Lenninger Tal

Johannes Bächtle trotzt den Klischees

Beruf Die Fleischer-Branche tut sich schwer, Nachwuchs zu bekommen. Der 19-Jährige aus Gutenberg hat seine Ausbildung als Prüfungsbester in der Region Stuttgart abgeschlossen. Von Henrik Sauer

Der Gutenberger Johannes Bächtle kennt sich auch mit dem Zubereiten von Fleisch aus und berät gerne seine Kunden.Fotos: pr
Der Gutenberger Johannes Bächtle kennt sich auch mit dem Zubereiten von Fleisch aus und berät gerne seine Kunden. Foto: Jürgen Holzwarth

Dass er einmal Metzger werden würde, stand für Johannes Bächtle schon relativ früh fest. „Mein Onkel hat eine Metzgerei, und schon während des Kindergartens war ich oft bei ihm und habe zugekuckt“, erzählt der 19-Jährige aus Gutenberg. Später verdiente er sich in den Ferien dort etwas Geld und merkte, dass ihm die Arbeit Spaß macht.

Klar, dass Metzgermeister Hans-Jürgen Kurz nicht zögerte, als sich Johannes Bächtle bei ihm um einen Ausbildungsplatz bewarb, und ihn einstellte. Solche jungen Leute sind heute im Fleischer-Beruf rar geworden. Der Inhaber der Metzgerei Blessing und Kurz in Köngen ist auch stellvertretender Obermeister der Fleischer-Innung Stuttgart-Neckar-Fils, deren Lehrlingswart sowie Mitglied im Vorstand des Landesinnungsverbands.

„Wir tun uns schwer, von unserem Image wegzukommen“, hat Kurz als eine der Hauptursachen ausgemacht. Wobei er gleich mit dem wohl gängigsten Klischee aufräumt: Das Schlachten von Tieren ist heute nicht mehr vorgeschriebener Bestandteil der Ausbildung. „Heute schlachten immer weniger Betriebe“, berichtet er. In Baden-Württemberg seien es nur noch etwa 20 Prozent. Auch Kurz schlachtet nicht selbst.

Für Johannes Bächtle beginnt der Tag morgens um 5 Uhr. Montagmorgens werden die Schweinehälften angeliefert. Dann geht es ans Zerlegen: Schulter, Bauch, Karree und Keule. Die Knochen werden entfernt, das Fleisch zugeschnitten und ladenfertig gemacht.

Am Mittwoch und Donnerstag werden Würste hergestellt. Das Fleisch wird zerkleinert, je nach Wurstsorte fein oder grob, gewürzt und die Wurstmasse anschließend in Därme gefüllt. Am Freitag steht bei der Metzgerei Kurz dann das Rohwurstmachen auf dem Plan. „Das ist so etwas wie die Königsdisziplin“, sagt Johannes Bächtle. Für Salami oder Landjäger sei Fingerspitzengefühl und Fachwissen erforderlich.

Auch das Fleischmachen für Maultaschen gehört dazu. Geschickt schneidet Johannes Bächle die Stücke mit dem Messer klein. Das Fleisch kommt in den Fleischwolf und später zusammen mit den weiteren Zutaten wie Brot, Eier, Spinat und Gewürzen in den Kutter, wo es zur Teigfüllung verarbeitet wird. Es ist Bächtles erste Woche als frisch ausgelernter Fleischergeselle. Die Abschlussprüfung sei gut gelaufen, erzählt er bescheiden. Sein Chef ergänzt, dass Bächtle der beste Absolvent im Bereich der Handwerkskammer Region Stuttgart am Landesleistungswettbewerb ist und den fünften Platz beim Bundeswettbewerb ergattert hat.

Kein Blut, nur Fleischsaft

Mit Blut habe er so gut wie gar nicht zu tun, sagt Bächtle: „Die Flüssigkeit ist nur Fleischsaft, und das gehört zum Handwerk eben dazu.“ Er selbst war auch schon beim Schlachten dabei, im Betrieb seines Onkels, und kann damit umgehen: „Immerhin hat man dabei selbst in der Hand, wie ein Tier stirbt“, sagt der Gutenberger.

