Lenninger Tal
Kleinbrenner schicken ihre edlen Flaschengeister nach Owen zur Prämierung 

Landwirtschaft Beim Landeswettbewerb des Kleinbrennerverbands werden über 1700 Proben bewertet. Es ist eine der größten Prämierungen von Destillaten und Likören in diesem Jahr weltweit.  Von Iris Häfner 
  

Tolle, unverfälschte und intensive Aromen ins Glas bringen, das ist der Ansporn, der die Destillat-Erzeuger antreibt. Um zu wissen, wo sie mit ihren Produkten von Streuobstwiese, Wacholderheide und Acker stehen, nahmen sie am Landeswettbewerb der Klein- und Obstbrenner Nord- und Südwürttemberg teil. Der fand wieder in der Teckhalle in Owen statt – ganz regulär ohne Corona-Pause, denn es gibt einen Zweijahres-Rhythmus. Das Teckstädtchen ist seit einigen Jahren Austragungsort, da die Geschäftsstelle von Brigitte Steinwender und Klaus Fissler aus Owen betreut wird. „Trotz Pandemie können wir wieder die weltweit größte Prämierung von Destillaten und Likören veranstalten“, freut sich Klaus Fissler.
Wer an den zwei Wettbewerbstagen die Stufen zum Herzog-Konrad-Saal hinunter geht, dem schlägt ein unglaubliches Gemisch an Düften entgegen. 1736 Flaschen in den unterschiedlichsten Formen und gefüllt mit hochprozentigem Inhalt stehen in Reih und Glied dicht gedrängt auf den Tischen. Pro Reihe sitzt ein Mensch. Die Frauen und Männer füllen gewissenhaft Proben in kleine Gläschen, die allesamt einen Deckel haben, damit sich ja nicht der Duft verflüchtigt. Auf dem Tablett werden die Destillate einen Raum weiter blind verkostet. Hier sitzen Vierer-Teams beisammen, die zuerst ihre Nasen in das Glas tauchen, die Aromen aufnehmen, um dann die Gaumenfreuden zu kosten. Das edle Nass wird in den seltensten Fällen geschluckt, sondern in einen Eimer ausgespuckt, damit die Prüfer einen klaren Kopf behalten.

Die schwäbische Whisky-Botschafterin Angela Weis hat an einem Morgen 74 verschiedene Whisky gekostet. „Das ist machbar, aber man muss sich unglaublich konzentrieren und den Gaumen mit Wasser und Weißbrot immer wieder neutralisieren“, erzählt sie. Die Edelbrand-Sommelière ist vom Whisky begeistert und bietet in Owen seit 2012 auch den Whisky-Walk an. Das kommt nicht von ungefähr, denn 1989 brannte der Owener Christian Gruel den ersten Whisky in Deutschland. Er hat mittlerweile viele Nachahmer gefunden, vor allem im Südwesten. „Unsere Produkte können sich sehen lassen, im internationalen Vergleich halten sie mit. Es geht darum, das Aroma der Heimat einzufangen“, erklärt Angela Weis. Über 160 Brenner stellen in Deutschland das Trend-Getränk her. „Das sind doppelt so viele wie in Schottland – aber die Menge ist weit weniger“, relativiert sie.

Stark im Trend liegt auch der Gin. Wurden vor zwei Jahren 38 Flaschen zur Probe abgeliefert, sind es heuer über 100. Bei dieser Spirituose können die Brenner ihrer Kreativität freien Lauf lassen und mit den Ingredienzien spielen. Karl Müller, Erster Vorsitzender des Landesverbands Nord-Württemberg, verwies darauf, wie wichtig der Wettbewerb ist. „Die Brenner wissen hinterher, wo sie stehen.“
Bei der praktischen Arbeit bei den Brennern stark gefragt, ist Jürgen Friz von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg. Der Brennmeister ist Ansprechpartner für seine Kollegen, berät bei Fragen technischer Art oder stellt Kalkulationshilfen zur Verfügung. Nicht wegzudenken im Wettbewerbsteam ist auch Dr. Daniel Einfalt von der Uni Hohenheim. Ihm ist vor allem eines wichtig: gute von schlechten Aromen zu trennen. „Wie schaffe ich es, ein Apfeldestillat herzustellen, das alle Aromen in sich birgt“, ist die Frage, die ihn umtreibt. Wer ein Seminar bei ihm besucht, weiß danach, dass Vorlauf nach Klebstoff riecht und der Nachlauf nichts im Destillat verloren hat. Der Mittellauf ist das Maß der Dinge.
Ein Heimspiel hatte Jens Häußler.

Der Owener ist im Landratsamt Esslingen Obst- und Gartenbauberater. „Das ist Landschaftspflege im Glas. Im Destillat wird die Rohware von den Streuobstwiesen veredelt und eine Wertschöpfung geschaffen“, sagte er. Somit trägt jeder zur Erhaltung der Kulturlandschaft mit ihrem Artenreichtum bei, der sich ein edles Tröpfchen gönnt.