Lenninger Tal
Im neuen Lenninger Baugebiet „Lüxen“ ist Wasser ein großes Thema

Bauen Im geplanten Baugebiet am Bruckener Ortsrand kann Regenwasser nicht auf den Grundstücken versickern. Notwendig ist unter anderem eine Aufweitung des verdolten Krötenbachs. Von Anke Kirsammer

Äußerst attraktiv gelegen, aber topografisch anspruchsvoll. Das sind die Rahmenbedingungen für das geplante Baugebiet „Lüxen“ in Brucken. Schon bei der Vorstellung des städtebaulichen Konzepts durch das Büro mharchitekten war klar geworden, dass die Erschließung nicht einfach wird. Beauftragt wurde deshalb das Münsinger Büro Pirker + Pfeiffer Ingenieure, um zu planen, wie sich das Gebiet auf Grundlage des Siegerentwurfs erschließen lässt. Bei der Präsentation wurde jetzt deutlich: Bis die ersten Bagger in dem Baugebiet anrollen, wird wohl noch eine gewisse Zeit ins Land gehen. Wie Bürgermeister Michael Schlecht erklärt, wirkt sich auch das im vergangenen Jahr verabschiedete Gesetz zur Stärkung der Biodiversität auf das weitere Vorgehen aus. Der Grund: In dem künftigen Baugebiet stehen noch Streuobstbäume. „Wir müssen die Interessen der Natur berücksichtigen, das nimmt Zeit in Anspruch“, so Michael Schlecht.

 

Mir kommt es vor wie bei OB Klett,
der vor 70 Jahren in Stuttgart
die autogerechte Stadt geplant hat.
Gemeinderat Ulrich Jaudas
 

„Erfreulich ist, dass keine Schadstoffe im Boden gefunden wurden“, sagt der Geschäftsführer von Pirker + Pfeiffer, Wolfgang Uhlmann. Weitere Untersuchungen soll es bezüglich Kampfmitteln geben. Zwar wurden bislang keine Blindgänger von Sprengbomben gefunden, allerdings gibt es Hinweise darauf, dass das Gebiet im Krieg aus der Luft bombardiert worden war.
Damit Müllfahrzeuge, Räum- und Rettungsdienste fahren können, müssen Straßen teils verbreitert und spitz zulaufende Ecken in den Einmündungen abgeschrägt werden. Erschlossen wird das Gebiet über den Rinnenweg und die Bühlstraße beziehungsweise die Merzenäcker. Dagegen soll die Bergstraße lediglich dem Anlieferverkehr dienen. Gegenüber der ursprünglichen Planung wird sie deshalb von 4,65 auf 3,50 Meter verschmälert. Die Höhenunterschiede des Geländes wirken sich vor allem auf die kurzen Verbindungen sowie die Zufahrten über den Rinnenweg und die Bühlstraße aus: Sie liegen zwischen elf und gut 18 Prozent. „Solche Steigungen sind in Lenningen nicht unbekannt. Damit muss man umgehen“, meint Wolfgang Uhlmann. Insgesamt entstehen im und an dem Wohngebiet 16 öffentliche Parkplätze – deutlich mehr als bislang vorgesehen waren. Zwei sollen eine Ladestation für Elektrofahrzeuge bekommen.
Der Umgang mit Wasser ist an dem Bruckener Ortsrand ein großes Thema: Schon bisher kann der verdolte Krötenbach Starkregen nicht immer komplett aufnehmen. Unabhängig vom Baugebiet braucht es deshalb laut Planer größere Rohre. Geklärt werden muss, ob der vorhandene Einlauf aufgeweitet oder ein zweiter gebaut wird. Um auch den „Lüxen“ bei starkem Regen vor Überflutungen zu schützen, ist im südlichen Bereich der Bau eines Grabens vorgesehen, über den das Hangwasser ebenfalls zum Krötenbach fließt.
Schmutz- und Regenwasser werden getrennt abgeleitet. Weil aber Niederschlagswasser gemäß einem Baugrundgutachten in dem Gebiet nicht versickert, soll es zurückgehalten und verzögert in den Bach geleitet werden. Angedacht sind drei zentrale Rigolen unter den öffentlichen Hofflächen des Baugebiets. Das Straßenwasser wiederum könnte an der Oberfläche abgeleitet werden und die Bäume mit dem nötigen Nass versorgen – eine Lösung, die laut Wolfgang Uhlmann und Bürgermeister Schlecht durchaus „Charme“ hätte. Damit in den künftigen Wohnhäusern Frischwasser fließt, sollten gemäß dem Planer Teile des bestehenden Netzes aufdimensioniert werden.


Rat diskutiert über Verkehr


Gemeinderat Karl Boßler hat Sorge, dass die öffentlichen Parkplätze nicht ausreichen und stößt die Überlegung an, die vorgesehene Wendeplatte umzufunktionieren. „Das ist keine Wendeplatte im eigentlichen Sinn, sondern sie spiegelt den städtebaulichen Charakter wider“, so die Erklärung Wolfgang Uhlmanns. Kurt Hiller kann sich wiederum vorstellen, darauf zu verzichten und stattdessen die nördliche Straße aus dem Baugebiet Richtung Rinnenweg hinauszuführen. Das allerdings hätte laut Planer einen Ausbau des Rinnenwegs zur Folge. „Wegen des Biotops oben macht da sicher die Behörde nicht mit.“ Alice Kurz‘ Anregung, statt der drei zentralen Anlagen für das Niederschlagswasser in die Gärten Zisternen zu setzen, erteilt er ebenfalls eine Absage. Sie müssten mit neun bis zehn Kubikmetern doppelt so groß sein wie normale Gartenspeicher. „Hier benötigt man zusätzliches Puffervolumen, und diese Anlagen sind in der Betreuung sehr aufwendig. „Eine Zisterne kann sich aber jeder selbst in den Garten stellen.“
Ein Problem mit der Verkehrserschließung hat Dr. Ulrich Jaudas: „Ich habe den Eindruck, wir sind 70 Jahre zurück – so wie der Stuttgarter Oberbürgermeister Klett damals die autogerechte Stadt geplant hat.“ Verwässert sei auch die ursprünglich Idee der Wohnhöfe. „Sie hat der Gemeinderat als nicht geeignet angesehen“, stellt Michael Schlecht klar. „Ob es uns gefällt oder nicht: Auch übermorgen fahren dort noch Autos.“
Bei zwei Enthaltungen von Ulrich Jaudas und Michaela Gernert stimmte der Gemeinderat dem Konzept der Erschließung zu. Auf dieser Grundlage werden nun der Bebauungsplan und die Erschließung erarbeitet.