Bei der Prüfung stand für Johannes Bächtle neben den Grundlagen auch das Kochen auf dem Programm. „Catering ist heute das zweite Standbein vieler Betriebe“, berichtet Bächtle. Und nicht zuletzt wollen viele Kunden beraten werden, wie sie das Fleisch am besten zubereiten. „Man kann sich gut verwirklichen und kreativ sein. Viele sagen immer, Koch sei ein kreativer Beruf. Aber das sind wir auch. Nur, wir haben die besseren Arbeitszeiten“, so Bächtle.

„Der Beruf ist innovativ, aber er erfordert auch Können“, sagt Hans-Jürgen Kurz, der auch Vorsitzender der Prüfungskommission in Stuttgart ist. Man muss nicht nur mit dem Computer umgehen, um die Füllanlagen bedienen zu können. Man arbeitet auch mit Nahrungsmitteln. Das sei eine hohe Verantwortung.

Die Karrierechancen nach der Ausbildung sind groß. Man kann den Meister machen oder eine Weiterbildung zum Fleischereitechniker, oder man studiert Fleisch- oder Lebensmitteltechnologie. Dadurch ist der Weg dann auch in andere Branchen möglich, berichtet Hans-Jürgen Kurz.

Johannes Bächtle wird dem Beruf des Metzgers treu bleiben. „Ich möchte noch ein paar Jahre als Geselle arbeiten und dann den Meister machen“, erzählt er. Seit September arbeitet er in einem Betrieb in Tübingen. Wollte Hans-Jürgen Kurz seinen Azubi nicht behalten? „Es war von vornherein klar, dass er nicht bleiben wird“, sagt er: „Es gehört dazu, noch andere Betriebe zu sehen.“

Junge Leute im Fleischer-Beruf sind rar. Das weiß auch Hans-Jürgen Kurz von der Metzgerei Blessing und Kurz in Köngen.
Junge Leute im Fleischer-Beruf sind rar. Das weiß auch Hans-Jürgen Kurz von der Metzgerei Blessing und Kurz in Köngen. Foto: Jürgen Holzwarth

Wie steht es um den Beruf des Metzgers im Landkreis?

Im Landkreis gibt es 41 Metzgereien, die in der Fleischerinnung organisiert sind. Davon bilden 13 Betriebe Lehrlinge aus - 29 sind es aktuell. „Insgesamt stehen Berufe im Lebensmittelbereich seit vielen Jahren nicht in der Gunst der Bewerber“, sagt Markus Knorpp, Teamleiter der Berufsberatung der Esslinger Arbeitsagentur. Das betreffe neben dem Fleischer auch den Bäcker und den Koch. „Jugendliche denken, sie bekommen in diesen Berufen nur wenig gesellschaftliche Anerkennung“, sagt Knorpp.

Jugendliche sehen laut dem Experten in anderen Branchen höhere Verdienstmöglichkeiten, bessere Aufstiegschancen und bessere Arbeitszeiten. Die positiven Seiten der Berufe im Lebensmittelbereich hervorzuheben, falle deswegen nicht leicht. „Wir bemerken seit Kurzem aber in den Berufsberatungen erste Veränderungen in der Haltung der Bewerber. Das liegt daran, dass Themen wie Kochen oder Grillen derzeit sehr im Fokus der Gesellschaft stehen“, erklärt der Teamleiter.

Die Innung versucht, über Werbung in den sozialen Medien junge Leute für den Fleischerberuf zu begeistern. Auch auf Ausbildungsmessen sei man vertreten, berichtet Hans-Jürgen Kurz. Als „kleines Bonus-Pünktle“ bekommen die beiden Landessieger beim Leistungswettbewerb in den Sparten Verkauf und Produktion je für ein halbes Jahr ein Auto. Damit möchte man einen zusätzlichen Anreiz schaffen und zeigen, dass man bei guter Leistung auch etwas erreichen kann. hs