Lenninger Tal

Erfolgshungrig im Beruf und im Sattel

Innovation Bernd Zapf beackert für die Maschinenfabrik Heller neue Themenfelder. Lohn war die Nominierung für den Deutschen Zukunftspreis. Von Anke Kirsammer

Die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises für Technik und Innovation in der „Station“ Berlin lief im ZDF als Livestream. In K
Die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises für Technik und Innovation in der „Station“ Berlin lief im ZDF als Livestream. In Kurzfilmen wurden die drei Projekte der Endrunde vorgestellt, darunter das „Nanoslide-Verfahren“, für das der Oberlenninger Bernd Zapf die Maschinen entwickelt.Fotos: Ansgar Pudenz

Willensstärke und Teamgeist, Ausdauer, Biss und der Drang zum Erfolg - was sich der Oberlenninger Bernd Zapf bei der Transalp, dem härtesten Etappenradrennen für ambitionierte Freizeitsportler, und bei anderen Radmarathons abverlangt, zeichnet ihn auch im beruflichen Alltag aus. Als Leiter des Bereichs New Business and Technology bei der Nürtinger Gebrüder Heller Maschinenfabrik braucht er einen langen Atem. „Ich denke in Drei-Jahres-Zielen“, sagt er. Lohn seiner Hartnäckigkeit, vor allem aber auch seines Erfindergeists, war Ende vergangenen Jahres die Nominierung für den Deutschen Zukunftspreis für Technik und Innovation - der einzige Preis, den der Bundespräsident selbst auslobt. Zusammen mit zwei anderen Teams wurden der 56-jährige Oberlenninger und zwei Daimler-Forscher zur Preisverleihung in die „Station“ Berlin und tags zuvor ins Schloss Bellevue geladen. „Verewigt“ sind ihre Namen nun auch auf der „Wall auf fame“ im Deutschen Museum in München.

Was Joachim Gauck an dem Projekt von Bernd Zapf und den beiden Ulmer Forschern imponierte, ist, dass durch ihre Erfindung bei Verbrennungsmotoren der Kraftstoffverbrauch um mindestens drei Prozent sinkt und sich der CO2-Ausstoß erheblich reduzieren lässt. „Nur rund ein Drittel bis ein Viertel der Energie kommt normalerweise auf der Straße an“, erklärt Bernd Zapf. Besonders groß sind die Reibungsverluste im Zylinder. Schon 1998 hatte Daimler in seiner Forschungsabteilung in Ulm begonnen, Zylinderlaufflächen thermisch zu beschichten, 2006 wurde der Prototyp gebaut. „Meine Aufgabe war es, die Maschinen dafür zu entwickeln“, erklärt Bernd Zapf. Daimler, Renault und Nissan haben von Heller inzwischen Beschichtungsmaschinen gekauft, mit denen acht Prozent der rund 90 Millionen Verbrennungsmotoren produziert werden können, die weltweit jährlich vom Band laufen. Das dazugehörige Technologiecenter bei Heller hat der Oberlenninger aufgebaut. Hier wird getestet, und Kunden können sich in das Geheimnis des Verfahrens einweihen lassen. Dessen Clou sind die nach mehreren Schritten entstehenden, hochglänzenden Zylinderwände. Sie sind durchsetzt von winzigen Poren, die als nanometerkleine Ölreservoirs dienen.

„Um den Zukunftspreis bewerben kann man sich nicht“, betont Bernd Zapf. Vielmehr klappern deutschlandweit vier technisch ausgerichtete Unis den Markt für das Bundespräsidialamt ab. „Nominiert zu werden, ist unwahrscheinlicher als ein Sechser im Lotto“, sagt er. Ausgeguckt werden Forscher, die mit ihren Entwicklungen Deutschland nach vorne bringen. Die Erfindung muss Arbeitskräfte generieren und nachhaltig sein. Bernd Zapf ist überzeugt: „Wenn wir ein Jahr früher dran gewesen wären, hätten wir sicher gute Chancen gehabt, den Preis zu gewinnen.“ Doch der Abgasskandal und das beschlossene Aus für den Verbrennungsmotor im Jahr 2030 kam dem Trio auf dem Weg nach ganz oben in die Quere. Das Rennen machten Dresdner Carbonbeton-Forscher.

