitzer könnten selbst entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht.

"Die Zahl stimmt nicht"

Den Aufkauf des gesamten zwei Hektar großen Gebiets habe die Gemeinde auch beschlossen, um nicht weiter unnötig Flächen zu verbrauchen. Bleiben Grundstücke innerhalb eines Wohngebiets wie früher in privater Hand, führe das zu sogenannten „Enkelgrundstücken“, die meist nicht veräußert werden. Genau auf solche Flächen verweist die Bürgerinitiative aber, wenn sie sagt, dass es in der Gemeinde Baulücken und unbebautes, aber erschlossenes Bauland von rund 16 Hektar gibt. Die Zahl war Ausfluss des Programms „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“, an dem Lenningen 2012 teilgenommen hatte. „Die Zahl stimmt nicht“, betont Schlecht. Zum einen seien die Baulücken in den vergangenen Jahren erheblich geschrumpft, zum anderen gebe es viele private Grundstücke, so Michael Schlecht. Die Gemeinde selbst hat im Tal derzeit keine Bauplätze mehr zu verkaufen, in Hochwang und Schopfloch insgesamt noch acht. „Wo sind die Flächen?“, fragt er sich. Das Bruckener Gebiet Ailen steht nicht mehr im Flächennutzungsplan, ein auf der rechten Seite am Ortsausgang Richtung Owen gelegenes Gebiet wiederum ist dem Rathauschef zufolge lediglich 0,3 Hektar groß.

„Wenn man weiß, wie viele Menschen auf der Suche nach Baugrund sind, ist das unverschämt“

Anmaßend findet er es, dass die Bürgerinitiative hinterfragt, ob die Erschließung eines neuen Baugebiets zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt erforderlich ist. „Wenn man weiß, wie viele Menschen auf der Suche nach Baugrund sind, ist das unverschämt“, so die Reaktion des Bürgermeisters, der regelmäßig Anfragen von bauwilligen Lenningern und Auswärtigen hat. Im Übrigen sei das Gebiet schon lange als künftiges Wohnbaugebiet ausgewiesen. Wie es natur- und artenschutzrechtlich um das Gelände bestellt ist, werde selbstverständlich geprüft. Auf dem unterhalb des Gelben Felsens gelegenen Gebiet sollen nicht mehr als maximal 32 Wohneinheiten entstehen. Die Gemeinde plant, drei Büros zu einem städtebaulichen Wettbewerb einzuladen. „Das zeigt, dass wir dort nicht um jeden Preis alles rausholen wollen“, so Schlecht. Er wünscht sich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Auswärtigen und Lenningern. „Jeder Einwohner stärkt die Infrastruktur, und das nutzt allen.“ Das beginne beim Kindergarten und reiche über die Vereine bis zum Haus der Musik.

Sauer stößt dem Rathauschef auf, dass die Bürgerinitiative nicht offenlegt, wer dahintersteht. Auch in der Zeitung wollen die Initiatoren ihre Namen nicht lesen. Über den genauen Wohnort der Mitglieder kann deshalb nur spekuliert werden. In der Pressemitteilung hatten die Bürger darauf abgehoben, dass ein neues Baugebiet zusätzliche Verkehrs- und Lärmbelästigung sowie Luftverschmutzung mit sich bringt. „Es ist zum Wohl für die gesamte Bevölkerung, möglicherweise aber nicht zum Wohl der direkten Anwohner“, so Schlecht.