Lenninger Tal

Kuhfladen als Fußwärmer – wer macht sowas?

Zusammen mit Frieda Scheuchle entdecken Kinder den Alltag eines Bauernkindes im Freilichtmuseum Beuren

Führung "Mit Frieda Scheuchle auf Entedeckungstour".  Was haben Kinder früher ohne Handy gemacht? Freilichtmuseum Beuren
Im Freilichtmuseum Beuren ist immer etwas los. Foto: Jean-Luc Jacques

Beuren. Frieda Scheuchle lehnt mit ihrem Schirm am Zaun des Kräutergartens und genießt die Sonne. Bald müssten auch die Kinder mit ihren

Eltern eintreffen. Ach, da sind sie ja schon, und mit ihnen die heutige Museumsführerin Eva-Maria Ohm. Gespannt und voller Neugier versammeln sich die Kinder auf einem Haufen. Auch die Eltern und Großeltern können es kaum erwarten. „Darf ich euch vorstellen, das hinter euch ist Frieda Scheuchle,“ sagt Eva-Maria Ohm. Alle drehen sich um und lachen. Denn – Frieda ist kein Mensch. Sie ist die modische Vogelscheuche und gleichzeitig das Maskottchen des Freilichtmuseums Beuren. „Hier bei Frieda beginnen wir heute unsere Reise in die Kindheit eines Bauernjungen.“

Und los geht es: Mit dem Korb in der Hand macht sich die Museumsführerin auf zum ersten Standort, ein Bauernhaus aus dem Jahr 1550. „Von euch Kindern kann jeder in den Spielzeugladen gehen und sich kaufen, was auch immer er möchte. Damals war das nicht so einfach,“ erklärt Eva-Maria Ohm. Fantasie war gefragt. Mit einem Fünkchen Kreativität wurde aus einem umgefallenen Baum und einem Brett eine Wippe und aus einem Tannenzapfen und Stöckchen ein Pferd. Wollten die Jungen und Mädchen Ball spielen, so musste dieser erst einmal selbst hergestellt werden. Auf leisen Sohlen ging es also zum Schäfer im Ort, und klammheimlich verschwand dort ein Stück der geschorenen Wolle. Mit Mamas Kernseife wurde daraus dann ein schöner praller Filzball. Daniel hat es erfasst: „Sie nahmen ihr Spielzeug aus der Natur.“

„Aber viel Freizeit hatten die Bauernkinder nicht,“ sagt die Museumsführerin. Hühner füttern, Eier einsammeln und das Hüten der Tiere stand auf der Tagesordnung. Speziell im Winter waren die Tage hart und zehrten an den Nerven. Viele Eltern konnten für ihre Kindern keine Schuhe anfertigen lassen. Die alten Putzlappen mussten also herhalten. Mit in Lumpen gewickelten Füßen ging es dann raus in die eisige Kälte.

Ganz nach dem Motto „Keiner ist jemals erstunken, aber viele erfroren“ landete der eine oder andere Fuß im Kuhfladen. Louis rümpft die Nase: „Igitt wie eklig. Wer macht so was denn freiwillig?“ Doch so war es wirklich! Überrascht sind die Kinder auch von der Größe der Betten. Beim Verlassen des Bauernhauses sagt Leonardo: „Die Betten sind doch Luxus, richtig groß und gemütlich.“ – Von wegen! Das Bett ist nicht etwa ein Kinderbett, sondern ein Doppelbett für zwei Erwachsene. „Okay, wenn das so ist . . .“, gesteht Leonardo ein und ist sichtlich geschockt. Das Leben früher war wohl doch ein wenig anders als heute.

Und weiter geht es zum Schulhaus. War keine Hofarbeit fällig, so besuchten die Jungen und Mädchen die Schule. „Stellt euch vor, alle Bauernkinder waren froh, in die Schule zu gehen“, sagt Museumsführerin Ohm und die Kinder grinsen ungläubig. „Im Sommer fand keine Schule statt, da halfen die Kinder auf dem Hof.“ Eva-Maria Ohm greift in ihren Korb und zieht ein schwarzes Brett heraus: „Weiß jemand ,was das ist?“ Daniel liegt richtig mit seiner Vermutung – es ist eine Schiefertafel, ein „old-school“-Hausaufgabenheft. Louis will es versuchen, er will auf der Schreibseite der Schiefertafel seinen Namen schreiben, doch – quietsch, quietsch – ein fürchterliches Kratzen ertönt. Ein Ohrenschmaus ist dieses Geräusch wirklich nicht.

„Herr Lehrer, darf ich auf die Toilette gehen?“ Der Lehrer hätte die Frage seines Schüler bestimmt nicht verneint, aber dafür höchstwahrscheinlich seine Eltern. „Wenn ihr aufs Klo müsst, dann geht ihr einfach“, sagt Ohm, „doch Bauern sagten ihren Kindern, dass sie nicht in der Schule aufs Klo gehen sollen, denn den Dünger brauchten sie daheim.“ Recycling war wohl schon im Mittelalter voll im Trend.

Die Reise in die Vergangenheit ist vorbei, genauso wie auch bald die Sommerferien. Nun warten ein Spielplatz, ein Wasserlauf, ein Baumhaus und eine Tierfütterung auf die Kinder. Eins ist klar: So verbringt man doch gerne seine letzten Ferientage.

Einzelne Veranstaltungen im Freilichtmuseum sind unter der Adresse www.freilichtmuseum-beuren.de zu finden.

Führung "Mit Frieda Scheuchle auf Entedeckungstour".  Was haben Kinder früher ohne Handy gemacht? Freilichtmuseum Beuren
Führung "Mit Frieda Scheuchle auf Entedeckungstour". Was haben Kinder früher ohne Handy gemacht? Freilichtmuseum Beuren Foto: Jean-Luc Jacques
Schule früher: Schiefertafel statt Tablet. Museumsführerin Eva-Maria Ohm begleitet die Kinder bei einer Reise in die Vergangenhe
Schule früher: Schiefertafel statt Tablet. Museumsführerin Eva-Maria Ohm begleitet die Kinder bei einer Reise in die Vergangenheit. Foto: Jean-Luc Jacques
Führung "Mit Frieda Scheuchle auf Entedeckungstour".  Was haben Kinder früher ohne Handy gemacht? Freilichtmuseum Beuren
Führung "Mit Frieda Scheuchle auf Entedeckungstour". Was haben Kinder früher ohne Handy gemacht? Freilichtmuseum Beuren Foto: Jean-Luc Jacques