Lenninger Tal

„Mutti, ich bin dein Abenteuer“

Autorenlesung mit Doro und Jonas Zachmann

Ein ganz besonderes Autoren-Team hatte das Inklusionsforum Olé, „Unser Netz“ und „gemeinsam“ Lenningen am Freitagabend zur Lesung in das evangelische Gemeindehaus Oberlenningen eingeladen.

Lenningen. „Ich bin Down-Syndrom“ sagt Jonas Zachmann, „aber ist ok bei mir.“ Der 22-Jährige steht neben seiner Mutter vor zahlreichen Zuhörern. Doro Zachmann hatte bereits zwei Bücher über ihren Sohn geschrieben. Das dritte Buch entstand jedoch auf ganz anderem Wege, wie die Autorin gleich zu Beginn erzählt. Als Frau Zachmann 2010 wegen einer Lesung im Hotel übernachten musste, wollte Jonas mitkommen. Sie versprach, dass er auch zu Lesungen und in Hotels dürfe, wenn er ein eigenes Buch schreibt. Gesagt, getan: 2012 kam „Ich mit ohne Mama“ (SCM Hänssler) von Jonas und Doro Zachmann heraus – was sich mit über 80 Lesungen bisher voll und ganz für Jonas gelohnt haben dürfte.

Gemeinsam schrieben sie über Jonas Alltag und Leben, als er etwa 19 Jahre alt ist. Es geht um das Erwachsenwerden, um Selbstständigkeit und das Finden des eigenen Wegs – Themen, die jeden in diesem Alter bewegen. Schnell wird dem Publikum klar, dass sich Jonas nicht davon abhalten lässt, trotz Down-Syndrom seinen Alltag zu meistern und sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Zwischen den meist in Dialogform vorgelesenen Schnipseln aus dem Familienalltag zeigte das Autoren-Duo von Jonas geschriebene Seiten und Fotos: Jonas als Baby mit den Schwestern spielend, als Kind mit Haustieren im Arm, als Jugendlicher lachend im schicken Anzug beim Tanzen.

Die Passagen aus dem Buch sind meist so fröhlich wie die Fotos. Viele Lacher im Publikum erntete Jonas für seinen charmanten Humor und seine unvergleichliche Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Witzige Alltagsepisoden sorgten für große Heiterkeit, etwa wenn Jonas sich, nachdem er etwas angestellt hat, mit den Worten entschuldigt: „Mutti, ich bin dein Abenteuer!“ Mit seiner Ausdrucksweise und ehrlichen Offenheit vermittelte er den Zuhörern einen authentischen Einblick in seine Weltsicht und sein Leben.

Das nächste Buch erscheint bei der Buchmesse

Natürlich gibt es da nicht nur schöne Momente. Doro Zachmann erklärt, dass Jonas nicht am Down-Syndrom leide, sondern daran, nicht angenommen zu werden. Er sei manchmal traurig, fügt Jonas hinzu, wenn niemand seine Gefühle versteht. Da ist es eine große Hilfe, was Doro Zachmann in ihrem ersten Buch über ihren Sohn feststellt: „Dir ist es in die Wiege gelegt worden, die Kunst, sich selbst zu lieben.“ Die unverstellte Lust am Sein kommt auch im Schlusssatz der Lesung voll zum Ausdruck: „Oh danke Gott, ich liebe dieses Leben!“

Damit war der Abend aber noch nicht vorbei. Mutter und Sohn präsentierten nämlich ihr nächstes Buch „Bin kein Star, bin ich“, das Mitte Oktober zur Frankfurter Buchmesse erscheinen wird. Darin erzählt Jonas Geschichten aus seinem Alltag als Erwachsener, von seiner Arbeit in einer Schreinerei und seiner Leidenschaft, dem Tanzen. Was er in der Tanzschule gelernt hat, zeigte er ganz selbstbewusst auch gleich dem Publikum und schwang zu Popmusik das Tanzbein. Danach hatten die Zuhörer die Gelegenheit, am Büchertisch zu stöbern und ein Autogramm zu bekommen.

Ein lustiger, unterhaltsamer und berührender Abend – und wie wohltuend, dass in der aktuellen Debatte um Down-Syndrom und Pränataldiagnostik endlich auch Menschen mit Down-Syndrom eine laute Stimme in der Öffentlichkeit gegeben wird.