Lenninger Tal

Leuze blickt optimistisch in die Zukunft

Wirtschaft Der Sensor-Hersteller aus dem Lenninger Tal hat das Corona-Jahr mit einem leichten Umsatzrückgang gut überstanden und sieht sich breit aufgestellt für die weiteren Herausforderungen. Von Iris Häfner

Am Stammsitz in Owen gibt es bei Leuze konsequent Wechselschicht. Fotos: pr
Am Stammsitz in Owen gibt es bei Leuze konsequent Wechselschicht. Fotos: pr
Ulrich Balbach hat sich für dieses Jahr und die Firma Leuze viel vorgenommen.
Ulrich Balbach hat sich für dieses Jahr und die Firma Leuze viel vorgenommen.

Es ist nicht alles schlecht gelaufen in Jahr eins mit Corona - zumindest nicht für die Firma Leuze aus Owen. Ulrich Balbach, CEO (Chief Executive Officer) und somit Vorstandsvorsitzender der Firma, zog bei der ersten digital stattgefundenen Pressekonferenz eine positive Bilanz und blickte optimistisch in die Zukunft - sofern die Politik nicht einen Komplett-Lockdown durchsetzt.

„Es war für uns alle ein in jeder Hinsicht besonderes Jahr“, sagte Ulrich Balbach. Leuze konnte zunächst besser in 2020 starten, als die Prognosen vermuten ließen. Doch Ende Januar kam in Asien der erste Lockdown, weitere folgten in Europa. „Für uns galt es nun, mit oberster Priorität unsere Lieferketten abzusichern“, erklärte der CEO. Das Problem: 60 Prozent aller Fracht wird im Bauch von Passagierflugzeugen transportiert, und die waren nahezu allesamt am Boden geblieben. In dieser Phase sprang schon die chinesische Wirtschaft wieder an. „Unsere Kunden bestellten wie verrückt, weil sie sich vor dem aufkommenden Lockdown in Europa mit unseren Produkten eindecken wollten“, so Ulrich Balbach. Im Juli und August war für Leuze der Tiefpunkt erreicht. Die Maschinen stapelten sich bei den Kunden, weil die wiederum nicht auf die Baustellen konnten, um die Anlagen in Betrieb nehmen zu können. So hörten die Bestellungen bei dem Sensor-Spezialisten auf.

Mit Spannung, aber auch mit Zuversicht sieht Leuze 2021 entgegen. Herausforderungen sind für Ulrich Balbach Chancen, er will nicht tatenlos zusehen und dem Virus komplett die Regie überlassen. Frühzeitig hat Leuze sein in Stufen gegliedertes Sicherheits-System entwickelt. Von den asiatischen Tochterunternehmen hatte die Firma gelernt, mit Corona umzugehen, und dann den eigenen Weg in Deutschland gefunden. „Den gehen wir konsequent und erfolgreich seit knapp einem Jahr, auch wenn er einen durchaus nennenswerten Invest in Aufwand und Geld bedeutet. Aber die Gesundheit und der Schutz unserer Mitarbeiter stehen an oberster Stelle“, so Ulrich Balbach. Es ist ein alternierendes Wechselschicht-System in Verbindung mit einer „unglaublichen Digitalisierungs-Offensive“. Bereits im September wurden nach den leichten Lockerungen im Sommer die Zügel wieder straffer angezogen. „Für uns war klar: Das Virus bevorzugt die dunkle, kalte Jahreszeit und wird in einer zweiten Welle wieder auf uns zukommen.“ Während der ersten Welle gab es keine Infizierten im Betrieb, nach Urlaub und privaten Feiern im Spätsommer einzelne Fälle. „Die Infektionsketten waren mithilfe unserer Corona-Beauftragten zu jedem Zeitpunkt lückenlos nachvollziehbar und isolierbar“, sagte der CEO.

