Lenninger Tal

Die Alb, eine Landschaft in Bewegung

Serie Von wegen „Schwäbisch Sibirien“! Die Alb ist Geopark, Biosphärengebiet und zugleich Entdeckerland mit millionenjahre­alter Geschichte (1). Von Michael Hägele

Vom Randecker Maar reicht der Blick bei klarer Sicht auf typische „Zeugenberge“, die Kaiserberge bei Göppingen. Im Vordergrund i
Vom Randecker Maar reicht der Blick bei klarer Sicht auf typische „Zeugenberge“, die Kaiserberge bei Göppingen. Im Vordergrund ist die Limburg zu sehen. Foto: Dieter Ruoff
In der Reliefkarte lassen sich die Teillandschaften der Schwäbischen Alb gut erkennen. Quelle: storytelling.swp.de/albwandel
In der Reliefkartelassen sich dieTeillandschaftender Schwäbischen Albgut erkennen.Quelle: storytelling.swp.de/albwandel

Die Schwäbische Alb liegt als Mittelgebirgsriegel im Südwesten Deutschlands. Sie erstreckt sich in etwa zwischen oberem Neckar und Donau von Südwesten nach Nordosten. Die Hochfläche Schwäbische Alb ist an der Grenze zu Bayern durch den 15 Millionen Jahre alten Meteoritenkrater des Nördlinger Rieses von der Fränkischen Alb getrennt. Zusammen bilden beide Mittelgebirge das größte zusammenhängende Karstgebiet Mitteleuropas. Weil ganz Baden-Württemberg durch übereinander gelagerte Gesteinsschichten einer Treppe mit um etwa drei Grad nach Südosten hin abfallenden Stufen ähnelt, spricht man von der Südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft mit der Alb als oberster „Treppenstufe“. Wenn man die Alb vom Neckar zur Donau hin einteilt, kommen drei charakteristische Teillandschaften zutage.

Als die Alb bis Stuttgart ging

Im Norden ragt der sogenannte Albtrauf bis 500 Meter steil und mit teils weithin sichtbaren Felsklippen über die Städte im Albvorland auf über eine Länge von fast 150 Kilometern. Der Steilabfall ist durch Bäche und Flüsse untergliedert. Einzelne kegel- und tafelförmige Berge stehen als Reste abgetrennter Teile der Hochfläche im Albvorland. Weil sie bezeugen, dass die Alb früher einmal weiter nach Norden reichte, nennt man sie Zeugenberge. Die bekanntesten Beispiele sind die sogenannten Kaiserberge, Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen zwischen Göppingen und Schwäbisch Gmünd, aber auch die Achalm bei Reutlingen. Angebliche Juragesteinsfragmente in der Tufffüllung des Scharnhauser Vulkanschlotes galten bislang als Beweis dafür, dass die Alb einmal bis fast nach Stuttgart reichte. Mithilfe des Alters des Vulkangesteins konnte man berechnen, dass der Albtrauf um etwa 1,3 Meter pro Jahrtausend abgetragen wird. Es gibt jedoch Zweifel an der Richtigkeit dieser Berechnung. Grundsätzlich steht jedoch fest, dass die Schichten des weißen Jura ehemals viel weiter reichten. Die Abtragung lässt sich am Albtrauf in Form kleinerer Steinschläge beinahe täglich beobachten. Flüsse und Bäche in den weit eingeschnittenen Tälern tragen zudem Material ab. Die Hänge werden steiler, schließlich instabil und rutschen ab. Bei solchen Ereignissen wird kurz und rasch sehr viel Material bewegt. Dass der Albtrauf aufgrund der Schwerkraft in Bewegung ist, zeigen auch die immer wieder notwendigen Millionensummen zur Instandhaltung der Straßen auf die Alb.

Über diese Steigen, gelangt man in die nächste Teillandschaft, die Kuppenalb. Diese ist abwechslungsreich in unzählige, meist bewaldete Hügel und diese umgebende Senken gegliedert. In der Zeit des tropischen Jurameeres, in dem bis vor etwa 145 Millionen Jahren die heutigen Gesteine abgelagert wurden, waren hier Korallenriffe. Die massigen, stabilen Kalke konnten in den nachfolgenden Jahrmillionen schlechter abgetragen werden als die zwischen ihnen liegenden mergeligen, tonigen Kalkschichten. Ein bekanntes Beispiel für eine solche Senke zwischen Hügeln ist die sogenannte Münsinger Wanne.

In der Brandung des Meeres

Weiter im Süden fehlen die Erhebungen plötzlich, man hat die Flächenalb erreicht. Diese Landschaft hat ihr heutiges Aussehen den Wellen des Tethysmeeres zu verdanken, das vor rund 25 bis 18 Millionen Jahren anbrandete. Im Lauf von Jahrmillionen wurden hier die Kuppen der Alb Brecher um Brecher abgetragen.