Lenninger Tal

Popsongs für Schule auf Sansibar

Benefizkonzert Patrick Schwefel und Sandra Schöne – gemeinsam als „Vocal Affair“ unterwegs – singen in der Bernhardskapelle für Englischunterricht in Mchangani. „Beo“ hat die Organisation übernommen. Von Iris Häfner

„Music for Mchangani“ war von Patrick Schwefel und Sandra Schöne in der Owener Bernhardskapelle zu hören. Fotos: Carsten Riedl
„Music for Mchangani“ war von Patrick Schwefel und Sandra Schöne in der Owener Bernhardskapelle zu hören. Fotos: Carsten Riedl

Locker geht‘s zu in der Bernhardskapelle in Owen. Patrick Schwefel übernimmt an diesem Abend das Kommando. Sandra Schöne, die zweite Hälfte von „Vocal Affair“, bleibt bewusst im Hintergrund. Schließlich geht es um „sein“ Benefizkonzert unter dem Titel „Music for Mchangani“.

Was ein Familienurlaub auf der Insel Sansibar so alles auslösen kann, zeigt Patrick Schwefel auf eindrückliche Weise. Im Frühjahr war er mit Frau und Tochter auf der etwa 25 Meilen vor der Küste Tansanias, im indischen Ozean liegenden Insel unterwegs, und stießen dabei auf das kleine Dorf Mchangani. „Das war Zufall“, sagt er über das Urlaubsziel. Fernab der üblichen Touristenpfade waren die drei auf Tour. „Dabei haben wir relativ viel von der Insel mitbekommen“, erzählt der Musiker, der seit 2008 festes Ensemblemitglied der SWR1-Produktion „Pop & Poesie in Concert“ ist.

Den Kontakt zu den Einheimischen stellte die Tochter auf unkomplizierte Art und Weise her. „Das funktioniert bei Kindern nonverbal. Die haben sich mit Händen und Füßen verständigt - und wir dann irgendwann auch“, verrät Patrick Schwefel. Die Sympathien waren auf beiden Seiten groß, und so haben die Kinder den Deutschen eines Tages ihre Schule gezeigt. „Wir waren erstaunt. Bei uns wäre das ein Rohbau mit Dächle, es gibt keine Fenster“, beschreibt der Musiker von der Ostalb das Gebäude. Bei diesem Besuch haben sie Mohamedi getroffen, der nach Feierabend seine „bescheidenen Englischkenntnisse“, wie es Patrick Schwefel formuliert, den Kinder beibringt. „Die Menschen auf Sansibar leben vom Fischfang und der Landwirtschaft“, erzählt der Musiker. Er war sofort fasziniert von der Begeisterungsfähigkeit sowohl von Lehrer als auch Schülern. Alle opfern ihre Freizeit, um Englisch zu lernen beziehungsweise zu lehren. „Das war ein sehr berührendes Erlebnis, das nachgebrodelt hat“, erzählt der Musiker.

Durch einen weiteren Zufall hat das Ehepaar einen Mann kennengelernt, der eine Sprachschule in dem Ort etablieren will. Ihm fehlten dazu jedoch sämtliche Mittel. Das war die Stunde, in der die Bildungsinitiative „Music for Mchangani“ für Kinder aus armen Verhältnissen entstanden ist. Mittlerweile werden dort 110 Kinder in den beiden letzten Jahrgangsstufen in der wichtigen Fremdsprache unterrichtet.

„Für die Schulkinder spielt das Erlernen der englischen Sprache eine bedeutende Rolle“, sagt Patrick Schwefel. Englisch sprechen zu können steigere nicht nur die beruflichen Chancen beispielsweise in der Tourismusbranche, es ist auch der Schlüssel zu höheren Bildungsabschlüssen, erfuhr er. In den weiterführenden Schulen werden alle Fächer auf Englisch unterrichtet. „Wegen fehlender Fachkräfte findet in der Grundschule aber nur wenig bis gar kein Englischunterricht statt“, musste er feststellen. Durch die Spenden an sein Projekt werden Lehrer finanziert und weitergebildet und Schulmaterial zur Verfügung gestellt. Unter dem Dach des Vereins „Kindern eine Chance“ startete die Initiative im Juni mit den ersten Kursen.

Bereits mit dem ersten Stück ist es Patrick Schwefel gelungen, einen Bogen zu Sansibar zu schlagen. Zur Eröffnung spielt er in der alten Owener Kapelle einen Song von Freddie Mercury, dem Sänger der Rockgruppe „Queen“, der durch den Film „Bohemian Rhapsody“ wieder in aller Munde ist - die Pop-Ikone wurde auf Sansibar geboren. Patrick Schwefel geht nahtlos zu „Beo“ über, dem Bürgerschaftlichen Engagement Owen. Die Frauen haben spontan und ohne viel Federlesens die Organisation des Benefizabends übernommen.

Anlässlich des zehnjähriges Bestehens des Mittagstischs, den „Beo“ anbietet, gab es ein Dankeschön-Konzert mit „Vocal Affair“. Patrick Schwefel erzählte dabei von seinem Engagement auf Sansibar. Ehe er sich versah, hatte er am selben Abend die Zusage der Owenerinnen, für ihn und sein Projekt „Music for Mchangani“ ein Konzert in der Bernhardskapelle zu veranstalten. Über soviel Spontaneität und zupackende Hilfsbereitschaft zeigt er sich begeistert. Jeder Cent des Abends kommt dank des Engagements der „Beo“-Frauen den Kindern auf Sansibar zugute. „Es ist das erste Konzert, das ich in dieser Sache gebe“, macht er den besonderen Stellenwert des Owener Konzerts deutlich.

 

Info Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, kann im Internet unter der Adresse www.kindern-eine-chance.org stöbern.

Wie ein Reifenhändler den Auftritt von „Vocal Affair“ rettete

Sängerin Sandra Schöne wird von ihrem Partner Patrick Schwefel nicht nur gesanglich, sondern auch an der Gitarre oder dem E-Piano vortrefflich unterstützt. Bei den Balladen schmelzen die Zuhörer nur so dahin, erst recht, als die Tochter von Patrick Schwefel selbstbewusst vors Mikrofon tritt und ihren zweiten öffentlichen Auftritt souverän und textsicher meistert.

Die Stimmung in der altehrwürdigen Bernhardskapelle in Owen ist ungezwungen. Schließlich ist „Vocal Affair“ zu Gast bei guten Freundinnen, den Damen von „Beo“ (Bürgerschaftliches Engagement Owen). Entsprechend locker plaudern die zwei Musiker zwischen den bekannten Popsongs aus dem Nähkästchen und geben die eine oder andere Geschichte preis. So hat ein netter Reifenhändler Patrick Schwefel spontan aus der Patsche geholfen, als dessen Auto streikte. Er lieh ihm seinen Transporter. Die Reifen blieben drin, draufgepackt wurden die Instrumente - und der Musiker kam noch gerade rechtzeitig zum Termin.

Zum Duo und damit zu „Vocal Affair“ wurden die zwei Musiker dank der Hochzeit von Sandra Schönes Bruder. Die sprach die Band von Patrick Schwefel bei einem Konzert in Esslingen an. Der sagte zu und nahm auch Sandra Schöne als Sängerin in Kauf. „Kennen Sie die Ochsenwanger Kirche? Da war es für uns Musiker ganz schön kuschelig“, sprach Patrick Schwefel die Beengtheit des Kirchles an. Geschadet hat die Enge offensichtlich nicht. Seit zwölf Jahren sind die beiden musikalisch unzertrennlich.