Lenninger Tal

Die romantische Burg sollte Herzogstitel zurückbringen

Geschichte Viele Aspekte führten zum Bau von Schloss Lichtenstein, nicht zuletzt der Roman von Wilhelm Hauff.

Die Trinkstube auf Schloss Lichtenstein - mit Württemberg-Wappen.
Die Trinkstube auf Schloss Lichtenstein - mit Württemberg-Wappen.

Region. Als Graf Wilhelm von Württemberg (1810-1869) von 1839 bis 1842 Schloss Lichtenstein auf den Resten einer Burg des 12. Jahrhunderts errichtete, war er ganz „Kind seiner Zeit“. Die Epoche der Romantik verklärte das Mittelalter und sehnte sich nach stolzen Burgen und ritterlichen Idealen. Doch es gab noch weitere Gründe für die Erbauung des Lichtensteins: Wilhelm Hauffs 1826 erschienener Roman „Lichtenstein“ inspirierte Graf Wilhelm, die Burg wieder auferstehen zu lassen. Im Roman findet Herzog Ulrich von Württemberg auf dem Lichtenstein Schutz vor dem Schwäbischen Bund. Hauff lässt die Burg als Denkmal der Landesgeschichte erscheinen. Dies war für Graf Wilhelm nicht ohne Bedeutung. Sein Vater, Wilhelm Friedrich von Württemberg, Bruder des württembergischen Königs Friedrich  I., war mit Wilhelmine Freiin von Tunderfeld-Rodis eine nicht standesgemäße Ehe eingegangen und hatte dadurch seinen Herzogstitel verloren. „Mein Ururgroßvater empfand dies als ungerecht und wünschte sich sehr, den Herzogstitel zurückzugewinnen“, so Karl-Philipp Fürst von Urach Graf von Württemberg, dessen Familie das Schloss heute besitzt.

Mit dem Bau eines repräsentativen Schlosses wollte Wilhelm seinen Anspruch auf die Herzogswürde untermauern. Um seine Zugehörigkeit zum Herrscherhaus zu demonstrieren, ließ der Graf überall in den Innenräumen das Wappen der Württemberger anbringen und im Königszimmer auch die württembergische Ahnenreihe an die Wände malen. Doch König Wilhelm widersetzte sich der Rückgabe des Herzogtitels. Den erlangte Graf Wilhelm zwei Jahre vor seinem Tod unter König Karl - allerdings „nur“ den neu geschaffenen von Urach.

Das Schloss bot Wilhelm mit seinen vielfältigen wissenschaftlichen Interessen die Möglichkeit, meteorologische Studien zu betreiben und seine wertvollen Sammlungen unterzubringen. Diese umfassten unter anderem Trinkgefäße, Gemälde, Handfeuerwaffen und Spazierstöcke. Dass bereits 1844 der erste Schlossführer entstand, zeigt, dass die Öffentlichkeit von Anfang an eingeladen war, das Schloss und seine Objekte zu besichtigen. Karl-Philipp von Urach beschreibt seinen Vorfahren aber nicht nur als patriotischen Württemberger, sondern auch als lebensfroh und humorvoll. So habe Wilhelm mit dem bayerischen König Ludwig I. gewettet, dass man vom Lichtenstein aus Schloss Hohenschwangau sehen könne. Dies war unmöglich, doch Wilhelm ließ im Turm ein Fernglas anbringen, durch das man auf eine kolorierte Zeichnung des bayerischen Schlosses blicken konnte. Ebenso schelmisch, mit einem Sektglas in der Hand und in Ritterrüstung, ließ sich Wilhelm in einer Fensterlaibung porträtieren.

Die mit historischen Gläsern und bemalten Zierscheiben museal eingerichtete Trinkstube nutzte Wilhelm mit seinen Freunden durchaus zu geselligem Beisammensein. Dies zeigt nicht nur der Weinkeller unter der Stube, sondern auch ein Gedicht, das Justinus Kerner mit Bleistift an der Holzvertäfelung hinterließ. Fröhlich preist er darin die Freuden des Lebens. Gabriele Böhm