Lenninger Tal

„Ich möchte nur eine Arbeitserlaubnis“

Asyl Rahman Huma will dem deutschen Staat nicht auf der Tasche liegen. Angebote verschiedener Handwerksbetriebe kann der Unterlenninger nicht annehmen, weil er keine Genehmigung bekommt. Von Anke Kirsammer

Rahman Huma
Verzweiflung hat sich in die Gesichtszüge von Rahman Huma eingegraben. Seit dreieinhalb Jahren lebt der Kosovare in Deutschland. Ob er mit seiner Familie dableiben darf, weiß der 36-Jährige nicht. Lohnt es sich, Brennholz für den nächsten Winter zu besorgen, oder müssen wir morgen schon gehen? – Nagende Fragen, die niemand beantwortet. „Wir leben hier im Stress“, sagt er in lupenreinem Deutsch. Die Duldung bekommt Rahman Huma immer nur für wenige Wochen bescheinigt. Oft dauert es Monate, bis der Antrag auf Verlängerung beantwortet ist. Auch derzeit lebt er in einer Art Schwebezustand. „Im Februar war ich deshalb beim Ausländeramt“, sagt der Kosovare. Noch hat die Behörde nicht reagiert. Geht die Antwort nach Monaten ein, wird die Duldung dann wieder nur für wenige Wochen garantiert, ein erneuter Antrag muss abgegeben werden, dessen Bearbeitung wiederum auf sich warten lässt. – Eine Schleife, die auf Dauer zermürbt.
Die Aufenthaltsgenehmigung ist das Eine, die fehlende Arbeitserlaubnis das Andere. „Ich möchte hier nicht nur herumsitzen und vom Staat leben. Ich möchte kein Geld, ich möchte nur eine Arbeitsgenehmigung“, sagt er und betont, dass er und seine Familie sich nie etwas zuschulden hätten kommen lassen. Arbeitsangebote von Firmen gäbe es für den vielseitigen Handwerker, der dank seines Führerscheins obendrein mobil ist, zur Genüge. Ein Sanitär- und Heizungsbetrieb hätte ihn ebenso eingestellt wie ein Baugeschäft und eine Schreinerei. Derzeit hat der Kosovare ein Angebot von einem Fliesenleger, der händeringend Handwerker sucht und Rahman Huma mit Handkuss nehmen würde, auch weil er selbst vor Jahren als Asylbewerber nach Deutschland kam und sich in die Lage des Kosovaren versetzen kann, Doch alle Bemühungen seitens der Betriebe und des Anwalts von Rahman Huma haben nicht gefruchtet. „Das Ausländeramt in Nürtingen reagiert gar nicht“, sagt Christine Sayler-Keim, die einen engen Kontakt zu der Familie aus dem Kosovo pflegt, erbost. „Das ist eine Katastrophe, das geht schon seit Jahren so.“ Die Oberlenningerin macht sich wie viele andere für die Familie aus dem Kosovo stark. Doch selbst die Bemühungen eines Rechtsanwalts und der potenziellen Arbeitgeber stießen auf taube Ohren. Warum die Behörde keine Arbeitsgenehmigung ausstellt, ist für Christine Sayler-Keim auch deshalb völlig unverständlich, weil sie weiß, dass andere Geduldete aus sicheren Herkunftsländern wie beispielsweise aus Georgien eine Arbeitserlaubnis haben.
Bereits in der Flüchtlingsunterkunft an der Sulzburgstraße, in der die Familie die ersten beiden Jahre lebte, war auf Rahman Huma Verlass. Bei Problemen jeglicher Art sprang er als eine Art Hausmeister ein und sorgte für Ordnung. Das Haus in Unterlenningen, das die Familie im Rahmen der sogenannten Anschlussunterbringung seit anderthalb Jahren bewohnt, hat der 36-Jährige selbstständig renoviert. „Wenn wir in den Kosovo zurück müssen, wird es für uns schwierig. Wir haben da gar nichts. Dort haben wir kein Leben.“
Seine guten Deutschkenntnisse hat sich 36-Jährige bei seinem ersten Aufenthalt in Deutschland angeeignet. 1999 flüchtete er während des Kosovokriegs zusammen mit seiner Frau und der damals wenige Monate alten Tochter Klaudija. 2005 erfolgte die Abschiebung. Anschließend lebte die Familie teils im Kosovo, teils in Serbien, doch sie hatte nirgendwo das Gefühl, dazuzugehören. Rahman Huma ist Roma und Muslim, seine Frau gehört der serbisch-orthodoxen Kirche an. „Überall haben die Kinder und wir Probleme bekommen“, so der Kosovare. Nach zehn Jahren stellte er deshalb den Antrag auf Asyl in Deutschland. „Hier haben wir Ruhe. Wir haben viele Freunde und ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn.“
Die inzwischen 19-jährige Tochter Klaudija hat das Angebot, eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau zu absolvieren, die beiden 17- beziehungsweise 13-jährigen Söhne besuchen Schulen in Kirchheim. „Sie sprechen hervorragend deutsch“, betont Christine Sayler-Keim. Das gilt auch für Rahman Huma, der dafür genausowenig einen Sprachkurs brauchte wie für Russisch, Serbisch, Roma und seine Muttersprache albanisch. Die Sprache des Landes zu beherrschen, in dem er lebt, ist für den 36-Jährigen eine Selbstverständlichkeit. „Im Flüchtlingsheim haben wir ihn immer als Dolmetscher genommen“, erzählt Christine Sayler-Keim. Dennoch sei es dort nicht immer einfach gewesen. „Er wurde von den anderen oft ausgegrenzt, weil er bereits zu angepasst an das Leben in Deutschland war.“

Persönliche Verhältnisse spielen eine Rolle

Wer aus sicheren Herkunftsstaaten nach Deutschland einreist, bekommt per Gesetz generell keine Arbeitserlaubnis, so die Erklärung von Peter Keck, Pressesprecher im Esslinger Landratsamt. Wer aus keinem sicheren Herkunftsstaat nach Deutschland einreist und einen Antrag auf Asyl stellt, kann hingegen arbeiten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Ob jemand arbeiten darf, hängt gemäß der Behörde letztlich von verschiedenen Faktoren ab: Eine Duldung während einer Ausbildung nach einem abgelehnten Asylverfahren wird beispielsweise erteilt, wenn die Identität geklärt ist und der Ausländer eine weiße Weste hat. Auch die unterschiedlichen Verfahrensstadien und die persönlichen Verhältnisse spielen eine Rolle.
Die Dauer der Bearbeitungen hängt laut Peter Keck auch immer von der Komplexität eines Antrags ab. Je mehr Daten überprüft werden müssen oder je unplausibler ein Sachverhalt ist, desto größer und zeitaufwändiger ist es, eine Entscheidung zu fällen. ank