Lenninger Tal

„Große Koalition“ einstiger Räte

Hannelore Schneider organisiert regelmäßig Ausflüge und Treffen altgedienter Lenninger Kommunalpolitiker

„Große Koalition“ einstiger Räte
„Große Koalition“ einstiger Räte

Lenningen. Den Takt geben schon längst nicht mehr Haushaltseinbringungen und Jahresrechnungen vor. Stattdessen pflegen die Lenninger Seniorengemeinderäte den Kontakt untereinander und erkunden das

Ländle – insbesondere Ziele in der näheren Umgebung. Auch wenn Allgemeine und Bürgerliche Wählervereinigung, Grün-Alternative, SPD/UBL-Fraktion und Frauenliste am Lenninger Ratstisch in den 80er- und 90er-Jahren um so manche Entscheidung ringen mussten: In den Nachsitzungen und bei Ausflügen entstand unter vielen Lenninger Räten und deren Eheleuten ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie alle sind längst aus dem Gremium ausgeschieden. Doch nach wie vor kommen die ehemaligen Kommunalpolitiker, vereint in einer „Großen Koalition“, regelmäßig zusammen.

Gehörte bis 1999 Lenningens Bürgermeister Gerhard Schneider der Vorsitz bei Beratungen im Rund, so hat bei der Gestaltung des bunten Programms für die einstigen Räte seine Frau Hannelore das Sagen. „70 Mal haben wir uns inzwischen getroffen“, sagt sie im Rahmen des Jahresabschlusses, der bei Kaffee und Kuchen und einem zünftigen Vesper auf dem Sulzburghof in Unterlenningen gefeiert wird und erntet dafür ungläubige Blicke.

25 Jahre, die Hannelore Schneider als Anlass nutzte, um auf die Anfänge zurückzublicken. „Schade, jetzt sind wir so schön zusammengewachsen“, hätten die Gemeinderäte damals gesagt. Die Kommunalwahl 1989 bedeutete für viele der „alten Garde“ eine Zäsur, weil sie nach bis zu 30 Jahren aus dem Gremium ausschieden. Zum Bedauern, sich seltener zu sehen, kam die Erkenntnis, am Gemeindegeschehen nicht mehr so nah dran zu sein. „An mich wurde deshalb die Idee herangetragen, einen Seniorengemeinderat zu gründen“, erinnert sich Hannelore Schneider. Die Regularien wurden festgelegt: Ein Mindestmaß an kommunalpolitischer Erfahrung ist die Eintrittskarte. „Mindestens zwei Legislaturperioden muss man Mitglied im Gemeinderat gewesen sein“, erklärt die 73-Jährige. Der Unterlenninger Hans Schott ergänzt knitz: „Also – wenn man als Gemeinderat in Rente kommt.“

Lagen die Ziele des „Altersgemeinderats“ in den Anfangsjahren vor allem in den Ortsteilen, wo neue Wohngebiete beispielsweise in Hochwang oder Gutenberg und Neubauten wie Schulen und Kindergärten besichtigt wurden, so gehörten später Ausflüge ins Bad Uracher Schloss, in die Mörikestube nach Ochsenwang und ins Donnstetter Heimatmuseum zum Programm. Der gesellige Ausklang durfte nicht fehlen. „Wir treffen uns immer dreimal im Jahr. Im Frühjahr, im Sommer und vor dem ersten Advent“, erklärt Hannelore Schneider. Im April war dieses Jahr die Hülbener Ölmühle Röcker Anlaufpunkt. Im Juli wurde eine Fahrt mit dem Blautopfbähnle organisiert. Gemessen an den Reisezielen, die in den 80er-Jahren anvisiert wurden, als die überwiegende Zahl des heutigen Seniorengemeinderats Stimmrecht besaß, ein bescheidener Radius.

„Es ist gut, dass Hannelore Schneider die Organisation in die Hand genommen hat und auch Jungfüchse kommen dürfen“, sagt der 75-jährige Dieter Beuttel, der 2010 aus dem „aktiven“ Gremium ausschied. Auch wenn er an diesem Tag verhindert ist: Mit Ende Achtzig ist Lenningens Ehrenbürger Karl Rieck gewöhnlich der Älteste in der Runde.

Im Rahmen des Abschlusses auf dem Unterlenninger Sulzburghof nahm Heinz Lamparter seine Kollegen stilecht mit einem Doppel-acht-Film mit auf eine Reise in die Vergangenheit, als die Gemeinderäte – damals noch in Amt und Würden – per Bus oder Flugzeug verschiedene Metropolen wie Paris, Prag, Berlin, Budapest und Rom ansteuerten und manch einer so das Reisen „verschmeckte“. Auch was Heinz Lamparter in den 60er- und 70er-Jahren vor der Haustür auf Zelluloid gebannt hatte, wie Kinder- und Schulfeste oder das Wielandstein-Straßenfest 1976, präsentierte er der lockeren Runde, die mit großem Hallo alte Wegbegleiter erkannte.

Einen mit Dias veranschaulichten Streifzug durch die Lenninger Ortsteile anlässlich des jüngst erschienenen Geschichtsbuchs unternahm Gerhard Schneider. Dazu gehörten Stippvisiten, beispielsweise zu prägenden Gebäuden wie dem Schlössle vor und nach der Renovierung, zum längst abgerissenen Gasthaus Sonne, zur Sulzburg und zur ehemaligen Hochwanger Schule.

Handarbeit: Mitglieder des Lenninger Seniorengemeinderats versuchen sich im Brezelschlingen.Foto: Michael Eisrich
Handarbeit: Mitglieder des Lenninger Seniorengemeinderats versuchen sich im Brezelschlingen.Foto: Michael Eisrich