Im Gegensatz zu vielen anderen sieht er in Corona keine Wirtschafts-, sondern eine Gesundheitskrise: Die Automobilindustrie habe schon vor Corona Probleme durch das Thema Elektromobilität gehabt. „Viele haben nur Corona als willkommenes ,Deckmäntelchen‘ über die bereits vorhandene Krise gelegt“, sagt Ulrich Balbach. Leuze ist nicht nur auf diese Branche fokussiert. Zukunftsträchtig sind seiner Ansicht nach Verpackungsindustrie, Intralogistik - Stichwort Paket- beziehungsweise Internetversand - und die Labor-Automation. Bei der Blutanalyse durch die deutlich gestiegene Anzahl an PCR-Tests leistet Leuze mit seinem Produkt einen systemrelevanten Beitrag.

Seit Firmenbeginn vor 160 Jahren nutzt Leuze die Wasserkraft der Lauter zur Stromerzeugung. Jetzt setzt das Unternehmen auf 100 Prozent Grünstrom aus regenerativen Energiequellen und kauft unter anderem Strom aus den mittlerweile verpachteten Lauter-Wasserkraftwerken zurück. „Mit dem erklärten Ziel, in Deutschland 2025 klimaneutral zu sein, haben wir einen Stufenplan mit messbaren Etappenzielen entwickelt. Je Stufe haben wir konkrete Aktivitäten definiert, die auf das Ziel, unsere Emissionen auf null herabzusetzen, einzahlen. 2021 werden wir konkret an dem Thema Energieverbrauch und eigenständige Stromerzeugung via PV-Anlage an unseren verschiedenen Standorten arbeiten“, erklärte Ulrich Balbach.

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Leuze baut ein neues Werk in Malaysia

2020 hat Leuze einen Umsatz von 210 Millionen Euro erreicht, im Vorjahr waren es 222 Millionen Euro. Das entspricht einem Rückgang von fünf Prozent. „Für ein Corona-Jahr ein Ergebnis, mit dem wir durchaus zufrieden sind“, urteilte Ulrich Balbach.

Für dieses Jahr ist Leuze als Wachstumschampion im Weltmarktführerindex der Henri B. Meier Unternehmerschule der Universität St. Gallen und der Akademie Deutscher Weltmarktführer (ADWM) wieder als Weltmarktführer im Bereich Optosensorik gelistet. Zudem erreichte die Firma eine Platzierung im „Top 100-Mittelstands-Ranking“ des Handelsblatts. Mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 21,6 Prozent sind nur vier der „Top 100-Unternehmen“ stärker gewachsen als Leuze.

In Kattowitz in Südpolen gründete Leuze 2020 eine eigene Vertriebsgesellschaft. „Für uns ein wichtiger Schritt in Richtung der Markterschließung Osteuropas“, so Balbach. Ein weiterer bedeutender Baustein der Wachstumsstrategie war die Eröffnung des neuen internationalen Distributionszentrums in Unterlenningen, seit Juli werden von dort aus alle europäischen Kunden und internationalen Tochtergesellschaften beliefert. „Diese Investition ist ein klares Bekenntnis zu unserem Hauptstandort und den Wurzeln unserer Firmengeschichte“, stellte Ulrich Balbach klar. Dieses Jahr will Leuze massiv in neue Fachkräfte investieren und Mitarbeiter einstellen.

Im fernen Asien tut sich was. Ulrich Balbach verkündete den Baustart des neuen Leuze-Werkes in Malakka, rund 150 Kilometer südwestlich von Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia, gelegen. „Um der enormen Nachfrage auf den asiatischen Märkten nachkommen zu können, entsteht hier entlang der neuen Seidenstraße derzeit ein neuer internationaler Produktionsstandort. Die erste Ausbaustufe wird bis zum ersten Quartal 2022 abgeschlossen sein“, verriet Balbach. Etwa 100 bis 150 Mitarbeiter sollen dort eingestellt werden. ih