Lenninger Tal

Narreteien eines passionierten Jägers

Historie Mit seiner Jagdlust und seinen Ansprüchen war Friedrich I. für die Böhringer eine Belastung, vor allem zur Erntezeit. Von seinen aufwendigen Jagdreisen weiß man noch heute zu erzählen. Von Ernst Strähle

Das Wirtshausschild von 1714 zeigt auf der Stange einen Jäger, der auf einen springenden Hirsch zielt. Foto:  Thomas Kiehl
Das Wirtshausschild von 1714 zeigt auf der Stange einen Jäger, der auf einen springenden Hirsch zielt. Foto: Thomas Kiehl

Seit Napoleon Herzog Friedrich von Württemberg 1806 zum König Württembergs erklärt hatte, frönte Friedrich seiner großen Leidenschaft - der Jagd. Mehrmals im Jahr kam der König auf die Alb, um in den herrschaftlichen Wäldern zu jagen. Diese Ausfahrten von Ludwigsburg auf die Alb liefen zumeist unter pompösem Getue ab. So mussten immer acht angeschirrte Pferde frühmorgens um 3 Uhr in Urach stehen und auf den Befehl des Oberamtmanns seiner königlichen Majestät warten. Die Pferde wurden dann auf dem Marktplatz oder im Schlosshof der Kutsche vorgespannt, um den steilen Anstieg zu bewältigen.

Umgespannt wurde vor dem Gasthof Hirsch in Böhringen. Acht andere Pferde mussten die Kutsche über Zainingen durch den Reibstall und Feldstetten, und weiter bis in die Gegend von Laichingen ziehen. Während des Umspannens nahm das Begleitpersonal einen Trunk im Gasthof Hirsch ein, ehe es weiterging. Der misstrauische König selbst stieg scheinbar nicht aus. Vielleicht besah er sich derweilen von der Kutsche aus den Wirtschaftsschild am Gasthof Hirsch: Dieser Schild aus dem Jahr 1714 zeigt einen Jäger, der auf einen springenden Hirsch zielt.

Schon Tage vor der Reise mussten die Böhringer Bauern jeweils acht Pferde einem Küchenwagen, einem Bettenwagen und einem Geschirrwagen vorspannen und die Tiere von Urach nach Blaubeuren führen. Am Tag vor der Anreise des Königs mussten acht Böhringer Bürger im herrschaftlichen Wald Ramschel Tannenreisig hauen, das dann mit zwei vierspännigen Wagen nach Laichingen geführt wurde. Auch wurde die Ortsdurchfahrt Böhringens eilends mit Steinen versehen und diese von Bürgern unter Aufsicht des Schosseeknechts klein geschlagen und eingeebnet.

Der Böhringer Büttel musste mit zwei Bürgern vom Hengener Kohlhau bis zur Zaininger Markungsgrenze einschlagen. An den jeweiligen Markungsgrenzen mussten Feuer entzündet und bis nach der Durchfahrt der Kutschen am Brennen gehalten werden. Auch hatten alle Bürger entlang der Dorfstraße parat zu stehen. Auf Befehl des Oberamts mussten alle diensttauglichen Pferde, die nicht schon im Einsatz waren, für einen eventuellen Gebrauch an der Königskutsche im Ort bereit gehalten werden. Kein Wunder, dass der Bürgermeister Länge, der dies alles zu organisieren hatte, sich den Eintrag „und das alles mitten in der Haber-Ernt, in dene beste Geschäft“ in einer Rechnung erlaubte. Dieser Vermerk, den auch der Oberamtmann in Urach gelesen haben dürfte, war hart an der Grenze des damals möglichen Aufbegehrens.

Mehrmals fuhr der König nämlich im Herbst oft mitten in der Ernte bei schönstem Wetter durch und blockierte damit alle Arbeiten im Ort und in der Markung, weil ohne die bereitgestellten Pferde nicht geerntet und eingefahren werden konnte.

Die Chaussee selbst, zum größten Teil die heutige Bundesstraße 28, war erst knapp 20 Jahre zuvor, 1788, als Jagdstraße von Tübingen bis Ulm neu eingerichtet worden. Davor war die alte Landstraße im Bereich Böhringen von Hengen her zumeist auf Aglishardter Bereich gewesen, und dann am Gailenbronnen hinauf weiter nach Zainingen verlaufen.

Mehrmals war der König, von Grafeneck vom Jagdvergnügen herkommend auch über Gruorn und Aglishardt nach Böhringen, und dann über Gutenberg und Kirchheim weiter nach Bad Boll zur Kur gefahren. Auch diese Fahrstrecke musste zuvor von Aglishardt mit Strohwischen auf Stotzen markiert werden. Die Fahrtroute führte von Aglishardt über Böhringen weiter durch den sogenannten Schönen Wald zur Gutenberger Steige. Zum Schutz wurde die königliche Kutsche stets von etlichen herrschaftlichen Reitern begleitet, wie es aus den damaligen Rechnungen des Böhringer Hirschwirts Lorenz Schilling bei den Zwischenhalten zum Umspannen ersichtlich wird.

Auch 1812, zu gleicher Zeit, als Tausende seiner Untertanen im eiskalten Winter Russlands erfroren, ließ sich der König sein Jagdvergnügen nicht nehmen. Als er sich dann im kalten Jahr 1816 im November erkältete und bald danach gestorben war, weinte ihm zumindest in Böhringen bestimmt niemand auch nur eine einzige Träne nach.