Lenninger Tal

Metzger aus Leidenschaft

Wirtschaft Johannes Bächtle gehört seit einem Jahr zur Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks. Mit seinem Beruf führt der Gutenberger die 50-jährige Familientradition fort. Von Anke Kirsammer

Die Wurstproduktion gehört zu den Arbeiten, die Johannes Bächtle besonders gerne erledigt.Foto: Jean-Luc Jacques
Die Wurstproduktion gehört zu den Arbeiten, die Johannes Bächtle besonders gerne erledigt.Foto: Jean-Luc Jacques

Wieder drückt Johannes Bächtle mit dem Knie gegen den Hebel. Wie von Geisterhand füllt sich innerhalb weniger Sekunden der über ein Metallrohr gezogene Darm. Das Abbinden der Paprikawurst geht vollelektronisch. Hat die Wurst das programmierte Gewicht erreicht, dreht sich das Rohr, und wieder schießt Fülle in den Darm. Voll konzentriert ist Johannes Bächtle bei seiner Arbeit, die er mit Leib und Seele erledigt. „Mir macht das Spaß. Ich bin noch keinen Tag ungern ins Geschäft gegangen“, sagt der Gutenberger. Trotz seiner früheren Begeisterung für die Serie „Alarm für Cobra 11“ entschied er sich gegen eine Laufbahn bei der Polizei und für den Metzgerberuf, erzählt er augenzwinkernd.

Schon früh jobbte Johannes Bächtle während der Ferien in der Metzgerei seines Onkels Jochen Ehni in Gutenberg. Die Arbeit gefiel ihm so gut, dass er beschloss, in dem Handwerk eine Lehre zu machen. Anfangs staunten insbesondere Gleichaltrige, die wie er die mittlere Reife absolviert hatten, über seine Berufswahl. Inzwischen finden es die Freunde, die - abgesehen von einem Maurer und einem Flaschner - überwiegend kaufmännische Berufe erlernt haben, normal, dass er die Familientradition fortführt. Vor 50 Jahren hatte der Opa von Johannes Bächtle die Metzgerei als Einmannbetrieb gegründet. Inzwischen beschäftigt Jochen Ehni neben Johannes Bächtle zwei Meister, zwei Gesellen, er bildet einen Lehrling aus und betreibt Filialen in Gutenberg, Oberlenningen und Waldenbuch.

Johannes Bächtle durchlief seine Ausbildung in der Metzgerei Blessing und Kurz in Köngen. Im Bereich der Handwerkskammer Region Stuttgart schnitt er beim Landesleistungswettbewerb als bester Absolvent ab und belegte beim Bundeswettbewerb den fünften Platz. Was folgte, war die einjährige Gesellenzeit in der Ammertäler Metzgerei Egeler in Reusten. „Die sind brutal stark im Partyservice“, sagt Johannes Bächtle. Auch zu lernen, dass es ganz unterschiedliche Arten der Wurstherstellung gibt, fasziniert den Gutenberger. Ob Meterwurst beispielsweise im Fleischwolf oder im Kutter hergestellt wird, sehe und schmecke man.

Vor einem Jahr qualifizierte sich Johannes Bächtle für die Nationalmannschaft. Seitdem trägt er bei besonderen Anlässen wie der Internationalen Leitmesse der Fleischwirtschaft (IFFA) in Frankfurt den Bundesadler neben dem Zeichen der Fleischerinnung auf der roten Arbeitsjacke und serviert Fingerfood wie Kanapees oder zerlegt Fleisch auf offener Bühne. Auch wenn das Schlachten selbst Grundlage seines Berufs ist - mit einem Vorurteil räumt Johannes Bächtle auf: „Viele denken, das macht die meiste Zeit unserer Arbeit aus. Dabei schlachten wir in der Woche vielleicht drei oder vier Stunden.“ Aus zwölf Schweinen und ein bis zwei Rindern bereitet die Metzgerei Ehni Braten, Schnitzel, Hack und andere Fleischprodukte küchenfertig zu. Besonders zeitintensiv ist die Wurstproduktion: Eine kleine Vorstellung von der vielfältigen Auswahl bekommt man bereits an diesem Morgen beim Gang durch die Wurstküche: Rohwürste, die deshalb so heißen, weil sie nicht wärmebehandelt werden, wie Zwiebelmett-, Meter- oder Bauernbratwürste hängen fein säuberlich aufgereiht auf einem Metallständer. Er wird später über Nacht in die Rauchanlage geschoben. Im Nebenraum werden gerade Brühwürste wie Lyoner, Bierschinken und Schinkenwurst unter fließend kaltem Wasser geduscht. „Das machen wir, damit sie beim Abkühlen nicht aufplatzen“, erklärt Johannes Bächtle.

Was genau bei der Wurstproduktion vor sich geht, welche chemischen Prozesse ablaufen und wie sich der Geschmack beeinflussen lässt, interessiert den 20-Jährigen besonders. Den Meister hat er bereits in der Tasche. Jetzt will er noch einmal für drei Monate die Schulbank drücken, um den Betriebswirt des Handwerks draufzusatteln und damit „die Scheuklappen abzulegen“, wie er schmunzelnd sagt.

In welchem Betrieb er anschließend weiterarbeitet, ist offen. Doch eins steht für den aufgeschlossenen jungen Mann aus Gutenberg fest: „Ich will noch was anderes sehen.“

Der Metzger Johannes Bächtle übt sein Handwerk mit Leib und Seele aus, und er ist Mitglied der Nationalmannschaft der Metzger
Der Metzger Johannes Bächtle übt sein Handwerk mit Leib und Seele aus, und er ist Mitglied der Nationalmannschaft der Metzger

„Mit der eigenen Schlachtung fängt die Qualität an“

Das Schlachten gehört bei der Metzgerei Ehni seit jeher dazu. „Mit der eigenen Schlachtung fängt die Qualität an“, betont Johannes Bächtle. Damit habe man beispielsweise auch in der Hand, wie das Tier betäubt wird und wie viel Stress es habe. Das wiederum wirke sich auch auf die Qualität des Fleischs aus.

Regionalität ist Jochen Ehni wichtig. Die Schweine, die er schlachtet, bezieht er aus Suppingen. „Sie leben unter Top-Bedingungen, haben viel Platz und Auslauf“, sagt der Metzger. Die Rinder wiederum kommen vom Unterlenninger Sulzburghof beziehungsweise aus Nabern von Steffen Barner.

Großen Wert legt Jochen Ehni darauf, das ganze Tier zu verarbeiten und nichts wegzuschmeißen. Im Winter beispielsweise wird aus dem Schweinehals Rauchfleisch hergestellt, im Sommer werden Grillfans bedient. „Lebensmittel sind auch nicht dazu da, dass mit ihnen spekuliert wird“, ergänzt der Metzger.ank