Lenninger Tal

In kleinen Schritten zur Barrierefreiheit

Optimierung In der Oberlenninger Marktstraße wird ein Streifen abgefräst, damit sich Menschen mit Behinderung auf dem Kopfsteinpflaster besser bewegen können. Von Anke Kirsammer

Ältere Menschen tun sich schwer, in der Oberlenninger Ortsmitte stolperfrei voranzukommen. Die Gemeinde möchte deshalb reagieren
Ältere Menschen tun sich schwer, in der Oberlenninger Ortsmitte stolperfrei voranzukommen. Die Gemeinde möchte deshalb reagieren und eine ebene Furt herstellen. Foto: Jean-Luc Jacques

So schön Pflaster gestalterisch aussieht: Wer einen Rollator schiebt oder auf einen Gehstock angewiesen ist, tut sich schwer damit, über die holprigen Steine zu laufen. Die Gemeinde Lenningen geht nun einen außergewöhnlichen Weg, um einen Schritt weiter in Richtung mehr Barrierefreiheit zu kommen: Auf einem Streifen von einem Meter Breite wird auf der Marktstraße in Oberlenningen das Kopfsteinpflaster abgefräst. Durch die deutlich planere Oberfläche sollen Stolperfallen zwischen der Brücke an der Hofstraße bis zur Einmündung des Marktplatzes in die Bundesstraße bald der Vergangenheit angehören.

Immer wieder war Bürgermeister Michael Schlecht in den vergangenen Jahren von älteren Menschen auf das Problem in der Ortsmitte angesprochen worden. Der ursprüngliche Plan war, den Belag erst dann zu optimieren, wenn klar ist, wie die Marktstraße künftig gestaltet wird. Eine dennoch vorgenommene Prüfung hat ergeben, dass sich das Abfräsen recht kostengünstig machen lässt. 10 000 Euro veranschlagt die Fachfirma dafür. Die Herstellung eines entsprechenden Streifens mit großflächigen Platten hätte laut einer Kostenschätzung 60 000 Euro gekostet. „Bei dem Betrag haben wir doch geschluckt und deshalb nach anderen Lösungen gesucht“, erklärte der Rathauschef.

Probelauf vorm Steinbrückchen

Dem Vorschlag im Gemeinderat ging ein mehrwöchiger Probelauf voraus. Abgefräst wurden einige Quadratmeter des Pflasters vor dem Steinbrückchen, das von der Marktstraße über die Lauter führt. Über den Verein „Unser Netz“ wurde die Nutzerin eines Rollators gebeten, die Strecke zu testen. „Das war kein Vergleich“, sagt Gabriele Riecker, Leiterin der Koordinationsstelle. „Die Frau hatte leere Plastikflaschen in ihrem Körbchen. Beim Gang über das unebene Pflaster sind sie gehüpft, es hat gescheppert und die Arme der Frau haben richtig vibriert“, sagt Gabriele Riecker. Auf dem abgefrästen Abschnitt seien die Flaschen dagegen völlig ruhig liegen geblieben. Auch wer im Rollstuhl sitzt oder einen Buggy schiebt, werde den Unterschied deutlich merken. Sie geht deshalb davon aus, dass der Streifen viel befahren sein wird und findet die Idee der Verwaltung „genial“.

Dass es sich bei der Maßnahme um einen Kompromiss handelt, ist Michael Schlecht klar. Im Vordergrund steht für ihn aber die Barrierefreiheit. Überlegt wird, den Streifen auf der westlichen, also auf der vom Rathaus abgewandten Seite, entlang zu führen und Übergänge zu den einzelnen Geschäften zu schaffen. Der genaue Verlauf soll noch mit den Gewerbetreibenden abgesprochen werden.

Unterschiedliche Reaktionen

Unterschiedlich fielen die ersten Reaktionen im Ratsgremium aus: Während Wolfgang Tröscher zugab, über die Optik den Kopf geschüttelt zu haben, sich aber dennoch eine Erleichterung für Menschen mit Rollatoren davon verspricht, lobte Georg Zwingmann die schnelle Umsetzbarkeit und die durch das Abfräsen entstehende „interessante Struktur“. Karl Boßler setzte hinter die Langlebigkeit ein dickes Fragezeichen, da das Pflaster auf der Marktstraße großteils nicht verfugt ist. Falk Kazmaier befürchtet, dass die Rollen deshalb trotzdem an dem Pflaster hängen bleiben.

Wo nötig, könne gegebenenfalls Fugenmasse eingebracht werden, so Michael Schlecht. Der Vorteil sei, dass die Gemeinde für einen überschaubaren Betrag eine Lösung für die nächsten Jahre bekomme. Einstimmig segnete das Ratsgremium den Beschlussvorschlag ab. Der Betrag ist über einen Haushaltsrest in Höhe von 90 000 Euro abgedeckt.