Lenninger Tal

Hoch hinaus mit der Biogas-Hanf-Mischung

Landwirtschaft Eine Augen- und Bienenweide ist die von Kornelia Marzini entwickelte Saatgut-Mischung. Beim Sulzburghof kann man darin umherschlendern, später landet die Pracht in einer Biogasanlage. Von Iris Häfner

Faserhanf und Sonnenblumen wetteifern auf dem 80 Hektar großen Wildblumen-Labyrinth um den Höhen-Sieg. Mit rund drei Metern hat
Faserhanf und Sonnenblumen wetteifern auf dem 80 Hektar großen Wildblumen-Labyrinth um den Höhen-Sieg. Mit rund drei Metern hat die Sonnenblume gewonnen. Fotos: Carsten Riedl
Kornelia Marzini von der bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau hat in elf Jahren die Biogas-Hanf-Mischung entwicke
Kornelia Marzini von der bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau hat in elf Jahren die Biogas-Hanf-Mischung entwickelt.

Noch ist keine einzige Blüte von Sonnenblume, Schmuckkörbchen und Co. zu sehen, doch plötzlich weht einem auf dem leicht ansteigenden Feldweg ein angenehmer, aber ungewohnter Duft entgegen. „Das ist der Hanf, den man riecht“, sagt Kornelia Marzini, Biologin bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim. Sie besucht zum ersten Mal den Albtrauf, ist aber nicht zum Wandern gekommen, sondern um die von ihr entwickelte, ganz besondere Biogas-Hanf-Mischung an Ort und Stelle zu bewundern - und sie interessierten Landwirten, Biologen und Naturschützern vorzustellen.

Die Urform der Sonnenblume hat verzweigte Blütenstände. Foto: Carsten Riedl
Die Urform der Sonnenblume hat verzweigte Blütenstände. Foto: Carsten Riedl

Nach der scharfen Linkskurve beim Birnbaum mit Bänkle wird der Blick auf das 80 Ar große Wildblumen-Labyrinth frei, das Landwirt Michael Kuch beim Sulz­burghof in Unterlenningen angelegt hat. Die Höhe der Pflanzen ist eine Wucht. Vor allem Sonnenblumen und Hanf wetteifern um das Oberhaus. Die in sämtlichen Farbschattierungen blühenden Sonnenblumen recken ihre Köpfe bis in drei Meter in die Höhe und sind Sieger in diesem Wettstreit. Zu der aus rund 25 Arten bestehenden Blühmischung zählen auch Stockrose, Fenchel, Klette, Herzgespann, Wegwarte und Muskatellersalbei. Wer durch die Wege irrt, taucht ein in eine andere Welt, bestehend aus Farben, Düften und Geräuschen. Un­überhörbar zirpt die Strauchschrecke und obwohl es schon spät am Abend ist, schwirren noch genügend Bienen und andere Insekten auf Futtersuche an den Besuchern vorbei.

„Hanf und Sonnenblume sind die Ammenpflanzen. Sie verdrängen das Unkraut. Gleichzeitig wachsen Luzerne und Steinklee am Boden und bilden eine enorme Wurzelmasse und verhindern so die Bodenerosion. Außerdem wird als Benefit-Leistung Nitrat richtig rausgefischt, Humus gebildet und CO2 fixiert“, ist die Biologin zufrieden mit dem Leistungsspektrum ihrer Mischung. Elf Jahre hat sie daran getüftelt, denn viele Kriterien soll sie vereinen. Dazu zählt ein langer Blühzeitraum, möglichst bis zum Frost, um so dem Insektensterben entgegenwirken zu können. Außerdem soll der Landwirt einen Ertrag haben. Kornelia Marzini sieht ihre Mischung als Ergänzung zum Mais, der zwar eine tolle Energiepflanze ist, bezüglich Biodiversität aber schlecht abschneidet. An den Ertrag reicht die Blühmischung jedoch nicht heran, sie kommt auf etwa 60 Prozent Methan-Hektarertrag gegenüber dem Mais. „Den Kolben können wir nicht ersetzen“, ist sie sich bewusst.

„Das Feld sieht nächstes Jahr komplett anders aus, ebenso im dritten Jahr“, sagt die Biologin. Dann wird auch vom Faserhanf nichts mehr zu sehen sein. Der enthält zwar keine Rauschmittel, trotzdem braucht die Fläche die Genehmigung der Bundesopiumstelle in Bonn.

Kritik kommt jedoch vonseiten des Naturschutzes, da die Pflanzenmischung nicht ausschließlich heimische Arten enthält. Kornelia Marzini sieht das Miteinander von heimischen und fremden Pflanzen jedoch positiv, denn die Einwanderer punkten mit ihrer langen Blühdauer. Prachtschmetterlinge wie das Tagpfauenauge finden bis spät in den Herbst hinein Nahrung, Hummelköniginnen müssen sich Fett anfressen. Sie und viele andere Arten können den Acker zum Anlegen des Winterspecks nutzen. Abgeerntet werden kann das Feld dennoch: Eier legen die Schmetterlinge nur auf den ihnen bekannten, heimischen Arten ab.

Die Landwirte bedauern, dass es für diesen Blühacker keine Förderung gibt - sie gilt als ­Wiese. „Dabei ist der so angepflanzte Acker Lebensraum für viele Wildtiere, die hier Futter und Schutz finden. Hecken- und Sumpfbrüter wie Heckenbraunelle und Sumpfrohrsänger, aber auch Rebhühner fühlen sich hier wohl und brüten gemeinsam. Die Brutreviere nehmen im Lauf der Zeit zu. Sogar Hamster sind aufgetaucht und wir konnten eine Zunahme an Bauten feststellen, weil auf den Feldern Ruhe herrscht“, freut sich Kornelia Marzini, die auch in Brandenburg und in Franken Versuchsflächen mit dieser speziellen Mischung hat. Rehe und Hasen nutzen solche Felder als Rückzugsfläche. „Wildschweine sind noch keine aufgetaucht. Die finden bislang die Maisäcker attraktiver“, ist die Erfahrung der Biologin. Wenn Landwirte auf Biodiversität setzen und auf einen Teil ihres Ertrags verzichten, sollte das ihrer Ansicht nach monetär honoriert werden.