Lenninger Tal

Die Instrumente erschallen zum Lob

Jubiläum Der Posaunenchor Owen besteht seit 100 Jahren. Das feiert die größte Gruppe des CVJM Owen gebührend mit einem Konzert, dem Bezirksposaunentag und einem Festgottesdienst. Von Iris Häfner

Der Posaunenchor Owen in seiner aktuellen Besetzung. Foto: Stotz
Der Posaunenchor Owen in seiner aktuellen Besetzung. Foto: Stotz

Was nach dem Ersten Weltkrieg mit zehn Mann begann, entwickelte sich im Laufe von 100 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte in Owen: Der Posaunenchor ist eine feste Größe im Teckstädtchen mit rund 70 aktiven Bläsern.

Bei Tuchmacher Däschler trafen sich die Männer der ersten Stunde und gründeten in der ersten Augustwoche 1919 den Posaunenchor. Eine wichtige Rolle spielte dabei der rege Jünglingsverein, aus dem später der Christliche Verein Junger Männer (CVJM) wird. Jung und Alt trafen sich jeden Sonntagabend zu Spiel und Gesang und Gebet. Mit den Nachbarvereinen pflegten die Owener eine enge Gemeinschaft, und so wurde der Wunsch der 17- bis 20-Jährigen immer drängender, ebenfalls einen Posaunenchor in Owen zu gründen. Es folgten erlebnisreiche Jahre mit Ausflügen wie auf den Hohen- urach mit befreundeten Chören. Doch schon früh musste der Owener Chor mit Einschränkungen leben. „Sehr schwierig war es, den Chor über die Jahre des Dritten Reichs zu bringen . . . Die Einflüsse der NSDAP gingen auch am Posaunenchor nicht spurlos vorbei, ja, sie brachten ihn fast zum Erliegen“, ist dazu in der Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Chors zu lesen. Als Refugium und Zuflucht diente in dieser Zeit das 1932 gebaute Haus des CVJM auf der großen Wiese vor dem Eichholz, wo es heute noch steht. Das vorübergehende Ende kam jedoch 1939: Alle Bläser wurden zur Wehrmacht eingezogen und mussten in den Krieg ziehen.

Im Herbst 1945 wagte der ehemalige Bläser Wilhelm Klein einen Neuanfang und bemühte sich, den Chor wieder aufzustellen. Doch zuerst mussten die Instrumente wieder zusammengesucht und dann, nachdem sie jahrelang verstummt waren, wieder spielbereit gemacht werden. Kupferschmiedemeister Göhring sprang in die Bresche, schließlich war er mit Kupfer und Messing vertraut, wenn auch in anderen Dimensionen. Behutsam arbeitete er mit dem Lötkolben, befestigte lose Stege und dichtete offene Stellen.

Nun war Üben für die Bläser angesagt. Sie wagten sogar am Heiligen Abend ihren ersten Auftritt und zogen beim Kurrendeblasen durch den Ort - und hatten an der Adlerbrücke eine Begegnung mit amerikanischen Soldaten, denen das Ganze suspekt vorkam, denn die Bläser hatten nicht nur ihre Instrumente dabei, sondern waren auch mit Notenständern, Laternen und Taschenlampen ausgerüstet. Die Eigenartigkeit war schnell erklärt, doch der von den Besatzern geäußerte Wunsch nach „Stille Nacht“ konnte mangels Können nicht erfüllt werden, dafür erklang ein anderes Weihnachtslied.

Der Neuanfang trug gute Früchte. Immer mehr Bläser zog es in den Posaunenchor, die musikalische Leistung steigerte sich. Das verwundert nicht beim Blick auf das aktuelle Jahrespensum. Neben der wöchentlich stattfindenden zweistündigen Probe gestaltet der Chor jeden ersten Sonntag im Monat den Gottesdienst mit. Viermal im Jahr werden die Patienten im Kirchheimer Krankenhaus mit Posaunenklängen erfreut, Ständle, Hochzeiten und Beerdigungen sind ebenfalls fester Bestandteil im Jahreskreis wie die musikalische Umrahmung bei der Kirche im Grünen, Konfirmationen oder der Bezirksposaunentag. Beim alle zwei Jahre stattfindenden Landesposaunentag in Ulm sind die Owener auch stets dabei. Im vergangenen Jahr haben sie sogar ein Sonderkonzert auf dem Fischerplätzle gegeben. Am Ostermorgen wandern die meist jüngeren Bläser jährlich abwechselnd auf die Teck oder den Brucker Fels, um die Osterbotschaft musikalisch ins Lenninger Tal zu tönen. Kurrende an Heiligabend ist das Gegenstück. Hier geht es durchs Städtle, wo die Bläser mit heißen, teils hochprozentigen Getränken und Gebäck versorgt werden und der Abschluss traditionell bei Familie Däschler stattfindet. Im Jubiläumsjahr gibt es was Besonderes: Es wird vom Turm gespielt. Eigens dafür wurde innen ein Podest eingebaut. „Aus Platzgründen sind es nur acht Bläser. Weil der Turm nicht offen ist, hört man uns leider nicht allzu weit“, bedauert Chorleiter Rainer Däschler.

Die Geselligkeit kommt beim Posaunenchor nicht zu kurz: Skifreizeit, Blonzenfest mit Jahresrückblick, 1. Mai-Wanderung, Jahresausflug, Grillen in der Talhalde vor der Sommerpause - die wegen der Kirschenernte in Owen besonders lange ausfällt - sowie Kanufreizeit und Bergwanderung sind fester Bestandteil im Bläserkalender. Dazu zählt auch das CVJM Gartenfest, bei dem der Chor auch den Gottesdienst gestaltet, denn der Posaunenchor ist die mit Abstand größte Gruppe des CVJM Owen.

Wichtig im Jahreslauf ist die Bläserserenade, die seit den 90er-Jahren im Juni stattfindet. In aufgelockerter Runde lag der musikalische Schwerpunkt auf volkstümlicher Literatur, die gerne musiziert und gehört wurde. Noch in bester Erinnerung ist die gemeinsame Serenade mit der Stadtkapelle Owen vor dem Rathaus, die nach langjährigem Ideenaustausch und Planungen 2013 stattfand. Mit den über 100 Musikern gab es davor diverse Proben, die unter anderem auf dem Reitplatz des Aussiedlerhofs Beller erfolgte. „Das würde ich gerne mal wieder machen“, sagt Rainer Däschler.

Ein Pfund, mit dem der Posaunenchor wuchern kann, ist seine erfolgreiche Jugendarbeit. In regelmäßigen Abständen werden größere Jungbläsergruppen in den Hauptchor integriert. „Damit ist unser Posaunenchor gut aufgestellt - sowohl was die Altersstruktur anbelangt, als auch das musikalische Niveau“, sagt Rainer Däschler.

„Uns ist es wichtig, mit unseren Instrumenten Gott zu loben. Das ist nicht zum Selbstzweck, sondern ein Stück weit Verkündigung. Wir spielen zwar schon auch zum Spaß - aber wir sind kein Musikverein“, stellt Rainer Däschler klar und verweist auf das Motto seines Posaunenchors: Soli Deo Gloria - Gott allein die Ehre -, wie der Owener Kirchen-Convent 1663 seine Niederschriften überschrieb. Das heißt aber nicht, dass nur Choräle gespielt werden. „Unser Auftrag und unsere Aufgabe ist es, mit moderner Musik das Lob Gottes zeitgemäß zum Ausdruck zu bringen - und da gehört auch ein Schlagzeug dazu“, sagt Rainer Däschler.