Lenninger Tal
Langlauf auf der Alb: Skatern wird der Teppich ausgerollt

Wintersport Seit Anfang Januar sind die Loipen auf der Schwäbischen Alb fast durchgängig gespurt. Auch wer im Schlittschuhschritt unterwegs ist, kommt voll auf seine Kosten. Von Anke Kirsammer

Ob flott oder gemächlicher unterwegs: Die tief verschneite Alb hat Langläufern viel zu bieten. Foto: Markus Brändli
Ob flott oder gemächlicher unterwegs: Die tief verschneite Alb hat Langläufern viel zu bieten. Foto: Markus Brändli


Abwechselnd schieben sich die Skispitzen nach links und rechts und malen ein langgestrecktes V in den Schnee. Die Arme schwingen nach vorne und ­geben mit kräftigem Stockeinsatz zusätzlichen Schub. Außer einem leisen Knirschen der schmalen Bretter ist nichts zu hören. Es herrscht Stille, absolute Stille. Ringsum glitzert die unberührte weiße Pracht. Mal fliegen dick verschneite Wälder an einem vorbei, dann öffnet sich der Blick auf die Bergkette gegenüber. Was die Alb für Skater zu bieten hat, toppt alles, was Fans des ambitionierten Langlaufens in den vergangenen Jahren vor der Haustür erlebten. Kilometerweit ziehen sich die weißen Bänder neben den herkömmlichen parallelen Spuren durch die Landschaft. Das kannte man bisher so nur aus den Alpen. Mussten Skater viele Jahre den Weg bis nach Westerheim oder Laichingen auf sich nehmen, um die Skier unterzuschnallen, so winden sich für sie inzwischen bei Hülben 35 Kilometer über die Hochfläche. Die 14 Kilometer lange Römersteinloipe treibt mit ihren 160 Höhenmetern den Puls ordentlich nach oben, und auch die Pfulbloipe hat es mit der Rampe hinauf zum Harpprechthaus in sich.

Im Traumwinter 2019 präparierte Martin Gienger, Ranger des Landkreises Esslingen, erstmals die 8,5 Kilometer lange Pfulbloipe auch für Skater. Zwei Jahre später ist die Schleife für sie nun mehr als doppelt so lang. Denn flankierend zur Diagonalspur ist jetzt auch die Verbindung hinüber zum Asch und die Aschloipe selbst als geriffelte Piste ausgebildet. Wie andere Bullyfahrer, rollt damit auch Martin Gienger den Skatern den Teppich aus. Vorschub geleistet hat die Corona-Pandemie. „Um die Abstände zwischen den Pa­rallelspuren zu vergrößern, fahre ich am Asch dieses Jahr immer zweimal“, erklärt er. Das Glättebrett bildet die plane Fläche in der Mitte aus. Trotz Zeitaufwand: Die strahlenden Gesichter der Skater sind für den Ranger Ansporn, auch in den kommenden Wintern an sie zu denken.

Bestens präpariert: Die Loipen auf der Alb. Foto: pr

Klaus Gaiser aus Kirchheim freut sich: „Es ist toll, dass man da jetzt skaten kann“, sagt der passionierte Wintersportler. „Die Abfahrten am Schafhaus und in der Nähe des Höhlenparkplatzes gefallen mir besonders gut.“ Im Januar hat er bereits 21 Langlauftage im Kalender stehen. Schon am Vormittag vermeldet der 63-Jährige in seinem Whatsapp-Status die Qualität der jeweiligen Loipe. „Klasse wäre, wenn es am Otto-Hoffmeister-Haus oder in Römerstein Webcams wie in den Alpen gäbe“, so seine Idee. Er zollt all jenen großes Lob, die sich frühmorgens auf ihre Bullys setzen und die Spuren für die Langläufer in den Schnee drücken. „Das machen die richtig gut und verlässlich.“ Gern ist er auch bereit, Geld in die Kässchen zu stecken, die an manchen Loipen hängen, oder auf Spendenkonten etwas zu überweisen.

Die Top-Bedingungen auf der Alb gehen an den Sportgeschäften nicht spurlos vorbei. „Wir sind seit zwei Wochen komplett leer“, sagt der Geschäftsführer von Sport-Räpple, Philip Renken. „Wir haben keine Langlaufskier, keine Schuhe und keine Stöcke mehr. Einfach nix.“ Die Nachfrage sei wahnsinnig. „Wir hätten bestimmt das Zehn- bis 15-Fache verkaufen können.“ Langlaufen boome deutschlandweit. „Das ist regelrecht explodiert.“ Besonders bitter: Wie sich im Corona-Winter der Schnee auf der Alb türmt, so stapeln sich nicht nur in Kirchheim Jacken und Hosen für den Alpinskibereich. Geschlossene Lifte und geschlossene Läden bedeuten in diesem Segment ein Minus von 98 Prozent.

Ski heil heißt es dank der winterlichen Bedingungen seit Wochen für Langlauf-Fans. Foto: Markus Brändli
Ski heil heißt es dank der winterlichen Bedingungen seit Wochen für Langlauf-Fans. Foto: Markus Brändli

Nicht anders ergeht es Bernd Holl, Chef des gleichnamigen Sportgeschäfts in Weilheim. Während er auf Carvingskiern sitzen bleibt, ist die Langlaufabteilung leergefegt. Bernd Holl selbst ist seit bald 15 Jahren begeisterter Skater. „Das ist natürlich eher was für Sportliche, und die Ausrüstung ist mit 600, 700 Euro auch nicht ganz billig“, sagt er. Während auf der Alb die Mehrheit der Lang­läufer noch auf klassischen Latten ihre Bahnen zieht, schätzt Bernd Holl den Anteil an Skatern in den Alpen mittlerweile auf 80 bis 90 Prozent. Längst ist der Trend aber auch in seinem Laden angekommen. Der Grund liegt für ihn auf der Hand: „Auf der Alb kann man dieses Jahr so gut skaten, da muss man nicht ins Allgäu fahren.“