Lenningen. Mit einem Floß, langen Stangen und Seilen, einem Winkelmessgerät, Kompass, Thermometer und Fackeln befuhr ein Oberlenninger Team am 21. September 1875 die aktive Wasserhöhle unter Grabenstetten mit offizieller Förderung durch das „Königliche statistisch topographische Bureau“. Der Architekturstudent und Oberlenninger Pfarrersohn Carl Theodor Kolb hatte mehrfach vor dieser Expedition die Falkensteiner Höhle befahren. Zu dem Team gehörten auch zwei Geologen, höhlenerfahrene Grabenstetter Bürger und der Oberlenninger Schultheiß Carl Sigel.
Zahlreiche Forschungsergebnisse, insbesondere des Tübinger Medizinstudenten Sigmund Fries waren dem Oberlenninger Studenten bekannt. Das Interesse von Fries galt der Fauna und Flora der Höhle. Aber noch fehlte eine topografische Vermessung. Deshalb werden in der heutigen Fachliteratur Theodor Kolbs Kartografie der über 400 Meter langen Strecke vom Eingang bis zum 1.Siphon als erste genaue Beschreibung genannt – Andreas Kücha vermaß die Höhle von 1997 bis 1999 bis zum achten Siphon bei 3987 Metern. Christoph Gruner, langjähriger Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten“, weist im Vergleich mit heutigen Vermessungen auf die Genauigkeit dieser Pionierleistung hin. Die Zeichnung des Situationsplans mit Längen- und Querprofilen fertigten der Geometer Breitling und der Architekturstudent Kolb. Die ausführliche Beschreibung der Expedition stammt von Carl Theodor Kolb.
Sagenumwobene Geschichten von der „Goldhöhle“ Schwabens beflügelten Fantasie und Abenteuerlust in weitem Umkreis. Dort sollten die Schätze des Ritters von Falkenstein vergraben sein, der einst auf der Höhe über der Höhle gehaust haben soll: „Ein Schatz so groß wie ein Ofen, der nur dann erhoben werden könne, wenn Einer darüber sein Leben lasse, und sie beschifften daher die Höhle vor 40 Jahren mit außerordentlicher Lebensgefahr, fanden sich aber in ihrer Hoffnung enttäuscht“, heißt es im Universallexikon von Württemberg 1841.
„In dem dunklen Grund einer tiefen Waldschlucht liegt Huhka, die Uhuhöhle . . mit stillen Seen im ewigen Dunkel. Dort ist das Reich des Angekko, des Zauberers mit seinen Trommelklängen . . .“ David Friedrich Weinland, der Autor des Jugendbuchs „Rulaman“, beschreibt die Falkensteiner Höhle geheimnisvoll verlockend. Eine Gedenktafel im imposanten Eingangsportal der Höhle erinnert an den Verfasser und Sohn Grabenstettens, der um die große Anziehungskraft des Goldgräberstollens wusste.
Die Falkensteiner Höhle war auch in vorgeschichtlichen Epochen wohl kaum bewohnt. Aber die Menschen waren zu allen Zeiten von der nassen Höhle fasziniert. Die Keltensiedlung auf der Hochfläche nennt man Elsachstadt. Welche Beziehung hatten die Kelten zu dieser Höhlenschlucht? Die Verlockung, Mineralien und edle Metalle zu finden, sorgte seit dem 18. Jahrhundert für vergebliche verwegene Abenteuer. Mit Goldgräberlizenzen hatten einige Geschäftstüchtige gutgläubige Käufer angelockt. Etliche Menschen sollen in der Wasserhöhle umgekommen sein. Einer der Goldsucher habe dort Selbstmord begangen. Auf Anordnung des württembergischen Herzogs sollte er auch in der Höhle beerdigt werden, sein Skelett wurde aber nie gefunden.
Erst im frühen 19. Jahrhundert begannen die ersten wissenschaftlich orientierten Erforschungen dieser berühmtesten, berüchtigsten und gefährlichsten Wasserhöhle. Mehrere wissenschaftliche Beschreibungen sind bekannt. Noch fehlte eine kartografische Vermessung. Die Falkensteiner Höhle hat wegen des Wasserlaufes eine ziemlich einfache räumliche Struktur ohne große Seitenverzweigungen. Je nach Niederschlägen oder Schneeschmelze kann das Wasser innerhalb der Höhle stark ansteigen, dass der Wasserstand in den Seen und Siphons unterschiedlich hoch ist. Deshalb kann bei starkem Hochwasser auch der niedrige Eingangsteil auf über 20 Meter Länge unter Wasser stehen. So beschreiben die Höhlenforscher Kolb und Sigel die Zuflüsse zur Elsach.
Ein Jahrzehnt später hatte Pfarrer Karl Gußmann die Gutenberger Trockenhöhlen erforscht und um das Schicksal des Carl Theodor Kolb gewusst. Als er mit dem Erkenbrechtsweiler Pfarrer Friedrich Losch seine Neuentdeckung neben der Gutenberger Höhle untersuchen wollte, waren die beiden dabei in einen Felsspalt eingebrochen. Losch schrieb in seinen Lebenserinnerungen:“ . . . In dieser Weise war seinerzeit der Sohn des Pfarrers Kolb aus Oberlenningen in der Falkensteiner Höhle verschwunden . . . Gottlob war die Einbruchstelle nur die Decke eines Fuchsbaus . . .“
Während heute Gußmanns Entdeckungen Schauhöhlen sind, fordert bis heute die wilde Wasserhöhle zu oft gefährlichen Abenteuern heraus.