Lenninger Tal

Geschmackvoller GenerationswechselDestilliertes Bier ohne Hopfen

Whisky Einst verpönt, heute von vielen geschätzt: Whisky made in Owen kann sich sehen lassen. In den letzten Jahrzehnten hat die schwäbische Variante der Edelspirituose einen enormen Qualitätsschub erfahren. Doch wie kommt sie eigentlich in die Flasche? Von Daniela Haußmann

Owen ist bundesweit nicht nur der Ort mit der größten Whiskybrennerdichte, sondern auch die Gemeinde mit dem ältesten schwäbischen Whisky. Vor 18 Jahren hat Christian Gruel, Großvater von Immanuel Gruel, den feinen Tropfen angesetzt. Einen Whisky, der so lange gereift ist, hat wohl kein anderer schwäbischer Brenner im Fasslager. Rund 300 0,7-Liter-Flaschen hat Immanuel Gruel für Kenner und Genießer abgefüllt.

Immanuel Gruel, Thomas Dannenmann und Thomas Rabel haben Ehrfurcht vor dem Alter – besonders, wenn es in Fässern oder Flaschen lagert. Die drei Owener haben bewiesen, was lange bezweifelt und kontrovers diskutiert wurde: Whisky muss nicht aus Schottland kommen, um Kenner und Genießer zu begeistern. Ob Dänemark, Frankreich, Tschechien, Japan, Indien oder das Schwabenland – längst wird die edle Spirituose rund um den Globus gebrannt.

Bei ihrer Herstellung wird stets auf die gleichen Zutaten zurückgegriffen: Getreide, Wasser und Hefe. „Letztlich handelt es sich um Bier ohne Hopfen“, weiß Thomas Rabel und spielt damit auf den identischen Ansatz beider Produkte an: die Maische, die Mischung aus Malz und Wasser. „Das Ganze mit Hopfen verkochen und vergären, gibt Bier. Direkt vergären, Whisky“, erzählt der Brenner, der die Dinge gern einfach auf den Punkt bringt. „Anders als bei Bier wird die vergorene Maische noch in der Brennblase destilliert“, sagt Rabel. „Der hochprozentige Alkohol, der dabei entsteht, reift anschließend mehrere Jahre im Fass.“

Um das Wasser des Lebens herzustellen, kann ungemälztes und gemälztes Getreide zum Einsatz kommen. Beim Mälzen wird das Korn eingeweicht und so zum Keimen gebracht“, erzählt Thomas Dannenmann. „Nach rund fünf Tagen ist der Sämling auf 75 Prozent der Größe eines Korns angewachsen. „Der Keimvorgang wird unterbrochen und der noch feuchte Rohstoff mit Heißluft getrocknet“, erklärt der Brenner. „In Abhängigkeit von der Temperatur und der Dauer der Wärmezufuhr karamellisiert der im Korn in Form von Stärke enthaltene Zucker dabei mehr oder weniger stark. Das heißt, der spätere Whisky kann schon hier einen Teil seines Grundcharakter erhalten.“ Anders als in Schottland unterbindet das deutsche Lebensmittelrecht Thomas Dannenmann zufolge die Behandlung mit Rauch. „Gesetzlich ist deshalb nur die Verwendung heißer Luft während der Trocknung zulässig“, berichtet der Owener Experte. Während ungemälztes Getreide laut Thomas Rabel für eine kräftige Brotnote sorgt, weist das Malz durch die Karamellisierung eine gewisse Süße auf.

Ein wichtiger Schritt hin zum Whisky ist die Maische. Um sie herzustellen, ist es Rabel zufolge unerheblich, ob die Rohfrucht oder Malz zum Einsatz kommt. „Das Getreide wird geschrotet und mit heißem Wasser vermischt“, so Immanuel Gruel. „Dabei werden Enzyme im Malz aktiviert, die Stärke in Malzzucker umwandeln.“ Anschließend muss der Brenner die etwa 80 Grad heiße Flüssigkeit auf 20 bis 25 Grad Celsius herunterkühlen. Höhere Temperaturen würden die Hefe zerstören, die Zucker zu Alkohol und Kohlenstoffdioxid verarbeitet. „Ein Bakterium vermehrt sich 500 Mal schneller, als sich Hefe ausbreiten kann“, sagt Thomas Dannenmann und betont: „Deshalb muss der Maische schnell Wärme entzogen und ein leicht saurer ph-Wert geschaffen werden.“ So kann die Hefe rasch ihre Arbeit aufnehmen und Kohlenstoffdioxid produzieren, das das Wachstum der unerwünschten Mikroorganismen hemmt.

Die Maische bleibt vier bis fünf Tage im Edelstahltank. Dann ist die alkoholische Gärung abgeschlossen. Die Destillation beginnt. Das Alkohol-Wasser-Gemisch wandert in die Brennblase, wo es schrittweise erhitzt wird. „Fuselöle sollen das Allgemeinbefinden nach dem Whiskygenuss nicht beeinträchtigen“, so Thomas Rabel. „Begleitalkohole wie Methanol oder Propanol, die in den niedrigeren beziehungsweise höheren Temperaturregionen aus der Flüssigkeit entweichen, werden über einen Kondensator geleitet, der den Alkoholdampf kühlt und verflüssigt.“ So lassen sich die Fuselöle vom Trinkalkohol Ethanol trennen, der erst bei höheren Hitzegraden aus der Maische getrieben wird. Das Endprodukt weist nach der Destillation, laut Immanuel Gruel, 80 bis 90 Volumenprozent auf.

Damit das Fass, in dem das Wasser des Lebens schlummert, nicht zu schnell ausgewaschen wird, senken die drei Whiskybrenner den Alkoholgehalt des Kornbrands mit Wasser auf 55 bis 60 Volumenprozent ab. Nun kann das klare Destillat in verschiedenen Fässern für mindestens 36 Monate zur Blüte reifen. In dieser Zeit prüfen die drei Meister des erlesenen Geschmacks einmal im Jahr, wie sich das edle Getränk entwickelt. „Auf dieser Basis steht und fällt die Entscheidung, ob der Inhalt in ein Sherry-, Portwein-, Bourbon-, Barrique- oder Eichenfass umgelagert wird“, sagt Immanuel Gruel, der betont, dass rund 70 Prozent des Aromas während der Lagerung entstehen. Mit Geduld und Erfahrung entfaltet sich so ein Whisky, der nicht nur den Charakter des Landstrichs, sondern auch der Brennerei widerspiegelt, in der er mit viel Leidenschaft produziert worden ist.