Lenningen. Der an Spargel erinnernde Enoki, der leicht nach Knoblauch schmeckende Shiitake und der nussige Pioppino. Sie alle sind in Michael Grözingers Pilzautomaten in Oberlenningen zu finden. „Heute gibt es Tiefkühlware“, sagt er lachend. Bei acht Grad minus hat das Außenthermometer das falsche Vorzeichen. „Acht Grad plus ist für die Lagerung der Pilze genau richtig. So viel hat auch das Gemüsefach im Kühlschrank“, erklärt der Händler.
Was manchem Gourmet das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und sich teils nicht einmal in der Stuttgarter Markthalle findet, wächst im Gewölbekeller des ehemaligen Gasthofs Adler. Wären früher derlei exotische Pilze serviert worden – manch Besucher des Scheufelen-Gästehauses hätte mit der Zunge geschnalzt.
Dicht an dicht stehen die an eingepackte Heuballen erinnernden Substrate auf Metallregalen unter schwäbischem Tuffstein. Hier spitzen in Terrassen erst kleine Köpfe heraus, dort schieben dicke Stengel Hüte wie Trompeten mit großen Lamellen vor sich her. Stroh und Holz sind die Grundlagen, aus denen die Pilze je nach Luftfeuchtigkeit, Licht und Temperatur teils nicht nur sprichwörtlich hervorschießen.
Stattliche Austernpilze beispielsweise sind unter optimalen Bedingungen bereits nach drei Tagen erntereif. Der äußerlich einem Blumenkohl ähnelnde Pom Pom dagegen erfordert Geduld. „Bis eine Knolle verzehrfähig ist, dauert es vier bis fünf Wochen“, sagt Michael Grözinger. Das ist der Grund, warum es die Delikatesse nicht im normalen Handel zu kaufen gibt. „Auch einige Sterneköche haben uns schon angeschrieben. Sie wollen bei uns bestellen, wenn sie ihre Restaurants wieder aufmachen dürfen“, so der umtriebige Lenninger.
Künftig sollen Pilzmaultaschen das Sortiment ergänzen
Die Gastronomie zu versorgen, gehört zu den Plänen des vor Ideen sprühenden Geschäftsmanns, ebenso das Beliefern von Läden in der Region. Außerdem würde der Pilzfan seine kostbaren Erzeugnisse gern auf dem Wochenmakt in Kirchheim verkaufen. Die Ernte hochzufahren, ist kein Problem. Das lässt sich über mehr Wärmezufuhr regeln. Und es gibt in dem Haus acht Kellerräume, auf die sich das Züchten von Gold- oder Braunkappen, Steinchampignons und Co ausdehnen ließe.
Ein weiteres Projekt, das der 45-Jährige mit seiner Frau Enikö angehen will, ist die Produktion von Pilzmaultaschen und anderen Pilzgerichten. Dazu wird derzeit neben dem Gewölbekeller eine Küche eingebaut. – Eins von mehreren Bauvorhaben, die der Besitzer des verschachtelten Gebäudekomplexes momentan anpackt.
Seit einem Jahr tüftelt der Vermieter von Gerüsten und Apartments an optimalen Bedingungen für Speisepilze. Die Sporenlässt sich Michael Grözinger von biologischen Betrieben zusenden. Das Fachwissen, das sich der gelernte Modellbautechniker selbst angeeignet hat, gibt er gerne weiter. Champignons beispielsweise kenne man meist nur geschlossen. „Sie schmecken aber am besten, wenn die Kappe offen ist“, sagt er. Ihre Namen haben viele Pilze wegen des Nährbodens, auf dem sie wachsen, verrät der Experte. Das gilt für Kastanienseitlinge etwa oder für Kräuterseitlinge. Der Limonenseitling wiederum verdankt seinen Namen dem Geschmack nach Zitronen, der sehr langsam wachsende Rosenseitling seiner zartrosa Farbe.
Obwohl Michael Grözinger den Automaten erst seit Anfang des Monats stehen hat, schießt die Nachfrage nach den Pilzen teils durch die Decke. Unter den Kunden sind Einheimische, aber auch viele Ausflügler, die über die sozialen Medien Wind von dem außergewöhnlichen Angebot bekommen haben.
Pilzautomaten sind eine Rarität
Rund 400 Automaten betreut Robert Strauss vom gleichnamigen Oberensinger Servicebetrieb im Südwesten. Darunter sind Kaffee- und andere Getränkeautomaten genauso wie Wurstautomaten und Automaten in Kantinen. Ein zweiter Pilzautomat gehört nicht dazu. Michael Grözinger ist lediglich ein Exemplar eines Kollegen in Offenbach bekannt. ank