Lenninger Tal
Eine bescheidene Persönlichkeit

Nachruf Fritz Nuffer ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Er war das Gedächtnis von Owen.

Owen. „Wen solla mr froga, wenn d‘r Fritz nemme do isch?“ Diese Frage hat viele Owener umgetrieben in Anbetracht des Alters von Fritz Nuffer. Er war das wandelnde Gedächtnis des Teck-Städtchens, hatte sich im Laufe von Jahrzehnten sein eigenes Archiv akribisch aufgebaut. Im Alter von knapp 92 Jahren ist er nun gestorben, heute findet seine Beerdigung statt.

Würde keine Pandemie herrschen, wären nahezu alle „Ur-Auamr“ und nicht wenige „Zugezogene“ auf dem Kirchhof versammelt, hätten Abschied genommen von einer Persönlichkeit, die sie nicht nur respektierten, sondern außerordentlich wertschätzten. Die Mitglieder des Posaunenchors hätten alles daran gesetzt, vollzählig zu erscheinen, um „ihrem Fritz“ mit den schönsten Tönen die letzte Ehre zu erweisen.

Bereits im Alter von 17 Jahren hat Fritz Nuffer im Jahr 1946 die Leitung des CVJM-Posaunenchors Owen übernommen. „Mit seinem beispiellosen Einsatz, seiner musikalischen und gemeinschaftsfördernden Tatkraft und seinem Humor hat er den Posaunenchor 48 Jahre lang bis 1994 entscheidend geprägt. Ganzen Bläsergenerationen war Fritz Nuffer Vorbild und Freund zugleich“, sagt Jens Häußler, Erster Vorsitzender des CVJM. Der Chor verdanke Fritz Nuffer bis heute viele gute Traditionen musikalischer und geselliger Art: Blonzenfest, Maiwanderung, Feierstunden, Einzelunterricht und vieles andere mehr gehen auf seine Initiativen zurück.

Die Meinung und Einschätzung von Fritz Nuffer hatte auf gut schwäbisch gesagt „a Gwiechd“ - war also gewichtig, man kam nicht einfach so daran vorbei. Das Owener Urgestein wusste über nahezu alles Bescheid, was sich in den vergangenen Jahrhunderten in seinem Heimatort abgespielt hat. Ein „Altvorderer“, der sentimental an der Vergangenheit klebt, war er deshalb noch lange nicht. Fritz Nuffer war auf der Höhe der Zeit, nahm Anteil an seinen Mitmenschen, war stets an der Zukunft interessiert, hatte Ideen, hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Das war ihm das ein oder andere Mal auch ein Besuch im Gemeinderat wert, schließlich war er selbst von 1968 bis 1984 Mitglied des Gremiums.

Ein weiteres Steckenpferd von Fritz Nuffer war die Geschichte Owens. So verwundert es nicht, dass er maßgeblich an der Gründung des Alt-Owen Förderkreises beteiligt war und zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Der Startschuss für sein historisches Interesse war ein 1941 abgeworfenes Flugblatt der Engländer. Er wollte mehr erfahren, die Zusammenhänge aus der Historie heraus verstehen. So sammelte er in sämtlichen Archiven akribisch Daten. Sein eigenes hatte er bis zuletzt bestens im Griff. Ohne zu überlegen entnahm er dem Schrank den richtigen Ordner und fand ohne langes Suchen die Stelle, um die es ging.

Als die Owener Geschichten in einem Büchlein veröffentlicht wurden, freute er sich. Noch mehr lag ihm aber die Aufarbeitung und Dokumentation des Owener Maientags am Herzen, dem „Nationalfeiertag“ des Teck-Städtchen. Das Werk wird im Mai erscheinen. Es hätte zu seinem 92. Geburtstag fertig werden sollen - diesen Meilenstein kann er nicht mehr mitfeiern.

In vielen weiteren Vereinen war er aktiv, einige davon gibt es nicht mehr, sie sind ebenfalls Zeugen einer vergangenen Welt wie beispielsweise der Bullenhalterverein. Als langjähriger Leiter des Haus- und Gartenmarkts am Bahnhof wurde er auf die Bioland-Erzeugnisse aufmerksam gemacht und etablierte diese Anbauweise mit Mitstreitern unter der Teck. Auch im Obst- und Gartenbauverein war er aktiv. Bei all diesem Engagement verwundert es nicht, dass er das Bundesverdienstkreuz verliehen bekam - das war dem bescheidenen Schwaben aber gar nicht recht. Iris Häfner