Lenninger Tal

Orgel und Alt in Symbiose

Musik Jubelklang und Melancholie lagen dicht beieinander beim Konzert in der Oberlenninger Martinskirche.

Lenningen. Wenn Walter Schimpf sich an die Orgel setzt, entlockt er dem mächtigen Instrument jeden möglichen Klang - ob schnelle, bewegliche Figuren, klangmächtige Akkorde oder so diffizile Läufe wie beim Auftakt zum geistlichen Konzert mit dem Präludium in c-Moll von Mendelssohn Bartholdy. Mit den Liedern aus dem Opus „Vaterunser“ von Peter Cornelius und dem „Vaterunser im Himmelreich“ von Bach trat die zweite Hauptakteurin des Abends hinzu, die Sängerin Cecilia Tempesta. Ihre kraftvolle Alt-Stimme setzte sich gegen das große Instrument neben ihr mühelos durch. Ergänzt wurden die Inhalte der Lieder durch die Lesungen von Christa Schimpf, die passende Bibelstellen zitierte - nach Cornelius und Bach das Kapitel „Vom Beten“ im Matthäusevangelium.

Sprache ist keine Barriere

Der Höhepunkt der Dramatik und Innerlichkeit zugleich war Alessandro Stradellas „Pieta Signore“ - klagend und bittend, voll hörbarer Schwere und Sehnsucht -, man musste den italienischen Gebetstext wirklich nicht kennen, um die Musik zu verstehen. Kunstvoll strukturierte ein schwermütiges Motiv der Orgel den Gesang, im Zusammenspiel transportierten die Musiker Emotion pur.

Nachdem Christa Schimpf den Zuhörern die Geschichte von Ruth, einer der bedeutendsten Frauenfiguren der Bibel, erzählt hatte, folgte die wohl ungewöhnlichste Vertonung eines Bibeltextes. Walter Schimpf sprach in ein paar einleitenden Worten von der Radikalität der ungewöhnlichen Entscheidung Ruths, ihrer Schwiegermutter in unbedingter Treue in die Fremde zu folgen. Offenbar faszinierte dies auch den tschechischen Komponisten Petr Eben, als er das „Lied der Ruth“ schrieb.

Radikalität ist es auch, die sich in seinem modernen Werk ausdrückt. Auch wenn sich die Singstimme immerzu um tonale Zentren bewegt und nah an den gewohnten Harmonien bleibt, ergeben sich in Verbindung mit der Orgelstimme ungewöhnliche Harmonien. Mit den schwebenden Klängen und den getragenen, langen Spannungsbögen drückt diese Musik die vielen tiefgründigen Facetten der Ruth-Geschichte aus.

Orgel präzise gespielt

Im Gegensatz dazu schrauben sich die Orgeltöne beim eingängigen Allegro des F-Dur-Konzerts BWV 978 von Bach (nach einem Violinkonzert von Vivaldi komponiert) triumphal und fröhlich in die Höhe, von Walter Schimpf präzise wie ein Uhrwerk gesetzt.

„Die beiden Musiker haben uns auf die Ohren und auf das Herz gelegt, dass Gott im Alltag bei uns ist“ - mit diesen Worten verwies Pfarrer Dirk Schmidt auf das Motto des Konzerts „Denn du bist bei mir“, das sich auch in den Liedtexten und Bibelzitaten widerspiegelte. Mit dem Gebet war das geistliche Konzert allerdings noch nicht vorbei. Als besonders schwungvollen Abschluss erklangen drei Psalm-Vertonungen von Dvorˇák: „Der Herr ist mein Hirte“, „An den Wassern zu Babel“ und „Ein neues Lied will ich singen“, in denen beide Musiker noch einmal ihre musikalische Vielfalt und Feinsinn voll entfalteten.Elisabeth Selch