Lenninger Tal
Gin aus Schopfloch: Der Alb-Geist steckt in den Flaschen

Wirtschaft Stefan Lipka und Martin Wünsche haben eine Gin-Brennerei eröffnet. Die Manufaktur bietet Tastings an und beliefert Kleinbrenner mit Gewürzen und Kräuter-Mischungen. Am Samstag, 28. Mai, ist von 14 bis 19 Uhr Tag der offenen Tür. Von Anke Kirsammer

In dem Hof im Schopflocher Ortskern wuchert es grün aus Futtertrögen, frische Minze sprießt aus allen Ritzen. Drinnen hängt ein angenehm würziger Kräuterduft in der Luft. Würde man die Augen schließen, könnte man sich auf einer der für die Schwäbische Alb so typischen Wacholderheiden wähnen. Blitzblank glänzen die Kupferkessel. Hier rann vor zwei Tagen Gin in dünnen Fäden aus der Destille und verströmte über Stunden sein intensives Aroma. „Wünsche Gin“, steht doppeldeutig auf den edlen Flaschen, die sich wie Liköre und verschiedene Sorten Absinth fein säuberlich aneinander reihen – als Hausbar dient ein schwarzes Klavier, dank des Hubwagens jederzeit bereit, bei einem Wandelkonzert durch die Straßen geschoben zu werden.

Freundliche und helle Räume

In unzähligen Stunden haben Stefan Lipka und Martin Wünsche während der Pandemie die „Musikscheune“ des Schopflocher Scheunensommers in eine Manufaktur für Hochprozentiges umgebaut. Die Leitungen der Melkmaschine sind Geistrohr und Spülvorrichtungen gewichen. „Es war viel Arbeit, aber es hat Spaß gemacht“, sagt Stefan Lipka. Das Ergebnis ist Lohn genug: Freundlich und hell präsentieren sich der Showroom und die Werkstatt, in der wie in einem Labor neue Gin-Rezepturen entwickelt werden. Das abgetretene Pflaster des Stallbodens verbindet Haus und Bauerngarten, die Futterluken stecken noch als Rahmen in der Wand, und das einstige Scheunentor verdeckt nun – abgebürstet und neu eingelassen – als mehrteilige Schiebetür ein Regal mit allerlei Nützlichem.

Es ist die Kombination von Alt und Neu, die fasziniert. In der Wünsche Manufaktur geht dieser Mix weit über das Gebäude hinaus. Martin Wünsche trat als Drogist in die Fußstapfen seiner Eltern, übernahm den Handel mit Brenngewürz und Hopfenbitter in Tettnang am Bodensee. Seit Jahren betreiben er und Stefan Lipka nun in Schopfloch zudem einen Versand mit Gewürzen und Gin-Mischungen für Kleinbrenner. 200 Kräuter aus aller Welt sind hier zu bekommen. Darunter solche, die in keiner Küche fehlen dürfen, wie Salbei, Majoran, Bohnenkraut und Basilikum, aber auch Besonderes: Ysopkraut, Kiefernsprossen, Mariengras und Angelikawurz etwa – und natürlich verschiedene Wacholdersorten.

 

Ich wurde in meiner Schulzeit nur einmal zum Direktor gerufen.
Stefan Lipka
Der Aushang am Schwarzen Brett
„Stefan braut wieder“ gefiel dem
Schulleiter nicht. 

 

Um Brennern noch besser Tipps geben zu können, wie sich welches Aroma in Nase und Gaumen entfaltet, wurde an der Uni Hohenheim ein Lehrgang besucht und eine extra für Gin entwickelte Destille gekauft, von der es weltweit lediglich vier Exemplare gibt. Das Besondere daran sind Vorrichtungen für Siebe und ein Behälter für „Botanicals“ – äußerst empfindliche Kräuter und Gewürze. Der Preis für die 150 Liter-Anlage bewegt sich im Rahmen eines Mittelklassewagens.

Was in den zylindrischen Flaschen landet, hat je nach Ingredienzien eine ganz andere Note. Wie bei einem Parfum kommen und gehen die Aromen. Der Kirchenmusiker Stefan Lipka zieht gar den Vergleich zur Orgel: „Erst durch kleine Unstimmigkeiten ergibt sich eine unglaubliche Fülle“, sagt er.

"Bike“ und „Töff“

Die von Martin Wünsche entworfenen Etiketten sprechen ganz unterschiedliche Zielgruppen an: Mountainbiker werden wohl zum spritzig frischen Gin „Bike“ greifen. „Töff“, der eher würzig schwer daher kommt, wird Harley-Fahrern gefallen. Der „Alb-Geist“ wiederum ist etwas für Cocktail-Liebhaber.

Bei dem knappen Dutzend an Gin-Sorten soll es indes nicht bleiben. Auftrieb gibt den Wahl-Schopflochern der Erfolg eines Kunden aus Schottland. Er hatte beim „World Spirits Award“ 2020 mit Rezepturen der beiden Älbler gleich zweimal Gold eingeheimst und landete dieses Jahr ebenfalls ganz oben auf dem Treppchen. Für ihn haben sie auch einen nach Mango und Hibiskus schmeckenden „Summer-Gin“ kreiert, den sie selbst im Sortiment haben: „Wenn man ihn trinkt, fühlt man sich wie Queen Mum“, sagt Stefan Lipka lachend. Der 52-Jährige knüpft mit der Manufaktur übrigens an seine Jugend an, in der er bereits Liköre herstellte. „Ich wurde nur einmal in meiner Schulzeit zum Direktor gerufen“, erzählt er schmunzelnd. Für Ärger sorgte der Aushang am Schwarzen Brett „Stefan braut wieder“.

 

Tag der offenen Tür am Samstag, 28. Mai


Am Samstag, 28. Mai, veranstaltet die Wünsche Manufaktur, Ochsenwanger Straße 11 in Schopfloch, von 14 bis 19 Uhr einen Tag der offenen Tür. Besucherinnen und Besucher können live beim Brennen dabei sein. Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Genuss am Albtrauf“ des Verkehrsvereins Teck-Neuffen. In einem Minitasting dürfen die verschiedenen Gin-Sorten gekostet
werden.

Geplant sind in der Manufaktur auch weitere Tastings. Dabei wollen Stefan Lipka und Martin Wünsche mit dem nahegelegenen Haberhaus zusammenarbeiten. Auch beim Scheunensommer am 30. und 31. Juli beteiligt sich die
Manufaktur.

Offizielle Öffnungszeiten gibt es nicht. Gerne kann den beiden Brennern aber samstags nach Anmeldung über
die Schulter geschaut werden. Auch die Abholung von Bestellungen aus dem Internetshop ist möglich. ank


Nähere Infos gibt
es im Internet unter
www.wuensche-manufaktur.de