Mit Niederlagen umzugehen, hat Bernd Zapf auch als Sportler gelernt. Dass sich der Invest in die Technik dennoch lohnt, ist für den Tüftler unstrittig. „Wir haben noch 13 Jahre.“ Kein Hersteller von Verbrennungsmotoren komme an dieser Technik vorbei. Nicht links liegen lassen können Bernd Zapf und sein Team bei Heller indes das Thema Elektromobilität. Derzeit kümmert er sich um den Komplex Leichtbau. „Man muss das eine oder andere ausprobieren“, sagt er lapidar und nennt beispielhaft auch den Einsatz von Carbon für Maschinenbauteile. Das Einsparen von CO2, regenerative Energien und Medizintechnik sind weitere Felder, die Bernd Zapf und seine Mitarbeiter - jeweils Tandems aus frischgebackenen Hochschulabsolventen und erfahrenen Entwicklern - beackern. „Über allem schwebt die Wolke 4.0“, so der Ingenieur für Technische Informatik. Sich selbst bezeichnet er als Querdenker. „Was Bernd Zapf macht, ist keine Spinnerei, sondern er kümmert sich um die Zukunftsthemen“, sagt der Marketingleiter Marcus Kurringer.

Weil sich eine Firma wie Heller keinen Stillstand leisten kann, leistet sie sich von Neugier getriebene Tüftler wie Bernd Zapf. Die Wirtschaftskrise 2008/09 bezeichnet er als Geburt seines neuen Jobs in dem Unternehmen, in das er 1977 als Azubi eingetreten war und in dem er in verschiedenen Bereichen der Entwicklung leitende Positionen innehatte. 2009 setzte die Firma noch stark auf Lkw-Motoren. Die aber lagen am Boden. Ein Schwenk in Richtung Auto war notwendig. Wieder lässt sich eine Parallele zum Hobby ziehen, denn die Geburt des Ausdauersportlers Bernd Zapf lässt sich ebenfalls an einem Tiefpunkt festmachen: Eine Thrombose bremste den 109-Kilo-Mann 1994 aus. Bis zur Transalp 2009 war es ein langer Weg. „Man glaubt nicht, was man da aus sich herausholen kann“, sagt er. Voraussetzung für den Erfolg war die Arbeit im Team. Das gilt auch für die Projekte bei Heller. Noch immer sitzt der Oberlenninger jedes Jahr 5 000 Kilometer auf dem Rad - um sich für seinen Job fit zu halten, genauso aber, weil er nach wie vor die sportliche Herausforderung sucht: 2017 steht eine Teilnahme am Sellaronda Hero an. - Wie könnte es anders sein: Ausdauer, Biss und Durchhaltevermögen sind für das äußerst anspruchsvolle Mountainbike-Rennen unabdingbare Voraussetzungen.

„Bei der Beschichtung der Zylinder fliegen die Funken​“

Verzicht auf Buchsen aus Grauguss Bei dem „Nanoslide-Verfahren“, das die Daimler-Forscher Manuel Michel und Dr. Patrick Izquierdo erfunden haben und für das Bernd Zapf die Maschinen zur Serienproduktion entwickelt hat, wird in Motorblöcken aus Aluminium auf die sonst üblichen schweren Buchsen aus Guss verzichtet. Stattdessen wird die Innenwand des Zylinders aufgerauht und anschließend mit einer nur 0,1 Millimeter feinen Stahlschicht ausgekleidet.

Temperaturen bis 5 000 Grad „Normalerweise fallen in Maschinen Späne, hier fliegen die Funken“, erklärt Bernd Zapf lachend den Unterschied zu anderen Verfahren. Und tatsächlich: Der durch eine dunkle Spezialscheibe geschützte Blick in eine der Beschichtungsmaschinen gibt den Blick frei auf einen grünen, 2 000 bis 2 300 Grad heißen Lichtbogen, der ungefiltert eine orangene Farbe hätte. „Maximal erreichen wir beim Beschichten Temperaturen von bis zu 5 000 Grad“, erklärt Bernd Zapf. Dabei sprühen Funken wie bei einem Miniaturfeuerwerk mal in größeren, mal in kleineren Wirbeln um den Zylinder.

Stickstoffgas zerstäubt Metalltröpfchen Der elektrische Lichtbogen wird durch zwei Drähte aus einer Eisen-Kohlenstoff-Legierung erzeugt. Darin bilden sich Metalltröpfchen, die durch Stickstoffgas zerstäubt werden, sich an die Zylinderwand legen und, von Poren durchzogen, erstarren. Erst dann wird die präzise Bohrung gesetzt und die spiegelglatte Oberfläche hergestellt.ank