Lenninger Tal

In technischen Wunderwerken steckt auch mancher Irrweg

Hobby Manfred Eichhorn aus Oberlenningen konstruiert aufwendige Kugelbahnen aus Plexiglas. Der Tüftler unterrichtete im Fachseminar angehende Lehrer. Von Anke Kirsammer

Manfred Eichbaum hat ein spezielles Hobby: Kugelbahnen aus Plexiglas. Fotos: Carsten Riedl
Manfred Eichbaum hat ein spezielles Hobby: Kugelbahnen aus Plexiglas. Foto: Carsten Riedl

Wenn Manfred Eichhorn den Schalter umlegt, beginnt es zu surren, zu klappern und zu klimpern. Räder drehen sich, Ketten schnurren, Wippen schnellen nach unten und Weichen stellen sich um. Kugeln rollen durch Röhrchen und purzeln klackernd von einer Etage in die nächste. „Früher habe ich Schüler und Seminaristen angeleitet, jetzt mache ich es selber“, sagt der 80-jährige Oberlenninger, der im Tal bekannt ist als ehemaliger Vorsitzender des Turnvereins Unterlenningen.

Bis zu seiner Pensionierung war Manfred Eichhorn Fachbereichsleiter für Technik im Pädagogischen Fachseminar in Kirchheim. Dort war dem Lehrer immer wichtig, dass die Schüler beim Konstruieren einen großen Gestaltungsspielraum haben. Von Baukästen, die dem Nachwuchs alles vorgeben, hält er nichts.

Von der Fantasie geleitet

Stolz steht er vor seiner ersten großen Kugelbahn, der er den Titel „Das blaue Wunder“ gegeben hat. Dreieinhalb Bahnen sind nach 16 Jahren fertig, 24,5 möchte Manfred Eichhorn noch bauen. Die Anzahl hat er willkürlich gesetzt. Erst dann hält er sein Lebenswerk für beendet. „Das dürfen Sie ruhig so schreiben“, sagt er ernst.

Manfred Eichbaum hat ein spezielles Hobby: Kugelbahnen aus Plexiglas. Foto: Carsten Riedl
Manfred Eichbaum hat ein spezielles Hobby: Kugelbahnen aus Plexiglas. Foto: Carsten Riedl

Mit einfachen hölzernen Kugelbahnen für Kinderhände haben die filigranen Konstruktionen aus durchsichtigem oder eingefärbtem Acrylglas nichts zu tun. Zwischenböden, Wände, Laufrinnen und Drähte, die für die Murmeln teils als Geländer dienen, scheinen zu schweben. Wie viele Arbeitsstunden in seinen „interaktiven Machwerken“ stecken, weiß Manfred Eichhorn nicht.

Zu seinem Handwerkszeug gehört eine Kreissäge in Miniatur, die sich problemlos durch die dünnen Plexiglasscheiben frisst. Schräubchen, Muttern, Unterlagsscheiben, Gewindestangen und Aluprofile liegen fein säuberlich beschriftet in Kästchen und Schubladen in der Werkstatt bereit.

Wenn sich der Oberlenninger an den Bau einer Kugelbahn macht, hat er nur eine vage Vorstellung davon, wie das neue Werk aussehen soll. „Es ist immer spannend, ob es funktioniert. Irrtümer gehören dazu“, sagt er. Eine Herausforderung war beispielsweise das Zusammenspiel von Pendel und Sprossenrad in der Bahn „Pendulus longus“. Doch auch diese Nuss hat Manfred Eichhorn nach langen zeichnerischen Versuchen mit dem Einbau einer Magnetspule und eines Reedschalters geknackt.

Eingebrannt hat sich dem ehemaligen Lehrer, wie er in einem Kurs für Frauen im Wortsinn „Schiffbruch“ erlitten hatte. Die Teilnehmerinnen sollten Schiffchen mit Propellermotoren basteln. „Die Boote sind alle umgekippt“, erinnert sich Manfred Eichhorn schmunzelnd. „Von da an habe ich immer einen Prototyp gebaut“. Den bekamen die Schüler nie zu sehen, doch wusste der Dozent so, dass sich die von ihm gestellte Aufgabe lösen lässt.

Der Clou seiner Bahnen ist der Transport der Murmeln zum höchsten Punkt. Beim „Blauen Wunder“ werden die Kugeln wie in einer Art Paternoster nach oben gezogen, in der „Archimeda“ wandern sie - der Name ist Programm - über eine archimedische Schraube in die Höhe. Angesichts der Ästhetik der Ton in Ton gehaltenen, mit Glitzer, Perlen oder auch mit Sand aus der Sahara verzierten Bahnen ist man versucht, von Kunstwerken zu sprechen. Doch dagegen wehrt sich Manfred Eichhorn. „Ich erhebe keinen Anspruch auf künstlerische Vollkommenheit“, sagt er und bezeichnet seine Kugelbahnen als „Machwerke“. Sein Vorbild ist Jean Tinguely. Der Unterschied sei jedoch, dass der Schweizer Maler und Bildhauer seine maschinenähnlichen Skulpturen aus „Schrott“ baute, er dagegen edles Plexiglas verwende. Zwar sind die Konstruktionen mit Schrauben verbunden, damit sie leicht repariert oder justiert werden können, doch sind sie nicht für einen größeren Transport gebaut. Dennoch möchte Manfred Eichhorn sie der Öffentlichkeit präsentieren und könnte sich vorstellen, im kommenden Jahr zusammen mit seiner Frau, die Keramiken anfertigt, zu einem Tag der offenen Tür einzuladen.