Lenninger Tal
Gar nicht so einfach, der Bändertanz

Proben Nach zwei Jahren Pause findet endlich wieder der Maientag in Owen statt. Die Viertklässler üben fleißig die komplizierten Figuren, damit sich am Festtag die „Bendl“ rund um den Mast nicht verheddern. Von Iris Häfner

Es ist nachmittags kurz nach 14 Uhr. Die Schülerinnen und Schüler der Sibylle-von-der-Teck-Grundschule in Owen stehen in der Sporthalle, der wunderschöne Blick auf Hohenbol mit Zahnbürstle und die Burg interessiert sie in diesem Moment herzlich wenig. Sie sind hochkonzentriert. Sie stehen im Kreis um eine Metallstange, an der lange „Bendl“ in den Farben Weiß und Rot in gleicher Anzahl herabhängen. „Hat jeder seinen Partner, seine Partnerin?“, fragt Miriam Schmidt mit aufmerksamem Blick. Die Kinder nicken, alle haben ein Band in der Hand. Das laute Durcheinander der Stimmen verstummt, plötzlich ist es still. Dann drückt Hermine Krauss auf den Knopf des großen Lautsprechers und schon erschallt das in Owen unverkennbare Lied „Der Mai, der Mai, der lustige Mai“. Die Kinder setzen sich im Takt rund um den Mast in Bewegung.

„Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, tipp“, schallt es unzählige Male durch die Halle. Konzentration von allen ist gefragt. Die Zahl Acht und das Maienlied aus dem rheinländischen Siebengebirge geben im schwäbischen Owen gnadenlos den Takt vor. Die zwei befreundeten Pädagoginnen, Hermine Krauss und Miriam Schmidt, haben alle Hände voll zu tun, die Viertklässler in die uralten Bahnen des Bändertanzes einzuführen. Alle stehen geordnet in der Ausgangsposition, dann geht es los – und ständig wird bis acht gezählt. Händchenhalten ist bei einer Figur wichtig, „Dugga“, also Bücken, bei einer anderen. Bei allem Drunter und Drüber geht es recht diszipliniert zu. Doch kurze Zeit später sind alle richtig frustriert, berappeln und motivieren sich allerdings erstaunlich schnell wieder – und beginnen den Reigen im wahrsten Sinn des Worts aufs Neue. 

Bis allerdings aber wieder alles von vorn beginnen kann, ist Geduld gefragt. Die Bänder müssen erst mal „zurückgespult“ beziehungsweise entwirrt werden, damit sie wieder einzeln und lose an der Stange baumeln – die Ausgangsposition für alle. Damit sind hauptsächlich die beiden Frauen beschäftigt, doch auch ein paar Kinder beteiligen sich mit erstaunlichem Durchhaltevermögen daran. 

Endlich ist es so weit, alle haben sich schön geordnet, reihen sich ein, stehen wieder auf ihrer Position und zählen bis acht. „Bei acht muss man mit dem Fuß tippen, ganz wichtig“, erzählt ein Mädchen. Dann heißt es, entweder drehen, Schulter an Schulter stehen, sich an der Hand nehmen und dann wieder weiter gehen. Das alles erfordert neben der Konzentration auch die Fähigkeit zur Koordination. Die Kids müssen ziemlich viel im Blick haben: die Vorderfrau, den Hintermann und den Partner. Dazu soll der Abstand zwischen den Paaren nicht zu groß oder zu klein sein – ziemlich viel auf einmal.

 

Das sieht cool aus, schaut mal, was für ein schönes Netz es ist.
Miriam Schmidt, die Pädagogin übt mit den Kids

 

Das Ganze im Blick haben Hermine Krauss und Miriam Schmidt. Sie wissen, wen sie genauer unter ihre Fittiche nehmen müssen, um ein bisschen lenkend einzugreifen – und die Gruppe zu stärken. Wer schon länger beim Training mit dabei ist, ist im Vorteil. Die „alten Hasen“ unter den Viertklässlern geben schon nach wenigen Übungseinheiten den „Frischlingen“ eine gewisse Sicherheit. „Das sieht cool aus, schaut mal, was für ein schönes Netz es ist“, motiviert Miriam Schmidt. Der Reigen ist geschafft, nun heißt es, das Ganze „rückwärts“ zu tanzen, damit sich die Bänder wieder lösen und in der Ausgansposition lose am Mast herabhängen. Doch dann verheddert sich einer mit dem „Bendl“ – und alles ist umsonst.

Frustabbau ist angesagt. Die Halle bietet genug Platz. Die einen veranstalten Wettrennen, knallen an die senkrecht aufgestellten blauen Pudding-Matten an der Wand. Derweil schlagen die anderen ein Rad nach dem anderen – in einer Manier, die schon an Professionalität grenzt. Dann geht’s weiter, diesmal ohne Musik, so fällt der feste Takt weg, Hermine Krauss gibt ihn jetzt mit dem Tamburin vor. „Alle haben das Band in der rechten Hand, Weiß bleibt außen, Schulter an Schulter. Jetzt zwirbeln und auf Acht stehen​“, schallt es durch die Teckhalle. 

„Das Zwirbeln ist die Schwierigkeit“, ist sich Miriam Schmidt bewusst, sie kennt die Angstfigur ihrer Schützlinge: den Slalomlauf. Deshalb läuft Hermine Krauss mit, denn zu allem Überfluss ist auch noch ein Band abgerissen, was die ganze Sache nochmals erschwert. Doch die beiden Frauen sind mit der Trainingseinheit sehr zufrieden. Scheitern und deshalb nicht ausflippen – das haben die Kids schon gelernt. „Noch vor Kurzem sind einige fast ausgerastet“, freut sich Miriam Schmidt über diesen Lerneffekt.

Die Probeeinheit endet mit einem lustigen Spiel, damit alle mit freiem Kopf nach Hause gehen können. Leichte, lange Stoffbänder müssen von mehreren Kindern an beiden Längsseiten so gehalten werden, damit sich eine „Regenrinne“ bildet. In der „fließt“ dann der Ball und darf nicht runterkullern. Gewonnen hat die Mannschaft, die unfallfrei den Ball ins Ziel gebracht hat.