Lenningen. Was Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht den Gemeinderäten auftischte, war nicht von Pappe: Statt der geplanten 182 000 wird der Chemieraum im Haus D des Lenninger Schulzentrums wohl 300 000 Euro kosten. Als Grundlage für die Modernisierung des Chemiesaals diente nicht wie üblich die Schlussrechnung eines vergleichbaren Projekts, sondern der Kostenanschlag für die Sanierung eines Fachraums aus dem Jahr 2009. Um genügend Puffer für eine Kostensteigerung und ein Mehr an Anforderungen zu haben, wurde der dort verankerte Betrag von 140 000 auf 182 000 nach oben gesetzt. Damit wähnte sich die Verwaltung auf der sicheren Seite. Doch weit gefehlt. Das mit der Modernisierung des Chemiefachraums beauftragte Kirchheimer Büro Bankwitz Architekten hat inzwischen ermittelt, dass für das Vorhaben 300 000 Euro angesetzt werden müssen. „Wäre das von Anfang an klar gewesen, hätte ich die Sanierung trotzdem vorgeschlagen“, so lautete Schlechts Direktive. Den fehlenden Betrag möchte der Rathauschef nicht aus dem Sparstrumpf der Gemeinde bezahlen, sondern im kommenden Jahr nachfinanzieren.
Hochbauamtsleiter Florian Fischer versuchte zu erklären: „Wir wollen Ihnen keine goldenen Wasserhähne verkaufen, sondern sind schlicht von einem falschen Ansatz ausgegangen.“ Verantwortlich für das Lenninger Hochbauamt im Jahr 2009 war noch Fischers Amtsvorgänger Uwe Straub. Auch war ein anderes Büro mit der Planung betraut.
Für Gemeinderat Wolfgang Tröscher war die Maßnahme trotz der höheren Kosten unstrittig. Er wollte jedoch wissen, ob es sich bei der Ausführung um einen „Daimler“ oder einen „VW Golf“ handelt und ob der jetzige Ansatz ausreicht. „Wir haben versucht, die Kosten im Vorfeld detailliert abzuklären. Sie bekommen einen guten Mittelklassewagen, nichts Überdimensioniertes“, sagte Planerin Sandra Rapp vom Kirchheimer Büro Bankwitz Architekten.
Ratsmitglied Georg Zwingmann wollte sich indes mit den Erklärungen der Verwaltung nicht zufrieden geben. „Ich würde den Kostenanschlag gerne sehen. Das ist ja ein Wahnsinnssprung“, sagte er. Für eine Ausschreibungsfreigabe fehlten ihm die Grundlagen. „Wie es zu der fehlerhaften Berechnung kam, ist für mich nicht nachvollziehbar“, so Schlecht. „Den Nachweis bleiben wir Ihnen wahrscheinlich schuldig.“ Das Ganze sei ein Versäumnis der Verwaltung.
Gemeinderat Karl Boßler hielt die Maßnahme für ein Muss. Er wunderte sich jedoch darüber, dass sich die Lehrer ursprünglich für eine Versorgung des Chemiefachraums über die Decke ausgesprochen hatten. Ausdrücklicher Wunsch sei beispielsweise gewesen, an allen Plätzen Zu- und Abwasser zu haben, so Fischer dazu. Die Leitungen bekomme man aber nicht aufs Dach. Geplant sind nun feste Installationssäulen am Boden. Zudem sei es völlig normal, dass im Laufe einer Projektentwicklung Details abgeändert werden.
Wie Sandra Rapp erläuterte, sollen die Schüler-Energiesäulen zudem mit Gas-, Strom- und einem EDV-Anschluss ausgestattet werden. Das komplette Mobiliar ist nicht mehr zeitgemäß, und nach modernem Standard müssen die Schränke belüftet sein. Für die Lehrer ist unter anderem ein Experimentierpult vorgesehen, von dem aus jede Schülersäule angefahren werden kann.
Michael Schlecht sagte dem Gremium zu, die Zahlen für die nächste Gemeinderatssitzung am 15. September aufzubereiten. Die Ausschreibung wurde bis dahin vertagt.
Läuft alles nach Plan, soll die rund zwölf Wochen dauernde Modernisierung des Fachraums im Sommer 2016 über die Bühne gehen. Baustart wäre noch während der Schulzeit Mitte Juli. Anfang Oktober könnte der Fachraum dann in Betrieb genommen werden.